Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)

Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition)

Titel: Seelensplitter - Marionette des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Günter
Vom Netzwerk:
gehen!“, grollte er finster.
    Melica hatte noch nie
zuvor das Gefühl gehabt, jemanden unbedingt verletzen zu müssen.
Nun, gut – das war gelogen. Doch zumindest war sie sich sicher,
dass sie noch nie so stark von diesem Gefühl beherrscht worden
war wie in diesem Augenblick. Sie würde versuchen, ohne Gewalt
auszukommen. Gewalt war keine Lösung. Betont ruhig sah sie ihn
an, sah, wie sich seine Augenbrauen zusammengezogen hatten, sah, wie
schmal seine Lippen geworden waren, weil er sie so hart
aufeinanderpresste. Und sie vergaß, was sie hatte sagen wollen.
    „ Mel? Sind das die
Schweine, die dich entführt haben?“, fragte Jim und legte
eine Hand auf ihren Oberarm. Er blickte sie ernst an. „Du
kannst mir davon erzählen, hörst du? Sie werden dir nichts
mehr tun – das verspreche ich dir!“
    Tränen der Rührung
schlichen sich in Melicas Augen. Sie blinzelte sie jedoch hastig
fort, als sie Zanes lautes Lachen hörte. Es klang so kalt und
unmenschlich wie immer. Diesmal sah Melica deutlich, dass Jim
zusammenzuckte.
    „ Du kleiner Wicht
denkst, du könntest mich aufhalten?“, höhnte Zane.
    Es war wahrscheinlich das
erste Mal in Jims Leben, dass er als „klein“ bezeichnet
worden war. Und obwohl Zane ihn um mehr als nur einen Kopf überragte,
baute Jim sich vor ihm auf und erklärte verächtlich:
„Natürlich könnte ich dich aufhalten.“
    Noch bevor Zane antworten
konnte, griff Melica Jim am Ärmel seines Hemdes und zog ihn aus
Zanes Reichweite. „Das könntest du nicht, Jim“,
erklärte sie ihm tonlos. Dann warf sie Zane einen bösen
Blick zu. „Und Sie hören gefälligst auf damit, meinen
Freund zu provozieren! Sie wissen doch, dass Sie stärker sind
als er!“
    „ Mel! Du blamierst
mich hier gerade!“, beschwerte sich Jim lautstark.
    Melica rang sich ein müdes
Lächeln ab. „Nein. Ich rette dir nur das Leben.“
    Jim schien Schwierigkeiten
zu haben, ihr zu glauben. Er entschied sich richtig, senkte den Kopf,
versuchte nicht, zu protestieren. Stattdessen beugte er sich vor und
fragte leise: „Sind die schuld, dass du verschwunden bist?“
Augenscheinlich dachte er, die beiden Dämonen könnten ihn
nicht hören, wenn er flüsterte. Nun… Melica würde
ihm diesen Glauben nicht nehmen.
    „ Nein“,
wisperte sie also genauso leise zurück. „Die beiden sind
sogar hier, um mich zu schützen, also hör bitte auf, die
beiden so anklagend anzustarren. Sie können nichts dafür,
dass die Polizei mich sucht.“
    „ Die Polizei?“
Der Unglaube war Jim deutlich anzuhören. „Warum sollte
dich denn die Polizei suchen? Du hast doch schon ein schlechtes
Gewissen, wenn du Werbegeschenke zugeschoben bekommst!“ Da
hatte er nicht ganz Unrecht. Vor vielen Monaten hätte Melica
niemals geglaubt, dass sie jemals jemandem wehtun wollen würde.
Und jetzt? Jetzt befahl sie sogar irgendwelchen Dämonen, den
Vater ihres besten Freundes niederzuschlagen! Hallo? So ganz normal
war das bestimmt nicht!
    Melica seufzte leise. „Du
hast ja keine Ahnung, wie sehr mich die letzten Monate verändert
haben.“
    „ Nicht nur du hast
dich verändert. Weißt du eigentlich, wie beschissen man
sich fühlt, wenn man weiß, dass die beste Freundin dort
draußen von irgendwelchen Bekloppten verschleppt worden ist?
Weißt du, was für eine Angst man dann hat? Mel! Ich wusste
nicht einmal, ob du noch lebst oder ob dich die Schweine nicht schon
längst kaltgemacht haben! Deine Entführung war auch für
mich und Lina nicht einfach, weißt du das? Und jetzt, vor zwei
Wochen, die Nachricht von deinem Tod. Ich hab noch nie einen so
krassen Schmerz gefühlt, Mel.“
    Scham strömte durch
Melicas Körper. Er hatte ja Recht. Ihr war nie der Gedanke
gekommen, dass ihre Verwandlung auch ihre Freunde in Verzweiflung
stürzen könnte. Sie war so von ihrem Selbstmitleid
abgelenkt gewesen, dass sie ganz vergessen hatte, dass sie nicht das
einzige Wesen auf diesem Planeten war, das vor sich hin leiden
musste. Nein – jeder hatte sein Päckchen zu tragen. Nur
war es bei einigen Unglücklichen bedeutend schwerer als bei
anderen.
    „ Wie gut ist Lina
damit zurechtgekommen?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort gar
nicht hören wollte.
    Überrascht bemerkte
sie, dass sich etwas in Jims Miene veränderte. „Ganz gut
eigentlich“, erklärte er betont unbefangen, aber Melica
kannte ihn zu gut, um darauf hereinzufallen. Mit misstrauisch
gerunzelter Stirn und einer Stimme, die vor Angst ganz schwach war,
fragte sie: „Was ist los?“
    „

Weitere Kostenlose Bücher