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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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für ihn fallen ließ, sprach Bände. Als Declan mit dem Vorschlag an ihn herangetreten war, die Sklavenhändler zu jagen, hatte Richard keinen Augenblick darüber nachgedacht, was aus Kaldar werden sollte, falls er scheiterte. Da er erlebt hatte, wie Familien auseinandergerissen wurden, hatte er gelernt, sich besonders um jene zu kümmern, die ihm am nächsten standen. Sein Bruder hatte eine Frau, die ihn liebte, und die Unterstützung aller, die von ihrer Familie noch da waren. Trotzdem würde Kaldar es schlecht verkraften, wenn seinem einzigen Bruder etwas zustieß. Also konnte er Kaldar wenigstens die Befriedigung verschaffen, alles unternommen zu haben, um ihn vor sich selbst zu schützen.
    »Wir schauen es uns gemeinsam an.«
    Kaldar verzog das Gesicht, drehte sich auf dem Absatz um und kam zu ihm. Seite an Seite gingen sie zum Haus zurück. Richard hatte die Möglichkeit, dass Charlotte ihn – vom Glanz der Adelsgesellschaft angelockt – verlassen mochte, durchaus erwogen. Ihre Aufnahme durch die Ersten Zehn machte das noch wahrscheinlicher.
    Der Würfel in Richards Hand fühlte sich kalt an. Er betrat das Haus und ging zum Bildgeber. Das Gerät stand links von den Sofas, ein großer, runder Tisch, etwa einen halben Meter im Durchmesser, dessen einziger Fuß mit Metallarbeiten verziert war. Auf dem Tisch stand eine braun-goldene Schale aus poliertem Metall. Als Richard sie berührte, teilte sie sich in der Mitte, die beiden Hälften der Schale glitten an dem Tisch entlang abwärts und offenbarten eine zerbrechlich wirkende, seltsam gemusterte Oberfläche. Sie glänzte hellblau und tauchte die Muster in ihr mattes Licht. In der Mitte standen drei Stifte heraus, die an eine mit gemeinen Krallen bewehrte Vogelklaue erinnerten.
    Richard betrachtete den Würfel. Etwas sagte ihm, dass er eigentlich gar nicht wissen wollte, was darauf gespeichert war. Der Spiegel war die Elster des Königreichs: Sie sammelte Informationen, manche wertvoll, manche nutzlos, und trug alles in ihre Archive, wie ein dummer Vogel, der Weihnachtskugeln, die ihm ins Auge fielen, in sein Nest schleppte. Unmöglich zu sagen, was er zu sehen bekam.
    Die Klaue wartete.
    Er wollte es wissen. Richard legte den Würfel in die Klaue. Die Krallen schlossen sich darum. Im Innern des Würfels leuchtete ein mattes blaues Licht auf, über dem sich im nächsten Moment ein Bild von Charlotte aufbaute. Sie saß in großer Höhe auf einem Balkon und wirkte jünger und irgendwie weicher. Ihr Haar trug sie wie eine Krone um den Kopf gelegt, ihr blassgrünes Kleid fiel bis auf den Boden. Sie sah wie eine echte Prinzessin aus.
    Neben ihr stand ein Mann. Schlank, hellbraunes Haar. Er trug eine leichte Jacke, die wie angegossen saß, dazu passende Hosen und weiche Stiefel. Seine Kleidung kündete von Geld und einem guten Schneider.
    »Du siehst gut aus, Elvei«, sagte Charlotte.
    »Danke. Und du siehst wie immer göttlich aus.«
    Elvei. Ihr Exmann. Richard musterte dessen Gesicht, maß ihn wie ein Kämpfer den andern. Richard war sich ziemlich sicher, dass er mit ihm fertigwerden würde, es sei denn, der Mann war ein unglaublich begabter Blitzwerfer. Er fand keine Ähnlichkeit zwischen sich und Elvei. Sie hatten nichts gemein. Womöglich war das Teil der Anziehung. Ein selbstsüchtiger Teil von ihm meinte, dass es nicht darauf ankam, warum sie ihn mochte, trotzdem wollte er, dass sie mit ihm zusammen war, weil es ihr um ihn selbst ging und nicht um den Vergleich mit dem Mann, den sie vor ihm erwählt hatte.
    Elvei saß in einem Sessel neben der Bank. »Ich hoffe, du verzeihst mir meine Neugier.«
    »Ich kann dir nicht verzeihen, bevor du mich gefragt hast.«
    »Dann frage ich dich rundheraus. Warum ist es erforderlich, dass Lady Augustine al Ran in unsere Verbindung einwilligt?«
    Charlotte lehnte sich zurück. »Ich habe dir doch erzählt, wie ich auf dieses College gekommen bin. Als ich meiner Familie weggenommen wurde, war ich noch sehr jung. Aber mit den Jahren habe ich Lady Augustine allmählich als meine Mentorin betrachtet. Ihre Meinung ist mir überaus wichtig. Warum bereitet dir das Kummer?«
    Elvei lächelte. »Offenbar ist heute mein Tag der Wahrheit. Nichts gegen deine Ergebenheit gegenüber deiner Mentorin, aber Lady al Rans Nachforschungen, meine Person betreffend, waren außerordentlich … umfangreich. Sie hat die Dossiers der ersten sieben Generationen meiner Vorfahren verlangt.«
    »Hast du etwas zu verbergen?«, fragte Charlotte.
    »Natürlich

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