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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Hause?«
    »Nach Hause? Du meinst nach Schottland?«, sagte Macdonald.
    »Ja.«
    »Nicht sehr oft. Und unser Hof und unsere Stadt liegen ja nicht am Meer.«
    »Nein, das hast du mal erzählt.«
    »Dallas liegt in seiner eigenen kleinen Welt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Du wirst es ja sehen, wenn du kommst.«
    »Warum sollte ich dorthin kommen?«
    Eine halbe Sekunde, nachdem er es ausgesprochen hatte, wusste Winter, dass er dorthin kommen würde. Bald. Es war ein intuitives Gefühl, das er nicht haben wollte.
    Er spürte eine Kälte. Irgendwas war im Anzug, er konnte es noch nicht sehen. Er wollte plötzlich nach Süden, weit nach Süden.
    Aneta Djanali fröstelte im Windzug vom halb geöffneten Fenster. Die Kühle brachte Klarheit in ihre Gedanken. Über den Feldern glühte schwach die Sonne. Noch war alles grün, höchstens noch eine Woche lang. Dann würde es gelb werden wie alles, was zu lange in der Sonne gewesen war.
    Hier war sie auf dem Land, es gab Kühe. Sie begegnete einem Traktor, der mitten auf der Straße fuhr. Der Fahrer trug eine Kappe und wirkte zurückgeblieben. Er kaute auf Heu. Er hätte gar nicht bemerkt, wenn er ihr Auto zermalmt hätte.
    Sie kam an einem Bauernhof vorbei, wo Schweine in der Erde neben der Landstraße wühlten. Es roch nach Schweinemist, aber sie ließ das Fenster offen. Dies war die Erde und das Land, von dem alle stammten, ja, sie wohl nicht, aber all die anderen Bauerntölpel in diesem kalten Land. Gefriergetrocknet, wie Halders einmal gesagt hatte. Wir sind gefriergetrocknet, trocken wie nur was sind wir, und wenn wir erwärmt werden und Flüssigkeit in uns kriegen, dann schwellen wir um das Zehnfache an. Sie war nicht sicher, ob sie das verstand, aber es klang ganz gut wie so vieles, was Fredrik sagte. Verrückt, aber ziemlich gut. Jedenfalls witzig. Nur die Zulukaffer-Witze nicht, aber die unterließ er jetzt.
    Sie hielt an einer Ausweichstelle und studierte ihre Notizen. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie Sigge Lindsten gefragt, wo die Hütte lag. Plötzlich kam ihr ein Auto mit wahnsinniger Geschwindigkeit entgegen. Schotter spritzte ihr durchs Fenster ins Gesicht. Sie spürte einen Stich in der Stirn und schaute dem Fliehenden im Rückspiegel nach, sah jedoch nur noch eine Staubwolke. Auf ihrer Stirn war ein Tropfen Rot. Sie wischte ihn mit dem linken Zeigefinger weg und leckte das Blut ab, es schmeckte nach Eisen.
    Sie wusste, dass die Leute auf dem Land wie fliehende Idioten fuhren. Es war ihr Land, aber sie flohen darin hierhin und dahin wie Gesetzlose. Wanted. Wanted dead or alive.
    Sie war zu weit gefahren und fand erst nach einigen weiteren hundert Metern eine Stelle, wo sie umdrehen konnte.
    Sie fuhr zurück. Über dem Weg hing immer noch Staub in der Luft. Sie kam an dem Schild der Ausweichstelle vorbei. Es war alt und fast farblos.
    Dann fand sie endlich die Einfahrt zum Haus. In der Mitte des jämmerlichen Pfades wuchs Gras. Sie konnte unter einem Felsen parken, der aus einem Abhang herausragte, stieg aus und roch das Meer, aber sehen konnte sie es nicht. Seevögel schrien auf der anderen Seite des Hügels, der mit Kiefern bewachsen war. Sie begann zwischen den Bäumen aufwärts zu klettern. Die Erde war warm.

21
    Sie spürte den Wind, als sie auf dem höchsten Punkt der Erhebung stand, und sie sah das Meer. Es war groß und bewegte sich auf sie zu. Sie wusste, dass es in Richtung Ufer rollte, aber von hier aus schien es wie eine Felsformation erstarrt zu sein, die sich weit ausstreckte, bis sie ein Berg wurde. Das Meer war nicht blau, nicht grün, nichts dazwischen.
    Aneta Djanali ging näher. Unterhalb des Abhangs auf der anderen Seite wuchsen Kiefern genau wie auf der östlichen Seite. Zwischen den Kiefern sah sie ein Haus. Davor stand ein Auto. Das Auto kannte sie.
    Das Auto war wie eine Silhouette in diesem Bild.
    Auf der anderen Seite des Autos stand eine Frau, dem Meer zugewandt. Aneta Djanali erkannte auch sie.
    Die Frau drehte sich um, als Aneta Djanali vorsichtig zwischen den Bäumen abstieg, wandte das Gesicht jedoch wieder dem Meer zu, als ob es ganz natürlich wäre, dass an einem blank geschliffenen Nachmittag eine Kriminalinspektorin den Abhang heruntergerutscht kam.
    Die Frau kehrte Aneta weiter den Rücken zu, bis sie nicht anders konnte, als sich umzudrehen.
    »Ich bin nicht erstaunt«, sagte Susanne Marke.
    »Ist Anette da?«, fragte Aneta Djanali.
    »Ist es hier nicht friedlich?«, entgegnete Susanne Marke und schaute wieder über das

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