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Seidenfpade

Titel: Seidenfpade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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Inspektion vorgelegt wurde.
    »Mr. Johnstone«, sagte Dani und nahm seine Hand.
    Unter seinem gutgeschnittenen, halb zugeknöpften Regenmantel trug Johnstone einen konservativen blauen Anzug, ein weißes Hemd und statt einer Krawatte eine gelbe Fliege: Ihr sah man an, daß sie von menschlicher Hand und nicht von einer Maschine gebunden worden war. Die Fliege verlieh ihm den individuellen Touch, den ein Senator aus den Südstaaten oder ein reicher Lobbyist oder exzentrisches Mitglied des Washingtoner Pressecorps besitzen konnte.
    »Schön, daß Sie gekommen sind«, sagte Johnstone in warmem Ton.
    Politiker oder Lobbyist, dachte Dani. Ein Reporter würde sich nicht die Mühe machen, mir Honig ums Maul zu schmieren.
    »Ich bin immer bereit zur Nationalgalerie zu kommen, um über die ordnungsgemäße Konservierung historisch bedeutsamer und archäologisch signifikanter Textilien zu sprechen«, sagte Dani.
    Johnstones Lächeln veränderte sich ein wenig, als er ihre wortgetreue Wiederholung seiner gestrigen Botschaft an sie hörte.
    »Ach ja ?« Johnstones rundes Gesicht sah auf einmal ganz trübselig aus. »Genau das muß ich Ihnen erklären. In diesem speziellen Fall gibt es erst ein Problem zu beseitigen, bevor wir auf die Konservierung zu sprechen kommen. Das heißt, also, äh ...«
    Er suchte nach den richtigen Worten.
    Dani lächelte frostig und wartete.
    Johnstone seufzte.
    »Leider haben Sie mich entlarvt«, sagte er schließlich. »Ich bin nicht für die Nationalgalerie tätig...«
    »Für wen dann?« unterbrach Dani ihn scharf.
    »... aber ich wollte Sie einen Augenblick privat sprechen«, fuhr Johnstone ohne Pause fort, »und es gibt keinen ungestörteren Ort, der dennoch so sicher, weil öffentlich, ist wie die Pennsylvania Avenue an einem kalten Herbsttag. Wollen wir uns ein wenig die Beine vertreten?«
    »Hat dies etwas mit antiken Textilien zu tun oder nicht?«
    »Durchaus.«
    Doch Dani zögerte trotzdem. Johnstone sah zwar harmlos aus, aber sie war keine Närrin. Washington D.C. beherbergte jede Menge Ungeziefer, ob nun gewählt oder selbsternannt.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Johnstone lächelnd. »Ich bin nicht nur glücklich verheiratet, sondern darüber hinaus kein Partner für eine sportliche junge Frau, die über Dächer klettert und einsame tibetische Bergpfade erklimmt.«
    Ein paar Herzschläge lang starrte Dani ihn fassungslos an.
    Sie hatte mit niemandem über Lhasa gesprochen. Nicht mit einer Menschenseele.
    »Tibet?« fragte Dani ruhig. »Ich war erst kürzlich dort und habe bei einigen Bergstämmen den Sommer verbracht.«
    »Und sich mit einem Dieb namens Feng getroffen.«
    »Feng? Sie müssen sich irren. Mein Dolmetscher hieß nicht Feng. Und er war auch kein Dieb.«
    Johnstone nickte zufrieden.
    »Wie er sagte, eine Unschuld, aber nicht dumm.« »Er?«
    »Shane Crowe, natürlich.«
    Diesmal fiel es Dani schwer, sich nichts anmerken zu lassen.
    »Ich arbeite für Risk Limited«, erklärte Johnstone. »Shane ist ein alter Freund von mir. Hat mir das Leben gerettet, um die Wahrheit zu sagen. So wie Ihnen.«
    Dani entging die Betonung nicht, die er auf den letzten Satz legte.
    Sie schulden niemandem auch nur das Geringste. Denken Sie daran, wenn die sich an Sie ranmachen.
    Offenbar war dieser Fall nun eingetreten.
    Damit hatte Shane recht behalten; aber er irrte sich, was den Rest betraf. Dani schuldete ihm ihr Leben.
    In Wahrheit verdankte sie Shane sogar mehr als das. Er hatte sie obendrein gelehrt, daß es zumindest einen großen, starken Mann gab, der seine Stärke nicht mißbrauchte.
    »Hat Shane Sie geschickt?« fragte sie ohne Umschweife.
    »Nein. Sein Boß!«
    Dani wußte nicht, warum sie enttäuscht war, na ja, Schwamm drüber!
    »Nein«, gab Johnstone zu. »Shane war dagegen. Ziemlich vehement sogar, wenn Sie die Wahrheit wissen wollen.«
    Er warf einen Blick auf seine fette rostfreie Rolex Oyster. Die Armbanduhr wirkte für einen Mann mit einer gelben Fliege eigenartig nüchtern.
    »Ich fürchte, die Uhr drängt, wie Gillie sagen würde«, meinte Johnstone.
    »Gillie. Shane hat den Namen auch erwähnt.«
    »Tatsächlich? Wie ungewöhnlich. Nun, Gillie dachte jedenfalls, es wäre lehrreich für Sie zu sehen, worauf sich Risk Limited in bezug auf die Seide, die Shane in Lhasa durch die Lappen ging, eingelassen hat.«
    Meine Entscheidung, Dani, nicht Ihre.
    Und er hatte sich dafür entschieden, sie zu retten und nicht die Seide.    
    »Gehen wir ein Stück?« fragte

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