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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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Waren aus dem Jamaica Inn, das steht in Bolventor, und dieser Ort ist ziemlich weit entfernt – wir befinden uns in Höhe der Browngelly Downs.«
    »Ich will keine Führung durchs Moor, ich will wissen, was los ist!«, beharrte Alebin.
    »Das erzähle ich dir doch gerade.« Mistress Braxtons Gesicht verlor an Freundlichkeit, dafür gewann ihre Stimme an Schärfe. Alebin hatte oft erlebt, dass seine jungen Eroberungen am
Morgen danach
wie verwandelt waren, weich und folgsam, fast unterwürfig. Mistress Braxton hatte sich genauso benommen. Es hielt bei der gestandenen Frau nur nicht an. Sie war freilich auch keine Eroberung. »Lass deine Launen nicht an mir aus! Ich habe dir nichts getan.«
    Sie verstummte, als warte sie auf eine Entschuldigung. Als keine kam, presste sie kurz die Lippen zusammen. Dann sprach sie weiter.
    »Wie gesagt: Wir können ins Moor gehen, so weit der Lebensfaden reicht, und auch den ganzen Tag dortbleiben. Doch bis Sonnenuntergang müssen wir zurück sein, sonst zerreißt die Verbindung.«
    »Und man ist frei.«
    »Nein, man ist verloren, Darby!«, korrigierte ihn Mistress Braxton ernst. »Wenn die Sonne versinkt, kommt die Bestie – und was sie uns antut, hast du ja gesehen.«
    Alebin spielte nachdenklich mit seiner leeren Teetasse. »Also stammt der Fluch von ihr?«
    »Äh … ja und nein.« Die Witwe erhob sich und begann, den Tisch abzuräumen. »Aber für den Moment habe ich genug erzählt, das musst du erst einmal verkraften.«
    »Es wird keinen weiteren Moment geben, also erzähle den Rest!«
    »Nein«, sagte Mistress Braxton.
    Wenig später verließ Alebin das Dorf. Er wanderte den Weg im Heidekraut entlang – diesen fatalen, alten Zufahrtsweg, der ihn nach Whispering Willows gebracht hatte. Alebin hielt Ausschau nach dem abgesägten Ortsschild, dem er seinen ganzen Ärger verdankte. Er wollte es zerschmettern, doch er fand es nicht mehr.
    Fröstelnd schlug er den Kragen seiner Jacke hoch. Seit dem Überschreiten der Klapperbrücke spürte er wieder das leise Ziehen im Rücken. Alebin versuchte, es durch Nichtbeachtung zum Verschwinden zu bringen, was ihm aber nicht gelang.
    Dass Mistress Braxton unbeschadet im
Grumpy Hog
zurückblieb, verdankte sie einem Zufall. Alebin hatte vorgehabt, ihr den Willen zu nehmen. Sie sollte ihm erzählen, was er wissen wollte, und dann für den Rest ihrer Tage als Zombie weiterexistieren. Zur Strafe. Weil sie es gewagt hatte, ihn in ihr Bett zu tricksen. Das nagte an dem Elfen. Wäre Nathan Pine nicht gekommen, verkatert und übellaunig, um die klemmende Haustürverriegelung zu richten, hätte er sein Vorhaben auch umgesetzt.
    Wenigstens hatte er die Witwe zum Weinen gebracht. Das war zwar nur eine kleine Genugtuung, aber immer noch besser als gar nichts. Alebin grinste bei der Erinnerung an Eleanor Braxton, wie sie vor der Tür stand, schluchzend, und die Arme nach ihm ausstreckte.
Komm zurück, Darby!
, hatte sie gerufen.
Es ist zu gefährlich heute im Moor!
Danach hatte sie noch etwas von Hallowe’en gejammert und von der Bestie, und dann war Alebin sie los gewesen.
    Zügig ging er denselben Weg zurück, auf dem er hergekommen war. Alebin hatte sich in der Zwischenzeit einen Plan zurechtgelegt. Er wollte seine Unsterblichkeit wiedererlangen und so viel Macht wie möglich gewinnen; dazu brauchte er Talamh. Doch das Kind allein zu jagen – mit Fanmór, Bandorchu und all den anderen als erbitterten Konkurrenten – klang nicht nach einer Erfolgsgeschichte. Deshalb wollte Alebin nach Lyonesse. Er kannte König Cunomorus von früher, diesen Halbelfen, der noch immer seinen verstorbenen Sohn betrauerte. Nach all der Zeit! Alebin war zuversichtlich, dass er mit dem sanftmütigen König fertig werden würde. Vielleicht durch einen Putsch. Oder einen Mord. Oder beides.
    Das entschied sich später. Erst musste Alebin das versunkene Lyonesse überhaupt erreichen. Dazu brauchte er ein funktionierendes Portal, und um dies zu finden, wanderte er jetzt an den Dozmary Pool. Er wusste, dass das dortige Elfenportal schon lange nicht mehr benutzt wurde, und auch, dass es ihm kaum gelingen würde, noch einmal zu ihm hinunterzutauchen, nachdem er Treggle den Höllenhunden ausgeliefert hatte. Mit dem Geist war auch dessen Seelennetz verschwunden – ein Versteck in der Tiefe, unter dem man atmen konnte.
    Doch es gab Alternativen. Elfenportale wurden selten einfach geschlossen, und das war’s. In den allermeisten Fällen legten ihre Benutzer neue Ausgänge an, oft

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