Sein Anteil
Revolver! Willem beugte sich zurück, packte krampfhaft Nikitas Kinn, das er durch die Tüten spürte.
»Sollen wir beide nicht besser nach oben gehen und mal nachsehen?«
Der Widerling schien sich in Bewegung zu setzen. Willem wurde fast wahnsinnig. Der Revolver lag oben auf dem Tisch. Wenn der jetzt hochkommt, hole ich mir das Ding und knalle ihn ab, sagte sich Willem.
»Nein, nein. Mister… Bob. Es ist nichts. Ich komme allein zurecht. Wirklich.«
»Ja? Aber morgen muss meine kleine Nachbarin zu mir kommen, damit ich ihr Lebewohl sagen kann. Versprochen?«
»Versprochen!«
Pia kam wieder die Treppe hoch.
»Ach, beinahe hätte ich etwas vergessen.« Der Widerling drehte sich zu Pia. Konnte er denn keine Ruhe geben! »Bestell deiner Mami gute Besserung vom lieben Onkel Bob.«
Das Paket setzte sich in Bewegung. Willem hielt nur noch die Tüte in der Hand. Im letzten Augenblick konnte er es mit seinen Füßen stoppen. Die Tür unten fiel zu. Endlich war der Widerling verschwunden. Doch das Paket zog Willem erst eine, dann zwei Stufen weiter nach unten. Da kam Pia, ließ sich auf das Paket fallen. Willem rührte sich nicht. Auch Pia wagte es nicht, sich zu bewegen. Sie verharrten auf der Treppe.
Dann beugte sich Willem vor, zog mit all seinen Kräften Nikita zu sich hoch. Pia half, so gut es ging, von unten nach, Stufe für Stufe. Gleich hatten sie es geschafft. Alle drei lagen übereinander in der Küche. Pia gab der Wohnungstür mit dem Fuß einen Stoß. Sie waren vorerst gerettet.
Willem musste sich beherrschen.
»Warum hast du dem Kerl nicht gesagt, dass ich hier oben bin? Er wäre sofort wieder zu seinen Akten verschwunden«, fauchte er Pia mit kaum unterdrückter Wut an.
»Du kennst ihn nicht. Das hätte ihn erst recht neugierig gemacht. Dieser Typ denkt doch, ich würde es mit jedem Mann treiben, der hier in der Wohnung ist. Allein, um dich zu sehen, wäre er hochgekommen. Allein, um seine schmutzige Phantasie zu befriedigen.«
Pias Redeschwall brach ab. Ihr war wohl gerade wieder in den Sinn gekommen, dass sie auch mit Willem geschlafen hatte. Willem entgegnete nichts. Er ging an den Küchenschrank und füllte sich einen weiteren Whisky ein.
Pia bedeutete ihm, sich ruhig zu verhalten. Sie öffnete leise die Tür, um nicht zu verpassen, wie der Widerling das Haus verließ.
Nach etwa einer Stunde war es endlich so weit. Sie hörten ihn pfeifend die Treppe hinuntergehen.
»Ich sehe nach, Will, um auf Nummer sicher zu gehen.«
»Hier! Nimm die Wagenschlüssel mit und schließ schon mal den Kofferraum auf.«
Pia schnappte die Schlüssel.
Willem beugte sich zu Nikita und riss die Mülltüten auf, die ihn kaum noch bedeckten. Eine Tüte behielt er, wickelte sie eng um Nikitas Kopf und klebte sie dieses Mal sorgfältig fest. Die anderen steckte er in den Abfall unter der Spüle.
Ohne die Veränderung zu bemerken, stieg Pia bei ihrer Rückkehr über die Leiche.
»Will, ich habe mir etwas überlegt. Ich nehme alle meine Sachen mit. Ich will anschließend nicht hierher zurück. Ich kann das einfach nicht!«
»Ich verstehe.«
»Und den Schlüssel werfe ich in den Briefkasten von dem Typen unten. Er ist der Boss der Kanzlei. Ihm gehört das Haus.«
Pia zog einen kleinen Flugkoffer unter dem Bett hervor und schmiss in Windeseile Kleider, Blusen, Hosen, Wäsche hinein. Sie machte sich nicht die Mühe, irgendetwas zusammenzufalten. Sie setzte sich auf den Koffer, hämmerte mit der Faust auf die Schlösser, bis sie zuschnappten. In eine große Plastiktragetasche warf sie ihre Schuhe und schleppte die Tasche ins Bad, um ihre Waschutensilien abzuräumen.
»So! Das war es«, sagte sie nach weniger als fünf Minuten. »Es kann losgehen. Nimm du die Reisetaschen mit dem Geld!«
»Und Nikitas Lederjacke?«
»Habe ich auch hier.«
Pia zeigte auf die Plastiktasche. Bevor Willem die beiden schwarzen Sporttaschen hinter der Couch griff, steckte er sich den Revolver in den Hosenbund.
Unten angekommen, stellten sie Pias Gepäck und die Geldtaschen auf den Rücksitz von Willems Mercedes.
»Lieber Gott! Bitte, bitte, lass es das allerletzte Mal sein, dass wir hinaufsteigen müssen«, seufzte Pia laut vor sich hin, als sie die Treppen wieder erklommen. Willem hoffte dasselbe.
Oben ging Pia nochmals durch die Wohnung, zog das Bettzeug ab, leerte und spülte flüchtig den Aschenbecher, ebenso Willems Whiskyglas.
»Um den Rest kann sich die Putzfrau kümmern. So! Good-bye und auf Nimmerwiedersehen!«
Energisch
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