Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
verbringen durfte. Durfte…oder sollte man nicht besser von „musste“ sprechen?
„Willkommen in meinem bescheidenen Reich“, hatte Sean spöttisch verkündet, kurz bevor er die dicke Tür zu ihrem zukünftigen Zimmer aufgerissen und sie und ihre Koffer allein gelassen hatte. Wenn das ein bescheidenes Reich war, dann…nun…dann wollte Melica in ihrem nächsten Leben auch so etwas haben. Der Raum war nicht sonderlich groß oder modern eingerichtet, doch er strahlte eine Ruhe und Gemütlichkeit aus, die Melica rein gar nicht mit ihrem Großvater verbinden konnte.
Die Wände waren hell gestrichen, die Möbel schwer und altmodisch. Ein paar Sonnenstrahlen hatten sich durch die riesige Glaswand ins Zimmer verirrt und brachen sich in dem hohen Wandspiegel, der erhaben neben einem Fenster in einer Ecke thronte und jede ihrer Bewegungen beobachtete.
Melica seufzte leise. Wenn sie nicht wüsste, dass dies das Haus ihres Großvaters war, könnte sie sich hier glatt wohlfühlen.
Es klopfte. Leise zunächst, sodass sich Melica für einen kurzen Augenblick nicht ganz sicher war, ob sie es sich nicht vielleicht nur eingebildet hatte. Doch dann ertönte es wieder und ließ sie überrascht eine Augenbraue heben.
„Ja, bitte?“ Melica wusste nicht, wen genau sie erwartet hatte, doch ihren Vater mit Sicherheit nicht. Deshalb konnte sie für einige Sekunden auch gar nichts anderes tun, als ihn verstört anzustarren.
Frank erwiderte ihren Blick mit einer Gleichgültigkeit, die nicht anderes sein konnte als gespielt. Seine Oberlippe zitterte leicht, während er die Tür schloss und sich leicht gegen sie lehnte. „Wir müssen reden, Melica.“
„Ach…müssen wir das?“
„Ja.“ Frank biss sich auf die Unterlippe. „Ich gebe es nicht gerne zu, aber vielleicht ist es wirklich ein Fehler gewesen, hierher zurückzukommen.“
Von all den Dingen, mit denen Melica gerechnet hatte, war dies das unwahrscheinlichste gewesen. Fragen schossen durch ihren Kopf und sie wusste, dass sich die Überraschung deutlich auf ihrem Gesicht abzeichnete. Sie versuchte gar nicht, sie zu verstecken. Stattdessen runzelte sie erstaunt die Stirn. „Das hätte ich euch schon die ganze Zeit sagen können“, erklärte sie mit einer Spur Überheblichkeit. „Aber mich würde es trotzdem interessieren, wie du auf einmal darauf kommst.“
Widerwillig blickte Frank sie an, doch kein Laut des Protestes verließ seine Lippen. Ganz im Gegenteil! Anstelle wütend durch das Zimmer zu stapfen oder sie anzubrüllen wie es ihre Mutter zweifellos getan hätte, schnaubte er nur kaum hörbar. „Was willst du hören, Melica? Dass du von Anfang an Recht hattest? Selbst wenn es so wäre – du kennst mich. Ich würde es niemals zugeben.“ Er lächelte schmal, bevor er wieder ganz ernst wurde. „Wir werden für ein paar Tage hier bleiben, Paula, deine Mutter und ich. Vielleicht fällt es dir so einfacher, dich an dein neues Zuhause zu gewöhnen.“
„Also wollt ihr mich trotzdem hier lassen?“
„Vater hatte schon Recht, als er sagte, du wärst verzogen“, entgegnete Frank und zuckte die Achseln. „Meiner Meinung nach ist er der einzige, der dir wirklich helfen kann. Ich würde dich nicht mit ihm allein lassen, wenn ich nicht wüsste, dass es dir hier gut gehen wird. Auch wenn du in diesem Fall mit Sicherheit ganz anderer Meinung bist.“
Melica nickte knapp. „War’s das?“
Wenn Frank wegen ihres abweisenden Verhaltens enttäuscht war, dann ließ er sich nichts anmerken. Vielleicht verstand er ja sogar, dass eine Unterhaltung mit ihm im Moment nicht gerade das war, was sie sich wünschte.
Frank richtete sich auf und bedachte sie mit einem leichten Schmunzeln.
„Sean hat uns etwas zu Essen gekocht. Es wird zwar nicht schmecken, aber wir sollten trotzdem langsam in Richtung Küche gehen. Denn wenn ich etwas in meiner Jugend gelernt habe, dann, dass man ihn am besten nicht lange warten lässt.“
„Es kann ziemlich unangenehm werden, was?“
„Unangenehm ist noch untertrieben.“ Das leise Lachen, das aus Frank herausbrach, klang ehrlich.
Melica seufzte leise. Vielleicht würde ja doch noch alles gut werden. Irgendwie…
~*~
Leise Kampfgeräusche hallten durch die Tür zu ihm herüber. Das Klirren der Schwerter erfüllte jeden Zentimeter des langen Korridors und versetzte Zane in leichte Aufregung. Er hatte das Kämpfen schon immer geliebt. Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Mit unbewegtem Gesicht öffnete er die
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