Seidenfpade
und ihm dafür ihr eigenes, pulsierendes Fleisch anbieten konnte.
Kasatonins Finger krampften sich um das Messer. Das war der Moment größter Verwundbarkeit. Er wußte es genau.
Und war süchtig danach.
»Was für andere Sachen?« erkundigte er sich.
»Du hättest diese Narren in Lhasa umbringen sollen«, sagte sie und saugte leicht und spielerisch an ihm.
Aber sie trieb das Spiel nicht zu weit. Das Messer in seiner Hand sprach seine eigene Sprache.
»Die Typen von Risk Limited?« fragte Kasatonin mit etwas gepreßter Stimme.
Triumph durchzuckte sie gleichzeitig mit Lust, denn Kasatonins Zunge hatte ihr heißes Spiel wieder aufgenommen. Nur ihr gefährlicher, geschickter Mund konnte das, was von seiner Begierde übrig war, zum Leben erwecken. So gut wie, jedenfalls. Richtig wußte sie das eigentlich nie.
Seine Frage konnte den Tod für sie nach sich ziehen.
»Dieser Amerikaner«, sagte Katja, »und auch die Frau.«
»Die fällt nicht ins Gewicht.«
Einen Moment lang war Katja zu sehr mit ihrer Aufgabe beschäftigt, um antworten zu können. Als sie wußte, daß Kasatonin gleich käme, löste sie ihren Mund.
»Wir dürfen - wie sagen die Amerikaner doch schnell? Keine losen Enden zurücklassen«, erklärte Katja.
Kasatonin runzelte die Stirn, dann nickte er kurz.
»Du hast recht«, pflichtete er ihr bei. »Nichts Unerledigtes.«
Katja belohnte ihn mit einem harten Saugen, das beinahe schmerzhaft war. Er stieß gegen ihren Mund, schneller und schneller, bis er zuckte wie eine Marionette am Faden.
Erleichterung durchströmte Katja. Die heutige Nacht würde sie überleben.
Und morgen ?
Zitternd vor Angst und Erregung verschlangen Katjas Lippen Kasatonins narbigen Leib und liebten ihn so auf die einzig mögliche Weise.
10
Washington D. C.
November
Meine Entscheidung, Dani, nicht Ihre. Sie schulden niemandem auch nur das geringste. Denken Sie daran, wenn die sich an Sie ranmachen.
Als Danielle Warren in das wartende Taxi einstieg, fragte sie sich, ob diese Einladung, sich mit Eimer Johnstone zu treffen, um über die Konservierung alter Gewebe zu sprechen, von den mysteriösen »die da« kam, von denen Shane gesprochen hatte.
Natürlich nicht, sagte sich Dani energisch, und das schon zum zehnten Mal in ebenso vielen Minuten.
Nun, nachdem sie schon etliche Wochen wieder zurück in Washington D.C. war, kam es Dani so vor, als hätte sie ihren Sommeraufenthalt in den Hochebenen Zentralasiens und ihre beinahe tödliche Verwicklung in den illegalen Antiquitätenhandel nur geträumt.
Zugegeben, es war teilweise ein ganz schön beunruhigender Traum. Besonders, wenn Dani an einen gewissen Zweibeiner mit dunklen Haaren, dunklen Augen und einem gefährlichen Lächeln dachte.
Ein Traum, beharrte Dani, mehr war es nicht.
Augenblicksweise glaubte sie das tatsächlich.
Doch der unwirtliche Herbst der amerikanischen Hauptstadt hörte nicht auf, in Dani Erinnerungen zu wecken. Der Wind raunte etwas von der Kälte Tibets und von einer Hütte hoch in einem versteckten Bergtal, wo ein Mann, der sich bewegte wie ein Krieger, einst eine Zukunft im Kloster erwogen hatte.
Du bist in D.C., nicht in Tibet, ermahnte Dani sich. Sieh dir die Eichen und Ulmen an. In Tibet kannst du die Bäume an einer Hand abzählen.
Wie in dem höflichen, aber rätselhaften Brief von Mr. Johnstone angewiesen, ließ sie das Taxi vor dem neuen Flügel der Na-
tional Gallery of Art anhalten. Als sie ausstieg, umwirbelten sie die Blätter, die von den nahen Ulmen geweht wurden. In der Ferne hoben sich die mächtigen Eichen, die vor dem Kapitol standen, majestätisch vom grauen Himmel ab.
Die beinahe unmerkliche Spannung, die Dani seit dem Erhalt des Briefs erfüllte, löste sich ein wenig, während sie sich umsah. Sie liebte die lange Allee, die das Herz ihrer derzeitigen Wahlheimat durchzog. Mit jeder neuen Jahreszeit freute sie sich wieder über die Stadt und ihre Atmosphäre.
Ein untersetzter Mann in einem grauen Regenmantel blickte von seiner Ausgabe der Post auf, als Dani den Taxifahrer bezahlte und sich dann zum Museum umwandte. Sie fragte sich, ob das Johnstone war.
Er hegte keine solchen Zweifel an ihrer Identität.
»Mrs. Warren«, begrüßte er sie und streckte ihr eine fleischige Hand entgegen. »Ich bin Eimer Johnstone.«
Dani lächelte mit der einstudierten Höflichkeit eines Menschen, der sich häufig in der Öffentlichkeit bewegte. Trotz ihres Lächeln musterten ihre Augen ihn, als wäre er ein Stück Stoff, das ihr zur
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