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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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beziehungsweise
aufgeschnitten hat … Das alles spricht dafür, dass auf der Jacht bis vor Kurzem
jemand gefangen gehalten wurde. Als man ihn fand – oder soll ich sagen:
befreite? – schnitt man ihm natürlich zuerst die Fesseln durch.«
    »Und um Spuren zu verwischen, hat man den Kahn
angezündet?«, fragte Jo zweifelnd. »Das ergibt doch gar keinen Sinn. Warum
sollte man jemanden befreien und anschließend die Spuren der Entführer
vernichten? Weshalb wurde er überhaupt festgehalten und von wem?«
    Der Schiffsführer nickte heftig. »Genau. Und was ihr
euch auch fragen solltet: Wieso lief diese Befreiung eigentlich an euch
vorbei?«
    »Herrgott, fragt mich was Leichteres. Trotzdem sieht
mir das Ganze verdammt nach einem Durchbruch aus.«
    »Ihr Wort in Gottes Ohr, Chef. Dann hätten wir
wenigstens einen der beiden Fälle vom Tisch.«
    Scheinbar überrascht hob Wolf den Kopf. »Wie kommst du
darauf, dass wir es mit zwei Fällen zu tun haben?«
    ***
    »Selbst
wenn ich den Learjet nehme: Ich kann frühestens morgen früh vor Ort sein,
schneller geht’s nicht. Bis dahin müsst ihr ohne mich auskommen. Sollte sich
die Lage weiter zuspitzen, ruft mich an, ich bin Tag und Nacht erreichbar.
Ende.«
    Alex Rottmann knallte den Hörer zurück auf die Gabel
und goss sich etwas Tee nach, bevor er seine Sekretärin rief. Als sie eintrat,
stand er am Fenster und sah auf die Werksanlagen hinab.
    »Lindchen, ich werde dringend in La Coruña gebraucht.
Lass alles stehen und liegen und ruf ›NetJets‹ an. Ich will wissen, welche
Maschine sie uns zur Verfügung stellen können. Start am Airport
Friedrichshafen, Landung in La Coruña morgen früh gegen sechs Uhr. Falls es
Rückfragen gibt: Ich bin für eine Viertelstunde oder so in Dr. Strattons
Labor.«
    Während Heidelinde Damerow wortlos nickte und wieder
im Vorzimmer verschwand, griff Alex nach seinem Pager und machte sich auf den
Weg.
    Um
Stratton vom regulären Forschungsbetrieb etwas abzuschirmen, war sein Labor in
einem etwas abseitsliegenden Gebäudeteil untergebracht worden. Dort arbeiteten
ihm zwei Assistentinnen zu.
    Alex passierte den Sicherheitscheck vor dem
Laboreingang. Als die Tür aufsprang, betrat er den strahlend hell erleuchteten
Versuchsraum. Stratton hantierte im Hintergrund an einer Zentrifuge und wandte
sich gleich darauf wieder seinem Arbeitstisch zu, um am Bildschirm die
Prüfergebnisse zu kontrollieren und mit einer Liste zu vergleichen.
    »Wie läuft’s, Dr. Stratton?«
    Stratton zuckte zusammen, bevor er sich umwandte.
»Ach, Sie sind’s! Sie haben aber auch eine Art, einen zu erschrecken!« Er
lächelte etwas gequält.
    »Wie sieht’s aus, sind die Ergebnisse inzwischen
positiv?«
    »Leider nein! Die Nebenwirkungen haben sich eher noch
verstärkt. Ich hab Sie gewarnt, Herr Rottmann. So geht das nicht …«
    »Ach was! Zeigen Sie mal her!« Alex nahm Stratton die
Liste aus der Hand. »Ich werde das mitnehmen. Wo ist die Mappe mit den
Unterlagen über die Versuchsreihen?«
    »Unter Verschluss!«
    »Wie, unter Verschluss … was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, dass ich die Unterlagen nicht aus
der Hand gebe. Schauen Sie in meinen Arbeitsvertrag. Dort steht, dass ich Ihnen
regelmäßig Bericht erstatte und dass wir über eine angemessene Nutzung meiner
Arbeiten verhandeln, wenn die Versuchsreihen abgeschlossen sind. Bis dahin
verbleiben alle Auswertungen bei mir. Mit Ihrem Einsatz Sonntagnacht sind Sie
bereits viel zu weit vorgeprescht.«
    »Aber bei den Nebenwirkungen muss Ihnen ein Fehler
unterlaufen sein, Stratton!«
    Der Wortwechsel wurde lauter, schon hoben die beiden
Assistentinnen die Köpfe.
    »Mir ist ganz sicher kein Fehler unterlaufen! Eine
Marktreife scheint mir im Augenblick ferner denn je. Tut mir leid!«
    Alex brauste auf: »Verdammte Scheiße! Muss man denn
alles selber machen …«
    Diesen Vorwurf wollte Stratton nicht auf sich sitzen
lassen, offenbar war er sich seines Stellenwertes voll bewusst. In der Tat
zählte der Molekularbiologe zu den wenigen Forschern, die sich durch ihre
Arbeit mit Schweröl und dessen Derivaten weltweit einen Namen gemacht hatten.
Erst vor knapp einem halben Jahr hatte ihn der alte Rottmann aus
Berkeley/Kalifornien an den Bodensee geholt und ihm die zentrale Leitung der FE .23-Forschung
übertragen. Seitdem verging kein Tag, an dem sich Alex und Stratton nicht kabbelten.
    So war es nicht weiter verwunderlich, dass Stratton
aufsprang, seinen weißen Arbeitsmantel auszog und ihn demonstrativ

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