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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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Hühnchen loszuschicken, schlich dann aber wieder in die Küche hinunter, füllte den Krug und machte sich auf den Weg, nicht ohne ihre Wut auf Ania sorgfältig weiterzuschüren. Noch in ihre Gedanken vertieft, schob sie mit dem Fuß die Tür zum Schlafgemach der Nörglerin auf.
    Amédé de Troyenne.
    Auf dem Boden, auf seiner Frau liegend. Jola stockte der Atem. Noch hat er dich nicht bemerkt, fuhr es ihr durch den Kopf. Schnell, schließ die Tür! Leise, mach, dass du wegkommst. Langsam zog sie den Fuß zurück.
    »Täubchen, was hast du? Hab dich doch nicht so«, hörte sie den Baron brüllen. Seine Worte waren nicht viel mehr als ein Lallen. Er musste sturzbetrunken sein. »Der Lakai des Bischofs besteigt meine Frau, dann darf ich doch auch mal auf meine ehelichen Rechte pochen.«
    Jola erschauderte. Das klang nicht nach einem wilden Liebesakt. Vorsichtig spähte sie durch den handbreiten Spalt der angelehnten Tür. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Baron seiner Frau die Hand auf den Mund presste und sich an der Schnürungihres Oberteils zu schaffen machte, darauf aus, ihre Brüste freizulegen.
    Die Baronin erblickte sie. Ihre Augen, angstvoll geweitet, schienen die Hilferufe auszustoßen, die der eigene Mann ihrem Mund mit seiner Hand verweigerte.
    Entschlossen trat Jola in das Gemach der Baronin und ließ den Krug auf den Boden fallen. Das Auseinandersplittern des Tons, die umherspringenden Scherben und das aufspritzende Wasser ließen den Baron auffahren. »Oh, verzeiht!«, rief Jola und versuchte, erschrocken zu klingen, während sie demütig den Kopf neigte. »Ich wollte nicht stören.« Aus den Augenwinkeln konnte sie erkennen, dass der Baron sich über seinen Mantel strich und auf den Boden, direkt neben die Baronin, spuckte. Dann wankte er aus dem Gemach, wahrscheinlich hatte er nicht einmal begriffen, was ihn aufgeschreckt hatte.
    Kaum war er verschwunden, wurden Jolas Beine weich. Sie lehnte sich an die Wand und schloss kurz die Augen.
    Das Schluchzen der Baronin war tief und dunkel. Jola zuckte zusammen und eilte zu ihr, kniete sich neben sie und wusste nicht, was zu tun war. Die Hand der Baronin, zerkratzt und mit eingerissenen Nägeln, ergriff die ihre und begann sie zu streicheln. Jola starrte auf die beiden Hände und hätte nicht sagen können, wen die Baronin beruhigen wollte – sich selbst oder ihre Magd?
    Nach einer Weile half sie der Baronin, deren Unterlippe geschwollen und mit Speichelfäden überzogen war, sich aufzusetzen. Ohne nachzudenken, zog Jola ihren Ärmel in die Länge. Vielleicht habe ich mich getäuscht, dachte sie, während sie den Speichel behutsam fortwischte. Vielleicht ist die Baronin doch viel weniger eine Nörglerin, als ich angenommen habe. Vielleicht ist sie schlichtweg eine einsame und zutiefst unglückliche Frau.

Bischofspalast in Nantes
    M eine Herren«, sagte der Bischof feierlich und goss sich aus einer Karaffe in eines der hauchfeinen italienischen Gläser kühles Wasser ein, »die Dinge entwickeln sich, wie Ihr soeben gehört habt, ausgesprochen günstig.«
    Die Wangen des obersten Richters der Bretagne, Pierre l’Hôpital, röteten sich langsam, und Julien überlegte, ob der Mann auf den reichlich getrunkenen Weißwein reagierte oder ob er schlichtweg erregt über die Neuigkeiten war, die der Bischof gerade unterbreitet hatte.
    Herzog Johann drehte einen seiner goldenen Ringe, die er über fast alle Finger verteilt trug, und fuhr dann mit der Fingerspitze über einen roten Stein, als wolle er ihn blank polieren. »Ihr meint, dass es tatsächlich Aussicht auf Erfolg hätte, wenn man Baron de Troyenne vor ein Inquisitionsgericht stellen würde?«
    Der Bischof nickte und winkte seinem Notar zu. »Magister, bringt mir die Landkarte«, befahl er.
    Julien, der abseits saß, um dem Bischof für jegliche Handreichung zur Verfügung zu stehen, trat zum Tisch der ehrenwerten Herren. So sieht er also aus, der innere Zirkel der Macht in der Bretagne, dachte er, während er die Karte zwischen Weingläsern und Obstschalen ausrollte. Dann nickte er und zog sich wieder an sein Schreibpult zurück.
    Der Bischof fixierte den obersten Richter. »Wie gesagt, im Zuständigkeitsbereich des Barons sind mehrere Menschen verschwunden, es hat Morde gegeben. Kinder, Frauen, und inzwischen ist auch ein Mann zum Opfer geworden. Mit der Anklage wegen Teufelsbeschwörung gehe ich davon aus, dass wir auch diese Taten klären können. Ich habe Ermittlungen eingeleitet.« Er schürzte die

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