Seeteufel
Ooch ⦠das ist nur etwas von meinem Pflaumenmus. Das essen Sie doch so gerne.«
Nun war Wolf nahe daran zu explodieren. »Hab ich das jemals behauptet? Es ist ja nett, dass Sie sich um mein leibliches Wohl sorgen, aber das geht entschieden zu weit. Sie können sich das Einmachen zukünftig sparen â zumindest was mich betrifft. Ich esse kein Pflaumenmus.«
Frau Ãchsle sah zu Boden. »Ich mach es ja gar nicht selbst ein«, gestand sie verschämt.
Nun war Wolf erst recht perplex. Hatte sie nicht genau das die ganze Zeit über behauptet? »Wo haben Sie es denn dann her?«
»Von meiner Schwester«, flüsterte sie nach kurzer Pause.
»Und wieso essen Sie es nicht selbst?«
Da hob Frau Ãchsle den Kopf und sah Wolf leidend an. »Das will ich Ihnen sagen: Ich kann das Zeug nicht ausstehen!«
11
Der nächste Tag war gerade mal zwei Stunden alt, da musste Wolf bereits die ersten Nackenschläge hinnehmen. Begonnen hatte der Ãrger bei ihm zu Hause. Als er aufstand, war Fiona verschwunden, offensichtlich durch das halb offen stehende Küchenfenster in die Freiheit entschlüpft. Verhalten fluchend suchte er die nähere Umgebung ab. Als er die Suche bereits aufgeben wollte, strich sie ihm plötzlich schnurrend um die Beine.
»Das machst du nicht noch einmal, sonst sind wir geschiedene Leute«, schimpfte er und trug sie nach oben. Kurze Zeit später der nächste Ãrger: Er hatte vergessen, seine Hemden in der Wäscherei abzuholen. Da half kein Grollen â musste er eben das von gestern noch einmal anziehen. Sollten die Kollegen doch die Nase rümpfen.
Im Büro angekommen, hatte er zuerst mit der Wapo gesprochen. Bislang hatten sie die Haftladung unangetastet gelassen, nachdem der auf Loskes Rechner gefundene Schaltplan sich als nicht eindeutig genug erwiesen hatte. Sobald es etwas Neues gäbe, wolle man ihn verständigen. Daraufhin hatte er sich telefonisch mit dem Schifffahrtsamt Konstanz in Verbindung gesetzt und eine sehr nette, wenn auch völlig ahnungslose Mitarbeiterin am Apparat gehabt. Ob er nicht wisse, dass heute Samstag sei, fragte sie schnippisch. Wenigstens hatte sie sich sein Anliegen angehört und treuherzig baldigen Rückruf versprochen.
Um zwanzig nach acht besprach er sich mit den Kollegen von der Soko. Sie sollten möglichst zügig und mit der gebotenen Diskretion alle Sipplinger Vermieter aufsuchen und sie nach Loske und Neidling aushorchen. Die Liste der Hotels und Pensionen hatte Vögelein besorgt. Er war es auch, der den Trupp leiten und zu Wolf Kontakt halten sollte.
Bis neun Uhr lag weder aus Konstanz noch aus Sipplingen eine Rückmeldung vor. Als dann noch Jo aufkreuzte und ihm ohne Erklärung einen Packen Morgenzeitungen auf den Schreibtisch knallte, fuhr Wolf zum ersten Mal an diesem Morgen aus der Haut.
»Was soll ich damit?«, fuhr er sie unwirsch an und schmiss den Stapel auf den Boden.
»Lesen, Chef. Ich hab die wichtigen Stellen für Sie gelb markiert. Es geht um Heavenâs Gate . Sieht so aus, als hätten die eine PR - Kampagne gestartet.«
»Na und? Heavenâs Gate war gestern. Schon morgen wird sich kein Mensch mehr für diesen Schmonzes interessieren.«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Sie sollten sich das wirklich anschauen, Chef. Hier: Allein elf Leserzuschriften im âºSeekurierâ¹, sieben in der âºSchwäbischen Zeitungâ¹, und das scheint erst der Anfang zu sein. Selbst die âºSüddeutscheâ¹ ist sich nicht zu schade, über angebliche Repressionen an einer konservativ-christlichen Glaubensgemeinschaft zu berichten, deren Führer bei seinen Anhängern höchste Verehrung genieÃt. Der Gipfel aber sind zwei bezahlte Anzeigen im âºSeekurierâ¹, in denen gar von polizeilicher Willkür die Rede ist. Ein bisschen habe ich den Eindruck, man will aus Gabriello einen Heiligen machen.
»Das lässt mich kalt, wir haben im Augenblick Wichtigeres zu tun«, winkte Wolf ab. »Was ist zum Beispiel mit dem Mord in der AutowaschstraÃe? Sind die Spuren schon ausgewertet?«
»Die KTU läuft noch. Was den Tatverdächtigen angeht, da haben sich die Kollegen allerdings zu einer klaren Aussage bequemt.«
»Loske oder Neidling?«
»Weder â noch. Es war Mirko, Mirko Plavic, der Security Supervisor von Heavenâs Gate . Er hat mehrere Fingerabdrücke auf der Fahrertür
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