Segeln im Sonnenwind
Kontrakt war erreicht, und wir wollten gerade loslegen, als ich sagte: »Legt euer Blatt ab und sichert die Karten mit Briefbeschwerern. Ich kriege ein Baby!«
»Vergiß das Blatt!« sagte mein Mann.
»Klar doch«, pflichtete ihm mein Partner bei.
»Verflucht, nein!« erwiderte ich auf meine mir eigene damenhafte Art. »Ich habe auf das Scheißding gereizt und möchte es jetzt verdammt noch mal ausspielen. Helft mir auf!«
Zwei Stunden später spielten wir das Blatt. Dr. Rumsey jr. war gekommen und wieder gegangen. Ich lag auf Eleanors Bett, die Beine mit Kissen abgestützt, und mein Partner hielt meinen neuen Sohn auf den Armen. El und Briney saßen rechts und links von mir auf der Bettkante. Ich hatte auf einen Klein-Schlemm in Pik gereizt, gedoppelt und noch mal gedoppelt, eine heikle Angelegenheit.
Ich unterlag um einen Stich.
Eleanor streckte mir die Nase hin und drückte sie mit der Fingerspitze hoch. »Ätsch, vorbei, daneben!« Auf einmal sah sie richtig erschrocken aus. »Mo, Liebes, mach Platz! Ich kriege meines!«
Und so mußte Briney in dieser Nacht für zwei Babies den Geburtshelfer spielen, und Junior Doc mußte zurückkehren, kaum daß er bei sich zu Hause den Fuß wieder in die Tür gesetzt hatte. Er knurrte etwas von der Art, daß er sich wünschte, wir würden uns mal einig werden, und er wolle uns so etwas wie Kilometergeld und Überstunden in Rechnung stellen. Hinterher küßte er uns aber nur und ging. Damals wußten wir schon seit langem, daß auch die Rumseys zur Stiftung gehörten, was Junior Doc für uns praktisch zu einem Familienmitglied machte.
Ich rief Ethel an, teilte ihr mit, daß wir über Nacht bleiben würden, und erklärte ihr auch den Grund. »Ist alles okay bei euch, Liebes? Kommen du und Teddy zurecht?« (Es waren noch vier jüngere Kinder zu Hause. Fünf? Nein, vier.)
»Sicher, Mama. Aber ist es ein Junge oder ein Mädchen? Und was ist mit Tante Eleanor?«
»Ich habe einen Jungen und Eleanor ein Mädchen. Ihr könnt langsam anfangen, euch Gedanken über einen Namen zu machen – zumindest, was euren Bruder angeht.«
Das Witzigste an der ganzen Sache war aber etwas ganz anderes, und wir erzählten es weder Junior Doc noch den Kindern –- Briney hatte nämlich meine Freundin Eleanor mit dem Mädchen geschwängert und ihr Ehemann Justin mich mit Pat; alles an einem Wochenende in den Ozarks, wo wir Eleanors fünfundfünfzigsten Geburtstag feierten. Das verlief sehr entspannt, und unsere Ehemänner beschlossen, daß es keinen Sinn machte, sich mit den lästigen Gummidingern abzuplagen. Wir gehörten ja alle vier zur Howard-Stiftung… da konnten wir genausogut die Kasse klingeln lassen.
(Kulturelle Anmerkung: Ich habe gesagt, daß Eleanor an ihrem fünfundfünfzigsten Geburtstag schwanger wurde, während ihr Alter auf der von Junior Doc unterzeichneten Geburtsurkunde »dreiundvierzig«, vielleicht auch »zweiundvierzig« oder »vierundvierzig« lautete. Auf meiner Geburtsurkunde war achtunddreißig angegeben, nicht fünfzig, wie es eigentlich korrekt gewesen wäre. 1920 hatten wir alle von Vertrauensleuten der Howard-Stiftung eine mündliche Warnung erhalten, unser offizielles Alter bei jeder Gelegenheit zu »bearbeiten«. Im weiteren Verlauf des Jahrhunderts ermutigte man uns dazu, etwa alle dreißig Jahre eine neue Identität anzunehmen, und unterstützte uns auch dabei. Das entwickelte sich schließlich zu der vollen »Maskerade«, die die Howard-Familien über die Verrückten Jahre und die Zeit danach hinwegrettete. Ich weiß von der Maskerade allerdings nur aus den Archiven, da ich - dem Himmel und Hilda sei Dank! - im Jahr 1982 diesem Chaos entrinnen konnte.)
Brian und ich ließen während der Mauven Dekade von 1900 bis 1910 Gregorianischer Zeit fünfmal die Kasse klingeln – fünf Babies in zehn Jahren. Ich gab diesem Vorgang als erste die Bezeichnung »die Kasse klingeln lassen«, und mein Ehemann griff diesen derben und vulgären Spruch auf. Das war, nachdem ich mich von der Geburt meines ersten Kindes (unseres Schatzes Nancy) erholt und von Dr. Rumsey die Genehmigung erhalten hatte, meine »ehelichen Pflichten« (Was kann ich dafür? So hieß das damals eben.) wiederaufzunehmen.
Ich kehrte von diesem Besuch bei Dr. Rumsey nach Hause zurück, stellte das Abendessen auf den Herd, nahm ein Bad, benutzte etwas von dem skandalösen Parfüm, das Briney mir zu Weihnachten geschenkt hatte, stieg in das limonen-grüne Neglige, das Tante Carole mir zur Hochzeit
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