Segnet die Tiere
können Sie unsere Gesetze natürlich nicht kennen. Aber die Tochter des Obersten Rats Kolias muß wissen, daß sie unsere Hoheitsrechte
verletzte.«
»Warum schicken Sie sie nicht zu ihrem Vater zurück und erheben offiziellen Protest?« fragte Kim.
»Dies geschieht nicht zum erstenmal.« So etwas wie
geduldige Herablassung erklang in Assurnas Stimme.
»Glauben Sie etwa, wir hätten es noch nicht mit offiziellen Protesten versucht? Sie bewirken nichts. Die Überfälle auf die Darra gehen weiter. Diesmal haben wir die Möglichkeit, weitaus mehr Druck auszuüben. Marima gibt uns die Chance, eine Vereinbarung mit den Vandorranern zu treffen – um in Hinsicht auf die Darra eine vernünftigere Fangquote zu gewährleisten und den Schutz der Laichgebiete zu
garantieren.«
»Was ist mit den anderen, die sich an Bord der Guter Wind befanden?« fragte Kim.
Die Micaszianerin vollführte eine vage Geste. »Sie sind verschwunden.«
»Ertrunken?«
»Oder gefressen«, sagte Assurna. »Die Darra sind nicht pingelig. Sie haben einen herzhaften Appetit. Wenn die Nahrung knapp wird, fallen sie sogar übereinander her.«
Kim schauderte, als er darüber nachdachte. Paris und er waren ebenfalls im Wasser gewesen.
»Marima braucht medizinische Hilfe«, warf Tom Paris ein.
»Sie ist sehr krank, und ich bezweifle, daß sie sich aus eigener Kraft erholt.«
Assurnas Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. »Das wissen wir bereits. Und natürlich kann sie sich nicht aus eigener Kraft erholen. Gerade das ist einer der wichtigsten Aspekte der Krankheit.«
»Hören Sie…«, sagte Paris. »Wenn Sie eine Geisel brauchen, so nehmen Sie mich und nicht eine bewußtlose, halb tote junge Frau. Setzen Sie sich mit der Voyager in Verbindung, reden Sie mit Captain Janeway. Bestimmt läßt sich irgendeine Vereinbarung treffen.«
»Wir wollen eine Vereinbarung mit Kolias erreichen, nicht mit Ihrem Captain. Und zu diesem Zweck eignet sich vor allem seine Tochter.«
»Aber vielleicht können Sie Marima nur für kurze Zeit als Geisel verwenden. Verstehen Sie denn nicht? Vielleicht stirbt sie.«
»Dieses Risiko gehen wir ein.«
»Ich begreife das nicht«, sagte Kim und spürte, wie sich ein Teil der Übelkeit verflüchtigte. »Warum halten Sie die Darm für so wichtig? Sie sind praktisch bereit, einen Mord zu begehen, um Fische zu schützen.«
Die Micaszianerin zog den Kopf zwischen die Schultern. »Ihr Außenweltler versteht überhaupt nichts. In Micasz gilt der Frieden als sehr kostbares Gut, und wir verabscheuen das Blutvergießen in jeder Form. Nicht wir sind die Aggressoren, sondern die Vandorraner. Wir verdienen unseren
Lebensunterhalt als Seeleute und Bauern, bleiben dabei am liebsten unter uns. Ich versichere Ihnen: Es käme uns nie in den Sinn, jemandem ein Leid zuzufügen oder gar einen Mord zu verüben.«
»Warum dann die Geiselnahme?« fragte Paris.
»Als die graue Pest ausbrach – die Erbkrankheit, an der Marima leidet –, als man feststellte, daß das Darra- Blut ein Enzym enthält, mit dem sich der Krankheitsverlauf
kontrollieren läßt… Daraufhin wurden die Darra so intensiv gejagt, daß sie fast ausstarben. Vor einigen Generationen wurde beschlossen, die Darra zu schützen, zum Wohle aller Sardalianer. Wir Micaszianer haben eine lange maritime Tradition, und deshalb übernahmen wir die Wartung der Geschöpfe.«
»Wartung?« Paris wölbte skeptisch die Brauen. »Das klingt so, als seien es Maschinen.«
»Wir lassen sie in geschützten Enklaven heranwachsen und kümmern uns dort um sie. Wir töten nur so viele wie
notwendig, um alle Sardalianer mit dem Enzym zu versorgen.
Aber jetzt hat sich in Vandorra eine Fraktion gebildet, die unsere Methoden in Frage stellt.« Assurna richtete einen verächtlichen Blick auf Marima und wandte sich dann von ihr ab.
Die Kranke bewegte sich und protestierte. »Sie schützen die Darra und geben uns zuwenig von dem Enzym. Dadurch kann niemand von uns der Krankheit entkommen; wir müssen
praktisch ständig mit Anfällen rechnen. Sehen Sie mich an!«
Fieber glänzte in Marimas Augen, als sie sich mit knackenden Gelenken aufrichtete und dann wieder zurücksank. »Wie ehrenvoll sie sind, die friedliebenden Micaszianer. Die Fische sind euch wichtiger als wir!«
Assurna drehte sich ruckartig zu ihr um. »Sie stecken so voller Gier und Furcht, daß Sie alle Darra töten und uns damit ins Verderben treiben würden«, erwiderte sie scharf. »Wie dumm Sie doch sind. Sie überfallen
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