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Sein anderes Gesicht

Sein anderes Gesicht

Titel: Sein anderes Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Zimmer in Sonnenlicht getaucht. Eilig fliegt eine kreischende Möwe vorbei. Ich sehe ihre weiße, runde Brust und ihre Füße mit den Schwimmhäuten. Ich mag Möwen.
    Vorsichtig richte ich mich auf. Ein heftiges Hämmern hinter meinen Augenbrauen. Langsam lässt es nach. Ich strecke mich, so gut es geht, und spüre dabei alle schmerzenden Stellen: das bringt den Kreislauf in Schwung. Ich spüle mir den Mund aus, rasiere meine linke Wange und befühle vorsichtig die Wunde auf meinem Oberkopf. Eine trockene Kruste hat sich darauf gebildet. Ich drücke ein wenig, sie blutet nicht. Ich betupfe sie mit neunzigprozentigem Alkohol, eine Vorsichtsmaßnahme -der neunzigprozentige Alkohol und ich, das ist eine lange Liebesgeschichte. So gut ich kann, kleide ich mich an: khakifarbene Drillichhose, grünes T-Shirt (wegen des Gipses mit kurzen Ärmeln) und ein weit geschnittener Blouson aus orangefarbenem Nylon, der meine kleinen Brüste verbirgt. Ein zweideutiger Aufzug, der meiner Laune entspricht: Ich habe keine Lust, mich zu schminken und großen Aufwand zu treiben, während hinter meiner Stirn Woody Woodpecker tobt. Langsam gehe ich hinunter wie ein alter Mann, was ich ja Mossas Worten zufolge nie erleben werde.
    Unten poliert Linda den Zapfhahn. Die ersten Gäste sind zur Arbeit gegangen. Alte Saufbolde haben sich, die gefüllten Einkaufsnetze zu ihren Füßen, zum Kartenspielen niedergelassen.
    Linda scheint besorgt. Sie bringt mir einen Espresso und nimmt mit sorgenumwölkter Stirn neben mir Platz, während sich Laszlo in seine Sportzeitung vertieft.
    »Die Bullen suchen dich«, verkündet sie leise.
    »Mich? Verdammt, ich habe nichts gemacht. Dieses Arschloch von Bull hat nur bekommen, was er verdient; der Kerl ist ein Dreckstück.«
    »Nicht wegen Bull. Er wollte keine Anzeige erstatten. Du siehst, er ist kein solches Dreckstück, wie du meinst.
    Es waren keine Uniformierten. Es waren Beamte in Zivil.«
    »Das FBI?«
    »Ha, ha, sehr witzig. Du solltest deinen Freund Mossa anrufen, er wird dich informieren.«
    »Er ist nicht wirklich mein Freund.«
    »Hör auf, er hat dich echt gern.«
    »Glaubst du, er wäre bereit, mich zu heiraten? Dann brauchte ich nicht als Tellerwäscher in deinem Verhau anzufangen.«
    »Wie ich sehe, bist du in Hochform.«
    »Ja, jede vertrauliche Aussprache mit einem Laternenpfahl gibt mir neue Energie.«
    Sie klopft mir auf die Schulter und geht, um mit dem Postboten anzustoßen, der gerade hereingekommen ist. Ich zögere und starre das Telefon an, dann opfere ich ein Geldstück. Die Nummer des Polizeireviers kenne ich auswendig. Nach zehn Minuten und drei weiteren Geldstücken habe ich Mossa an der Strippe.
    »Hier ist Bo.«
    »Das wurde aber auch Zeit! Beweg deinen Hintern auf der Stelle hierher!«
    »Was ist los?«
    »Das wird man dir schon sagen«, antwortet er knapp.
    »Aber ich habe nichts getan.«
    »Umso besser.«
    »Und wenn ich nicht komme?«
    »Du musst kommen, Bo. Sagen wir, deine Aussage wird gebraucht.«
    »Weswegen?«
    »Ich habe nicht die Absicht, am Telefon mit dir darüber zu reden, außerdem fällt das nicht in mein Ressort. Luther will dich sprechen.«
    Der Pastor? Warum, zum Teufel, sollte der Pastor mit mir sprechen wollen? Das macht mir Angst. Der grauenvolle Gedanke, Johnny könnte tot sein, kommt mir in den Sinn. Ehe Mossa auflegt, sagt er: »Beeil dich!«
    Ich stehe da, den Hörer in der Hand, dann verlasse ich -von einer düsteren Vorahnung getrieben, wie es in den Romanen so schön heißt - die Kneipe, um mich zum Polizeirevier zu begeben.
    Hinter der Kirche treffe ich Youssef, der so tut, als würde er mich nicht sehen. Lauthals brülle ich:
    »Youssef, Liebling!«
    »Schnauze«, ruft er zurück und dreht sich nach allen Seiten um. Dann fügt er, ohne stehen zu bleiben, hinzu:
    »Die Bullen sind gestern Abend gekommen, sie wollten Bull ins Krankenhaus bringen. Bull wollte nicht, und Gott sei Dank war Johnny da, er hat sich um alles gekümmert und Bull nach Hause gebracht.«
    »Johnny?«
    »Ja, er hat den Polizeiwagen gesehen und ist zurückgekommen. Mann, hat der gelacht, als er vom Chef gehört hat, dass du Bull zusammengeschlagen hast.«
    Dann betritt er ein baufälliges Haus und schlägt mir die Tür vor der Nase zu. Es ist die Tür, die zum Centre Medico-Psychologique führt. Ich beeile mich. Wenn Johnny zurückgekommen ist, um zu sehen, was los war, dann hatte er es auch nicht so eilig, sein Mädchen zu treffen. Der erste angenehme Gedanke des Tages.
    In dem

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