Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
Lippen und fügte hinzu: »Es gibt, wieich bereits erwähnte, Hinweise, dass er selbst an den Morden beteiligt sein könnte. Und mein Gefühl sagt mir, das aber nur nebenbei, dass dies der Fall ist, und mein Gefühl hat stets recht gehabt. Kurzum: Wir könnten mit einer Klage vor dem kirchlichen als auch vor dem weltlichen Gericht Erfolg haben.«
Der Herzog nippte erneut an seinem Wein und verzog das Gesicht. »Unfassbar, und so etwas in meinem Herzogtum«, murmelte er.
»Diese Karte von Frankreich habe ich ausbreiten lassen«, fuhr der Bischof fort und strich das Pergament glatt, »um Euch aufzuzeigen, inwiefern diese Entwicklungen für uns erfreulich sein könnten.« Der Zeigefinger des Bischofs wies auf mehrere Kreuze, die in die Karte eingezeichnet waren. »Das sind die Ländereien, die dem Baron gehören.«
Wissbegierig beugte sich der Herzog vor, während der oberste Richter den Bischof nicht aus den Augen ließ. »Ich ahne, worauf Ihr hinauswollt«, sagte er und zwirbelte seinen Bart.
Ein befriedigtes Lächeln huschte über das Gesicht des Bischofs, anscheinend erfreute es ihn, dass jemand zu ahnen begann, was hinter seinem Plan steckte. Und dass er einen Plan hatte, davon ging Julien aus, auch wenn er nicht begriff, worauf er hinauslief.
Dem Herzog schien es ähnlich zu ergehen. »Ich verstehe kein Wort, was hat das eine mit dem anderen zu tun?«, fragte er.
Das Lächeln auf dem Gesicht des Bischofs vertiefte sich. »Sobald der Baron in einem Inquisitionsprozess der Taten überführt wird, können seine Güter durch die Kirche beschlagnahmt werden«, sagte er und genoss das Mienenspiel des Herzogs. Julien konnte selbst, obwohl er abseits saß, das gierige Glitzern in dessen Augen sehen.
»Ihr seid ein Fuchs, ein gerissener Fuchs«, sagte der oberste Richter grinsend.
Julien musste ihm in Gedanken beipflichten. Nun begriff er, warum die Nachricht, dass in seiner Diözese Teufelsbeschwörungen betrieben wurden, den Bischof so erfreut hatte. Vielmehr, ergänzte Julien seinen Gedankengang, hatte den Bischof wohl die Tatsache erfreut, wer diese Teufelsbeschwörung betrieb. So, wie sich die Lage entwickelte, hatte Bérénice de Troyenne mit ihrer Aussage die Schlaufe um den Hals ihres Gatten gelegt.
Julien sah aus dem Fenster und präzisierte auch diese Überlegung: Nein, vielmehr habe ich die Schlinge um den Hals des Barons gelegt, denn ich bin mir, wenn ich ehrlich bin, nicht sicher, ob Bérénice wirklich damit rechnet, dass ich den Bischof davon unterrichtet habe. Unwillkürlich verzogen sich seine Mundwinkel.
Natürlich, sie weiß, dass der Bischof ihren Mann im Visier hat.
Sie weiß, dass ich seine rechte Hand bin.
Sie muss damit rechnen, dass ich den Bischof über die Teufelsbeschwörung in Kenntnis setze. Sie muss wissen, dass ich sie vor ihrem Mann schützen will.
Das sind klägliche Bemühungen, dich zu verteidigen. Du bist widerlich, Lacante, beschimpfte Julien sich selbst und schaute auf der Suche nach Ablenkung zu den drei Männern hinüber.
Der Herzog wippte inzwischen auf seinem Stuhl hin und her. »Gehört Gut Lemoine auch zu den Besitztümern des Barons?«, fragte er.
»Nein, es gehört seiner Gattin, und auch bei einer Verurteilung des Barons verbleibt es in ihrem Besitz«, sagte der Bischof und überging die Enttäuschung des Herzogs, die sich in einem lauten Schnaufen äußerte. Stattdessen griff er sich die Feder, strich den Kiel am Tintenfass ab, schaute erst den Herzog unddann den obersten Richter an. »Dann lasst uns zur Tat schreiten, meine ehrenwerten Herren, und die Länderein des Barons verteilen. Wer will denn welches haben?«
Saint Mourelles
C atheline trug einen alten Strohhut und kniete im Beet der Pfarrei, in dem sie Gemüse für Pfarrer Jeunet zog. Ihre Unterarme waren von der prallen Sonne inzwischen gerötet, und der Schweiß rann ihr das Gesicht hinab. Als Jola sie erreichte, erhob die Schwester sich. Klopfte mit ihren schmutzigen Händen die Erde aus dem Kittel, nahm den Eimer und goss die Pflanzen. Im dichten Strahl rann das Wasser über das junge Grün und glänzte im Sonnenlicht. Ein beschaulicher Anblick, ruhig und alltäglich.
»Wie geht es dir?«, fragte Jola zaghaft.
Catheline riss den Kopf herum, und auf ihrem Gesicht spiegelte sich blanke Wut. Sie umfasste den tropfnassen Eimer, schob ihn vor ihren Leib, als wolle sie eine Barriere zwischen Jola und sich aufbauen. Dann marschierte sie mit ausholenden Schritten auf die Pfarrei zu.
»So nicht, meine
Weitere Kostenlose Bücher