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Seelensunde

Seelensunde

Titel: Seelensunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silver Eve
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auch sein Ziehvater angehört hatte. Alastor hatte Höflichkeit und geschliffenes Benehmen quasi mit der Muttermilch eingesogen und hatte sich schon ohne Schwierigkeiten in der feinen Gesellschaft bewegt, als er noch kurze Hosen getragen hatte. Es war wie das Paradies auf Erden gewesen. Bis Sutekh, sein wirklicher Vater, darin eingefallen war und es zunichtegemacht hatte.
    In der Welt, in der Alastor jetzt lebte, waren solche Umgangsformen unbekannt, und so empfand er auch nicht die leisestenSkrupel, Naphré für sich schuften zu lassen. Alastor nahm sich Zeit, sich umzusehen. Viel gab es nicht zu sehen. Jenseits der Straße, die am Friedhof vorbeiführte, lag ein Wäldchen, das einem heimlichen Beobachter eine gute Deckung bot.
    Und es war jemand dort, dessen war Alastor sich sicher. Es war eindeutig ein Sterblicher, der sich dort verbarg und schon da gewesen sein musste, bevor er selbst hier angekommen war. Er hatte Naphré nicht ganz die Wahrheit gesagt, als er sie in dem Glauben gelassen hatte, er hätte sie schon länger beobachtet. Denn er war erst hinzugekommen, als Butcher schon begraben gewesen war und sie bruchstückhaft die Sätze aus dem Totenbuch gesprochen hatte.
    Wer immer es war, der jetzt zuschaute, er saß etwa achthundert Meter entfernt gemütlich in einem Baum und blickte entweder durch einen Feldstecher oder ein Zielfernrohr herüber. Um sein Leben brauchte Alastor nicht zu fürchten, denn eine Kugel konnte ihm nichts anhaben. Sollte Naphré getroffen werden, konnte er ihre Schwarze Seele befragen, wenn er noch etwas von ihr wissen wollte. Dennoch war ihm dieser Gedanke äußerst unsympathisch.
    Er holte einen Toffee aus der Hosentasche, wickelte ihn aus und steckte das Bonbonpapier wieder ein. „Wer weiß noch, dass Sie hier sind?“, fragte er nach unten.
    Naphré schaute zu ihm herauf. „Sie. Und ein Typ namens Mick, der Butcher den Job vermittelt hat.“ Sie dachte einen kurzen Moment nach. „Aber das müssten Sie doch wissen, denn Sie haben ja bestimmt Mick nach mir gefragt.“
    „Tatsächlich habe ich nicht nach Ihnen gefragt, sondern nach Ihrem Kumpan. Mick hat Sie nur beiläufig erwähnt. Er sagte etwas von einer ‚Assistentin‘.“
    „Ist Mick tot?“
    „Als ich ihn verließ, lebte er noch … ein bisschen.“
    „Wäre gut. Ich würde ihn nämlich gern eigenhändig ins Jenseits befördern, wenn wir hier fertig sind.“
    Verständlich. Alastor hatte jedoch so eine Ahnung, dass ihrjemand dabei zuvorkommen würde – derjenige nämlich, der hinter dieser ganzen Sache steckte und Mick vorgeschickt hatte, um den Auftrag zu vermitteln.
    Zwei Minuten später stieß Naphré mit dem Spaten auf einen harten Widerstand. Es klang metallisch und war vermutlich Butchers Gürtelschnalle. Sie legte den Spaten beiseite und wischte den Rest Erde mit den Händen beiseite.
    „Reicht das so, oder soll ich ihn auch noch nach oben schaffen?“
    Naphré hatte die Frage ganz sachlich gestellt, aber Alastor hörte heraus, dass es unter ihrer Gelassenheit brodelte. Anscheinend war sie immer noch wütend. Oder war da noch mehr? Trauer? Es fiel ihm schwer, das zu glauben.
    Er warf einen Blick ins Grab und nickte. „Das reicht.“ Naphré hatte den Oberkörper bis zum Gürtel freigelegt. Alastor sah sich das Ergebnis an. Interessanterweise hatte Naphré Butchers Gesicht bedeckt gelassen. Neben ihr, dem freigeschaufelten Oberkörper und dem Haufen aufgeworfener Erde war es ungemütlich eng für das, was er vorhatte.
    „Sie … haben da was.“ Alastor tippte auf eine Stelle an seiner Wange.
    Unwillkürlich fasste sich Naphré an die Stelle, auf die er gedeutet hatte, bis sie merkte, dass ihre Hände ganz verschmiert waren. Darum versuchte sie, sich an ihrer hochgezogenen Schulter die Wange abzuwischen. Mit dem Erfolg, dass sie den kleinen Schlammspritzer nun großflächig verteilte.
    Alastor verzichtete darauf, sie darauf aufmerksam zu machen. Es brachte nichts. Sie war noch immer wütend auf ihn. Er betrachtete seine teuren italienischen Schuhe, die er erst vor ein paar Wochen gekauft hatte. Der Gedanke, damit in der aufgewühlten Erde unten im Grab herumzuwaten, gefiel ihm nicht. Es blieb ihm aber nichts anderes übrig. „Rücken Sie mal ein Stück“, sagte er zu Naphré.
    Die sah ihn empört an und protestierte: „Sie wollen dochnicht etwa hier herunterkommen?“
    „Ich habe dazu genauso wenig Lust wie Sie. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit.“ Er zeigte auf Butchers leblosen Körper. „Er

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