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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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rüberfahren?«
    Noch eine Generation Osvald macht sich auf den Weg, um nach der vorhergehenden zu suchen, dachte Winter. Drei Generationen unterwegs im schottischen Hochland.
    »Was würdest du tun?«, fragte sie.
    Ich würde fahren, dachte er.
    »Warte noch ein paar Tage ab«, sagte er. »Die Suchmeldung ist draußen. Und ich hab mit meinem Kollegen gesprochen.«
    »Was kann er machen?«
    »Er kennt Leute.«
    »Glaubst du nicht, dass etwas Ernstes passiert ist?«, fragte sie. »Ein Verbrechen?«
    »Er könnte krank geworden sein«, sagte Winter.
    »Dann hätte er sich gemeldet«, sagte sie. »Oder jemand anders hätte uns benachrichtigt.«
    »Wir können Ihnen helfen«, sagte Aneta Djanali.
    »Wir brauchen keine Hilfe«, sagte Signe Lindsten.
    Das war eine Antwort, die Aneta Djanali erwartet hatte, die sie aber trotzdem nicht verstand.
    »Wir wollen in Ruhe gelassen werden, wir ALLE«, sagte Signe Lindsten.
    »Ist Anette zu Hause?«
    Signe Lindsten sah aus dem Fenster, als ob ihre Tochter irgendwo dort draußen sei, irgendwo auf dem starren Meer. Oder darin, dachte Aneta Djanali.
    Der Himmel überm Wasser war dunkler geworden, und alles hatte dieselbe Farbe angenommen. Aneta sah den Anleger. Sie sah das Boot. Es gab einen schmalen Streifen Rasen, der die dreißig Meter zum Wasser hinunter in Sand überging.
    »Ist Anette zu Hause in Göteborg?«, fragte Aneta Djanali.
    Die Mutter schaute weiter zum Strand und Meer hinaus, und Aneta Djanali tat das Gleiche.
    »Ist das Ihr Boot?«, fragte sie.
    Signe Lindsten zuckte zusammen.
    Sie sah Aneta Djanali an.
    »Anette ist zu Hause.«
    »In Göteborg? In dem Haus in Fredriksdal?«
    Die Mutter nickte.
    »Sie hat nicht geöffnet, als wir dort waren.« »Ist das verboten?«
    Technisch gesehen ist es das, dachte Aneta Djanali.
    »Fürchtet sie sich sehr vor Hans Forsblad?«
    Signe Lindsten zuckte wieder zusammen.
    »Und wenn es so wäre, was könnten Sie dagegen unternehmen?«
    »Wir können viel machen«, sagte Aneta Djanali.
    »Wie was zum Beispiel?«
    »Ihm Besuchsverbot erteilen«, sagte sie und merkte selbst, wie dünn das klang. »Wir können das ganz kurzfristig veranlassen und die Sache dem Staatsanwalt übergeben. Wir können ihn zum Verhör bestellen. Das haben wir übrigens schon beschlossen.«
    »Verhör? Was meinen Sie damit?«
    »Dass wir ihn zum Präsidium bestellen und ihn wegen seiner . Bedrohungen verhören.«
    »Und dann? Was passiert dann?«
    »Ich wei.«
    »Dann lassen Sie ihn wieder laufen, nicht? Sie reden mit ihm, und das war's dann.« »Vielleicht wagt er es nicht, An.«
    »Anette wieder zu besuchen? Wenn man das so nennen kann. Glauben Sie das? Glaubt die Polizei das? Glauben Sie Allen Ernstes, dass es ausreicht, auf einem Stück Papier festzuhalten, dass er sie nicht besuchen darf? Glauben Sie, Sie können ihn erschrecken, indem Sie mit ihm reden? Dann kennen Sie ihn nicht.«
    Aus ihr sprach echte Frustration, daran bestand kein Zweifel.
    Aber da war noch etwas anderes. Es ging nicht nur um den Mann, Hans Forsblad. Aneta Djanali spürte es, sah es.
    »Deswegen wollen wir mit ihm sprechen«, antwortete sie. »Um zu sehen, wie er ist.«
    »Das kann ich Ihnen auf der Stelle sagen. Er ist gefährlich. Er gibt nicht auf. Er ist . besessen oder wie man das nennen soll. Er kann nicht akzeptieren, dass Anette nicht mehr mit ihm zusammenleben will. Will es einfach nicht akzeptieren. Kann es nicht verstehen. Verstehen Sie? Er kriegt es nicht in den Kopf!« Signe Lindsten drehte sich wieder zum Meer um, als wollte sie von dort Kraft schöpfen. »Er ist komplett verrückt.«
    »Warum haben Sie nicht die Polizei benachrichtigt?«, fragte Aneta Djanali.
    Signe Lindsten schien sie nicht gehört zu haben, und Aneta Djanali wiederholte die Frage.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Signe Lindsten.
    Sie sagt nicht, dass ihr Mann mich angerufen hat, dachte Aneta Djanali. Vielleicht weiß sie es nicht. Vielleicht geht es gar nicht darum.
    »Haben Sie es nicht gewagt?«
    »Nein.«
    »Hat er Sie bedroht?« »Ja.«
    »Auf welche Weise?«
    »Ich will nicht ... das spielt keine Rolle ... es könnte sein, dass.«
    Aneta Djanali versuchte ein Puzzle aus dem zusammenzufügen, was Signe Lindsten sagte. Das war ihre Arbeit, ein Teil der Arbeit, diese abgebrochenen Sätze, die Menschen in Angst aussprachen, zusammenzusetzen. Manchmal war es Schrecken, manchmal Berechnung, manchmal Trauer, Schadenfreude, die Suche nach der glaubwürdigsten Lüge. Zersplitterte Worte, die kaum

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