Seilschaft (German Edition)
du?», fragte er über die Schulter. Jason folgte.
«Ich bin sehr beeindruckt», sagte Nico immer noch sarkastisch und schaltete den Kessel ein. «Wie kam es denn zu diesem Sinneswandel?»
«Warum hast du das getan?», fragte Jason wie in Trance.
Nico hätte schreien können.
«Warum ich das mit dir gemacht habe? Weil du geschüttelt werden musst, bis deine Zähne klappern, bevor ...»
«Nicht das bisschen», unterbrach ihn Jason. «Der Felsbrocken.»
«Felsbrocken? Welcher Felsbrocken?» Aber er wusste im selben Moment, von welchem Felsbrocken Jason sprach. Die Abseilstelle. Das letzte Foto auf dem Film.
Im nächsten Moment landete eine zerknautschte Fotografie auf dem Tisch, eselsohrig und faltig wie vor Selbstmitleid gealtert. Als ob sie viel zu viel in der Hand gehalten worden sei. Als ob jemandes Aufmerksamkeit sehr damit beschäftigt gewesen war. Nico hoffte nur, dass Jason genug Menschenverstand besessen hatte, den Rest des Films nicht in einem Geschäft entwickeln zu lassen. Nico hatte nicht damit gerechnet, dass der Film noch existierte. Noch weniger damit, dass Jason beim Betrachten des Fotos die richtigen Schlüsse ziehen würde.
«Das ist ein Felsen», kommentierte Nico endlich unter Jasons dringlichem Blick.
«Komm, Nico, verarsch mich nicht. Das ist nicht irgendein Fels. Es ist der Block, den ich zum Abseilen benutzt habe, so ein unheimlich aussehendes Teil vergisst man nicht.» Jason verlor die Geduld.
Nico zuckte leicht mit den Schultern, beobachtete die Frustration in Jasons Gesicht.
«Ja, sieht seltsam aus.»
«Er ist lose, du Arsch! Das verdammte Ding hängt über der Kante, Nic!» Jasons Stimme hatte selbst etwas Kantiges an sich. Nico zuckte wieder mit der Schulter, ohne eine Erklärung abzugeben. Als Nico nicht antwortete, sah Jason fast verloren aus, bevor er wieder auf das Bild starrte.
«Ich nehme mal an, dass du mich gehalten hast», sagte er schließlich. «Zur Hölle, ich habe den leichten Ruck durch das Seil gefühlt, aber mir nichts dabei gedacht. Und ich hätte nie geglaubt ... ich hätte nicht erwartet ... um Himmels willen, Nico, bitte rede mit mir!»
Keine Spur von Geduld mehr. Nur Ärger und Verwirrtheit.
«Du hättest gedacht, ich lasse dich einfach sterben?», fragte Nico bitter. Ja, anscheinend. Jason hatte ihm geglaubt, als er bluffte und ihm drohte, ihn dort oben zurückzulassen. Der Unterschied zwischen diesem langsamen Tod und dem gewaltsamen schnellen Tod durch Absturz war nicht grundsätzlich.
Aber Jason schüttelte den Kopf.
«Du hattest mir kurz davor erklärt, dass du mich niemals halten könntest mit deiner Verletzung. Silvio hat mir erzählt, welche Probleme du mit dem Gelenk danach hattest, dass du wochenlang gelaufen bist wie ein alter Mann. Du hast dein Leben riskiert, um mich zu retten, obwohl dir klar sein musste, dass du es kaum schaffen kannst. Und ich weiß nicht, wie du’s geschafft hast, aber du hast mich nicht aufgegeben.»
«Mach nicht zu viel daraus, Jason», Nicos Finger trommelten auf der Arbeitsplatte. Jason sah ihn mit einem Blick an, wie Kinder ihn auf ihre Eltern richten, um nach Disneyland zu kommen. «Also, was? Ich habe dein Leben gerettet, und das kompensiert ein bisschen die paar anderen Dinge, die da oben passiert sind?»
Jason wurde leise. «Was du da oben getan hast ... ich hätte mir nicht vorstellen können, dass du so etwas tun kannst, Nic. Du warst grausam. Du hast mir absichtlich furchtbare Angst gemacht, du hast es ausgenutzt, die Oberhand zu haben, und du hast es genossen, mich zu missbrauchen, du hast es wirklich genossen – und komm mir nicht so», wehrte er ab, als Nico protestieren wollte. «Ich habe die Lust in deinen Augen gesehen. Du hast doch einen Steifen, wenn du nur daran denkst, stimmt’s?»
Nein, hatte er nicht. Er wollte aber auch nicht über die Tatsache nachdenken, dass sein Glied sich definitiv in der Hose gerührt hatte bei Jasons Worten.
Nico knurrte und holte den Zucker. Nicht, dass er Zucker mochte. Es war nur etwas, das er mit seinen Händen tun konnte, während er sprach. Ein Vorwand, den Jüngeren nicht anzusehen, der lässig in der Küchentür lehnte.
«Und was ist mit deiner Revanche? Bist du trotzdem ganz unschuldige Lichtgestalt?»
Jason lachte leise und leicht verlegen.
«Nic, ich war niemals so unschuldig ...»
Es schwang ein seltsamer Unterton in seiner Stimme. Nico füllte zwei Tassen mit Tee.
«Was willst du jetzt eigentlich von mir?», fragte er. Er rührte ein bisschen in
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