Seelentraeume
Frau, und als er sie angesehen hatte, wie sie ungeachtet ihrer mächtigen, brodelnden Magie allein und verletzlich am Schiffsbug stand, während die anderen sich ängstlich an die Wanten klammerten, hatte er ihre Einsamkeit gespürt. Er wollte sie schützen, und er hatte es getan.
Zwei Männer und eine Frau schossen aus einer Seitenstraße. Ordentlich bewaffnet und ähnlich gekleidet – Miliz der Stadt oder Sklavenhändler des Marktes. Die drei gingen auf ihn los.
Er richtete einen Teil seiner Aufmerksamkeit auf sein Schwert und spürte seine Magie die Klinge entlangfahren. Im Edge kostete es ihn einige Mühe und Zeit, mit dem Schwert zu verschmelzen, hier im Weird jedoch, wo die Magie in voller Blüte stand, benötigte er dafür nur einen Sekundenbruchteil. Strahlend weiß, gespeist vom Adrenalin in seinen Adern, hüllte sein Blitz die Klinge ein.
Der erste Mann stieß mit einem kurzen, zweckmäßigen Schwert nach ihm. Richard wich ihm aus und zielte auf die Achselhöhle des Angreifers. Das Schwert fuhr ins Fleisch und durchtrennte Knochen und Knorpel wie warme Butter. Richard spürte nicht den geringsten Widerstand, als das Herz barst, und riss die Klinge gerade noch rechtzeitig zurück, um dem anderen Mann den Schwertgriff ins Gesicht zu rammen. Der zweite Angreifer taumelte zurück. Sofort übernahm die Frau und holte mit ihrem schweren Knüppel zu einem verheerenden Seitenhieb nach Richards Schulter aus, um dessen Schwerthand zu lähmen.
Richard beugte sich zurück, ließ den Knüppel vorübersausen und führte seine Klinge dann über den Hals der Frau. Ein flacher Schnitt, mehr war nicht nötig. Die Frau spuckte Blut und fiel.
Richard packte den verbliebenen Mann, schleuderte ihn gegen die Mauer und hielt dem Strolch anschließend die Klinge an den Hals. In seinem Blick las Richard pures, animalisches Entsetzen.
»Der Buchhalter?«
»Das Haus auf dem Hügel«, antwortete der Strolch mit zitternder Stimme. »Das mit den Säulen. Weißen Säulen.«
Richard ließ ihn los. Der Mann nahm die Beine in die Hand und rannte davon.
Charlotte war nichts passiert. Tiefe Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
»Kommen Sie, wir müssen uns beeilen«, beschied er ihr.
Sie schloss zu ihm auf, und gemeinsam nahmen sie die auf den niedrigen Hügel zuführende Straße.
»Wieso mache ich das? Wieso bleibe ich jedes Mal wie angefroren stehen, statt Ihnen zu helfen?«
»Ihnen fehlt der Killerinstinkt. Schon vergessen?«, gab er zurück. »Sie reagieren ganz natürlich. In Gefahr kämpfen, fliehen oder erstarren wir.«
»Sie erstarren aber nicht.«
»Ich bin zu sehr damit beschäftigt, Sie zu beeindrucken«, sagte er. »Und, gelingt es mir?«
Sie warf ihm einen undurchdringlichen Blick zu. Das war jetzt vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt für solchen Leichtsinn.
Die Straße endete vor einer zweieinhalb Meter hohen Mauer. Kleine Steine von hellerer Farbe als die grauen Mauersteine schützten die Krone im Abstand von jeweils sechs Metern.
»Wehrsteine«, sagte Charlotte.
Die Mauer zu erklimmen kam also nicht infrage. Wehrsteine waren undurchdringlich.
»Plan B.« Richard wandte sich ab, und gemeinsam schritten sie die Mauer ab. Irgendwo musste es ein Tor oder eine Öffnung geben.
Plötzlich durchbrachen rechts vor ihnen Schreie die Stille. Orangerotes Leuchten, über dem eine Rauchsäule stand, erhellte die Nacht. Offenbar hatten Jasons Leute irgendetwas in Brand gesetzt.
Die Seitenstraße beschrieb eine Kurve. Sie folgten ihr um die Häuser und näherten sich dem Feuer sowie einer weiteren Mauer, neben der ein abgerissenes Eisentor lag. Vor ihnen befand sich ein großer Innenhof. Rechts tobte neben einem klotzigen Bau ein Kampf zwischen Sklavenhändlern und einem mit Ketten und Steinen bewaffneten zerlumpten Haufen. Die Sklaven schlugen mit vor Wut verzerrten Gesichtern zu. Dort, wo ihre Haut durch die löchrigen Lumpen schaute, zeigten sich Peitschenmale. Da sie keine Waffen hatten, stürzten sie sich wie wilde Tiere mit Zähnen und Klauen auf die Sklavenhändler.
Die aufgebrachten Sklaven waren Ausschuss, der zu Arbeiten auf der Insel herangezogen wurde und kaum mehr galt als Nutztiere. In ihrer grenzenlosen Wut würden sie jeden töten, der sich ihnen in den Weg stellte.
Vor Richard und Charlotte erhob sich eine Plattform mit sieben, nach oben hin ausfächernden Eisenträgern. Daran wurden die Sklaven angekettet und feilgeboten. Rechts stand ein Tor offen. Neun bewaffnete Sklavenhändler in
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