Seelensunde
Alastor eine Messerspitze an seiner Kehle.
„Nicht schlecht“, meinte er trocken. Er zog sich zurück und sah die Klinge blitzen. Er hatte nicht einmal gemerkt, wie siedie Waffe gezogen hatte. Solche Sorglosigkeit war untypisch für ihn. „Kompliment. Du kannst damit umgehen. Aber töten kannst mich nicht. Seelensammler sterben nicht so leicht.“
„Das weiß ich. Aber ich kann dir sehr wehtun. Und das tue ich auch, wenn du mir noch einmal zu nahe kommst, ohne dass ich es dir erlaubt habe.“
Alastor holte Luft. Er wollte etwas erwidern, ließ den Einwand dann aber doch fallen. Es war nicht seine Art, um etwas zu betteln.
„Wie du meinst, mein Kätzchen. Mein Pech …“ Er machte sich daran, aus der Grube zu klettern. Als er oben war, drehte er sich noch einmal um und rief hinunter: „Und deines natürlich auch.“
6. KAPITEL
A uf der Straße vor „Tesso’s Bar and Grill“ blieb Dagan stehen, hielt Roxy am Arm fest und zog sie an sich. Dann gab er ihr einen schnellen, leidenschaftlichen Kuss. Die Luft hier draußen war kühl, aber ihre Lippen waren warm und einladend.
„Womit hab ich mir das verdient?“ Sie sah ihn verwundert an.
„Nur so. Wie haben eine Menge aufzuholen.“
Er liebte es, sie nur so zu küssen – einfach, weil er Lust dazu hatte. Und weil sie es sich so gern gefallen ließ. Es tat ihm noch immer um die elf Jahre leid, in denen sie sich nicht gesehen, sondern nur immer wieder aneinander gedacht hatten.
Rückwärts zu schauen war zwar nicht seine Art, Fehler zu wiederholen jedoch auch nicht.
Er genoss es, den Duft ihrer Haut wahrzunehmen, und fuhr zärtlich über ihre Hüften. Als seine Hand auf den Griff ihres Messers stieß, das ihr am Rücken im Gürtel steckte, hielt er lächelnd inne. „Ach, Roxy. Du bist so sexy mit deinen Dolchen.“
„Das hast du schon mal gesagt. Aber ich werde sie heute Abend hoffentlich nicht brauchen. Oder erwartest du, dass heute Nacht noch etwas Aufregendes passiert, Reaper Boy?“
„Hängt davon ab, was du damit meinst. Wenn du es aufregend findest, mit mir im Bett zu liegen und darüber zu streiten, wer oben liegt, dann …“
Sie griff mit der Hand unter sein T-Shirt und fuhr mit den Fingernägeln über seine Brust und den Bauch hinunter bis zum Hosenbund. „Wenn das so ist, dann will ich doch sehen, dass ich das hier so schnell wie möglich hinter mich bringe.“
Oh ja, nichts dagegen. Je schneller, desto besser. Nur dass sie „ich“ sagte statt „wir“, störte ihn. Denn ohne ihn ging sie nirgendwohin. Schon gar nicht in diesen Laden. Auf dem Weg hierher hatte er sie absichtlich ein paar Schritte vorangehen lassen. Er konnte einfach nicht genug davon bekommen, ihren wunderbar wiegenden Gang zu betrachten. Es machte ihn scharfwie eine Rasierklinge.
„Aber erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, meinte sie und schob ihn sanft von sich.
Als sie vor der Bar angekommen waren, drehte sie sich zu ihm um und blitzte ihn mit ihren unvergleichlichen braun-grünen Augen an. „So, du bleibst jetzt brav hier und wartest, bis ich wiederkomme. So hatten wir das abgemacht.“
„Abgemacht? Ganz so war es nicht. Du hast gesagt, du gehst allein. Ich habe mich noch gar nicht geäußert.“
Angriffslustig standen sie sich gegenüber. Dass sie sich fast täglich über alle möglichen Dinge in den Haaren lagen, tat ihrer Liebe keinen Abbruch. Zu Hause und erst recht im Bett war das alles kein Problem. Ging es aber um andere Dinge, um Lokans Ermordung zum Beispiel und darum, ihn ins Leben zurückzuholen, wozu nicht mehr viel Zeit blieb, wurde es schon schwieriger. Roxy bedauerte Lokans gewaltsamen Tod, und Dagan wusste, dass ihre Betroffenheit echt war. Dennoch konnte sie nicht ganz aus ihrer Haut. Sie war eine Isistochter und lange Zeit bei der Isisgarde gewesen, deshalb hatte sie bei dem Gedanken an die Rückkehr eines Sutekh-Sohns doch gemischte Gefühle.
Außerdem fürchtete sie, dass von dem Augenblick an, da Lokan mit dem Finger auf seine Mörder zeigen konnte, ein Inferno losbrechen würde, ein Rachefeldzug in der Unterwelt, eine wahre Götterdämmerung, die auch die Sterblichen nicht verschonen würde. Als Mitglied – oder auch ehemaliges Mitglied – der Isisgarde hatte sie ja doch ein sehr viel engeres Verhältnis zu den Menschen als die meisten Unterweltler, speziell die Reaper.
Sie sahen zu den beiden stämmigen Türstehern hinüber, die am Eingang der Bar die Gäste auswählten, die hereingelassen wurden.
„Ich dürfte bei denen
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