Seeteufel
hinter ihr ins Schloss gefallen, lieà der Audifahrer seine freundliche Maske fallen: »Wo hast du gesteckt, verdammt noch mal? Hättest wenigstens anrufen können«, fuhr er seinen Kompagnon an.
Der hatte es sich währenddessen in einem der herumstehenden Lederfauteuils bequem gemacht und die muskulösen Arme hinter dem Kopf verschränkt. »Beruhige dich, es ist alles in Ordnung!«, erwiderte er und lächelte nachsichtig.
»Beruhigen? Ich soll mich beruhigen, nach allem, was passiert ist?« Nervös strich der Igelmann über seine Stoppelhaare. In kurzen Trippelschritten umrundete er den Tisch, die Arme vor dem stattlichen Bauch verschränkt und mit den Augen sein Gegenüber fixierend.
»Du weiÃt genau, dass wir keine Alternative hatten«, kam es scharf zurück.
Der Igelmann warf den Kopf in den Nacken. »Ach, so siehst du das. Warum gibst du nicht endlich zu, dass uns die Sache langsam, aber sicher aus den Händen gleitet? Drei Tote, das war nicht ausgemacht. Das sind genau drei zu viel!«
»Sollen wir einfach zusehen, wie uns diese Kerle die Butter vom Brot nehmen?«, fuhr der Rothaarige hoch. »Ich lass mich nicht erpressen, und von Pennern schon gar nicht. Wer konnte auch ahnen, dass die Alte so blöd ist und denen ihre Kohle vermacht!« Mit einem tiefen Atemzug versuchte er, sich zu entspannen. »Komm, lass uns vernünftig miteinander reden«, forderte er den Igelmann auf, »wir dürfen uns jetzt nicht kirre machen lassen.«
Der Igelmann schien sich langsam zu beruhigen. »Was wollten die Bullen von dir?«, fragte er ausdruckslos und lieà seinen fülligen Körper in einen der Sessel sinken.
Ãberrascht hob der Rothaarige den Kopf. »Du warst am Gondelhafen? Ja, spinnst du jetzt vollends, Mann? Was ist, wenn man uns zusammen gesehen hat? Wir hatten doch ausgemacht, bei solchen Gelegenheiten nie gemeinsam aufzutreten! Misstraust du mir, oder was ist los?«
»So darfst du das nicht sehen«, beschwichtigte ihn der Stoppelhaarige. »Ich ⦠ich wollte einfach einen authentischen Eindruck bekommen, wollte sehen, wie sie Otto aus dem Wasser ziehen, wer alles da ist und ob es Komplikationen gibt. Selbstverständlich hab ich mich diskret im Hintergrund gehalten. Also noch mal, was wollten die Bullen von dir?«
Noch immer misstrauisch kaute der Rothaarige auf seiner Unterlippe, ehe er sich schlieÃlich zu einer Antwort durchrang. »Was schon? Sie haben mich gefragt, ob ich den Ertrunkenen kenne. Das war alles. Haben mich wohl für einen von Ottos Kumpels gehalten. Na ja, meine Verkleidung war aber auch zu gut.« Ein selbstgefälliges Grinsen schlich über sein Gesicht.
»Und, was hast du erfahren?«
»Dass die Bullen keine unnatürliche Todesursache vermuten, zumindest nicht in diesem Augenblick. Das war es, was ich herausfinden wollte. Der Oberbulle hat mir bereitwillig Auskunft gegeben. Klar, in seinen Augen war ich ja ein Leidensgenosse von Otto.« Mit nachdenklicher Miene fuhr er fort: »Inzwischen scheint mir übrigens, als seien nicht mehr die Penner unser Problem, sondern diese Zeitungstante.«
»Hab die Schnüfflerin gesehen«, brummte der Igelmann und machte ein finsteres Gesicht. »Du weiÃt schon, dass sie dir gefolgt ist?«
»Klar. Hab ihr jedoch einen gehörigen Denkzettel verpasst, vielleicht lässt sie künftig die Finger von diesem Fall.«
»Und wenn nicht? Wird sie die Nächste sein �« Panik machte sich in der Stimme des Igelmannes breit.
»So weit wird es nicht kommen. Glaub mir, ich hab die Sache voll im Griff, kein Grund, sich aufzuregen.« Nach einem längeren Blick auf den Igelmann fügte er hinzu: »Komm, lass uns das alles vergessen, das ist Schnee von gestern. Lass uns endlich zum gemütlichen Teil übergehen.«
*Â *Â *
Während der »Seekurier« den technischen Betrieb bereits vor einigen Jahren in das Industriegebiet Oberried ausgelagert hatte, residierten Redaktion, Anzeigenabteilung und Verwaltung noch immer im Obergeschoss der altehrwürdigenGreth, dem ehemaligen Kornhaus direkt an der Schiffsanlegestelle â für eine Tageszeitung mit Ausstrahlung weit über die Region hinaus der ideale Standort, musste Wolf zugeben, als er knapp zehn Minuten später seinen Wagen nicht ganz vorschriftsmäÃig auf der angrenzenden Hofstatt abstellte. Um diese späte Stunde
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