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Sein Bruder Kain

Sein Bruder Kain

Titel: Sein Bruder Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Spuren von Anspannung, aber sie wirkte weniger niedergeschlagen, weniger verzweifelt. Sie war eine außerordentlich attraktive Frau. Hätte er nicht vor kurzem Drusilla Wyndham kennengelernt, hätten seine Gedanken möglicherweise länger bei diesem Gesicht verweilt.
    »Guten Morgen, Mr. Monk. Haben Sie Neuigkeiten für mich?«
    »Nicht die, die ich mir wünschen würde, Mrs. Stonefield, aber ich habe Caleb gefunden, unten in den Greenwich-Sümpfen.«
    Sie schluckte, und ihre Augen weiteten sich. Titus Niven trat fast so, als sei es ihm selbst gar nicht bewußt, einen Schritt näher an sie heran und starrte ebenfalls wie gebannt auf Monk; ein Anflug von Furcht flackerte in seinen Zügen auf, machte aber sogleich eiserner Entschlossenheit Platz.
    »Was hat er gesagt?« fragte Genevieve.
    »Daß er Angus getötet habe, daß ich es aber niemals werde beweisen können.« Er zögerte. »Es tut mir leid.« Er wünschte, er könnte noch irgend etwas hinzufügen, aber da war nichts, was der Wahrheit entsprochen hätte oder sie in irgendeiner Weise hätte trösten oder ihr helfen können. Das einzige, was er ihr zu bieten hatte, war ein Ende der Qual, zwischen Hoffen und Bangen verharren zu müssen. Es war nicht gerecht; es war nicht fair.
    Titus Niven streckte die Hand aus und berührte Genevieve ganz sanft am Arm; und so, als sei sie sich dessen kaum bewußt, suchte ihre Hand die seine.
    »Sie meinen, mehr können Sie nicht tun?« fragte sie so leise, als kostete es sie unendlich viel Kraft, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.
    »Nein, das wollte ich damit nicht sagen«, erwiderte Monk, während er gleichzeitig angestrengt nachdachte, um nur ja nichts zu äußern, das sie in die Irre führen könnte. Seine Gedanken überschlugen sich, und häßliche Bilder bezüglich Titus Niven, die bisher kaum konkrete Gestalt angenommen hatten, gingen ihm durch den Kopf. »Ich habe keine große Hoffnung, daß ich ihm seine Schuld werde nachweisen können, obwohl es nicht unmöglich ist, aber ich werde auf jeden Fall weiterhin versuchen, Angus' Tod zu beweisen - wenn nicht direkt, dann indirekt. Natürlich immer vorausgesetzt, daß Sie das noch wollen?«
    Die kurze Stille, die nun folgte, war von solcher Intensität, daß Monk das sanfte Rascheln der Asche im Kamin hören konnte.
    »Ja«, antwortete Genevieve sehr leise. »Ja. Ich möchte, daß Sie weitermachen, zumindest für den Augenblick, obwohl ich nicht weiß, wie lange Lord Ravensbrook bereit ist, Sie zu bezahlen. Ich wäre Ihnen daher sehr dankbar, wenn Sie Ihre Rechnung zunächst einmal weiterlaufen lassen könnten. Es tut mir leid, Sie um so etwas bitten zu müssen, es erscheint so taktlos, aber unter den gegebenen Umständen bleibt mir nichts anderes übrig.«
    Monk dachte an Callandra Daviot und fragte sich, ob sie wohl bereit war, ihn in finanzieller Hinsicht zu unterstützen, wenn er auch ohne von Genevieve oder Lord Ravensbrook dafür entlohnt zu werden - weiter an diesem Fall arbeitete. Er beschloß, sie so bald wie möglich danach zu fragen. Er mußte die Wahrheit herausfinden. Wenn Caleb Stone seinen Bruder aus Eifersucht getötet hatte, verdiente Genevieve einen Beweis für dieses Verbrechen, und Monk spürte sein eigenes Verlangen, Caleb dingfest zu machen, aufkeimen. Und wenn es eine andere Lösung gab, vielleicht sogar eine, in der auch Titus Niven eine Rolle spielte, wollte Monk es wissen. Oder vielleicht sollte er ehrlicherweise sagen, er wollte beweisen, daß es nicht so war. Diese Gedanken verfolgten ihn schon seit einiger Zeit, zu nebulös, um sie zu fassen, zu häßlich, um vergessen werden zu können.
    »Natürlich werde ich das tun, Mrs. Stonefield«, sagte er laut.
    »Es ist immerhin möglich, daß ich genügend Beweise finde oder zumindest genug ernsthafte Verdachtsmomente zusammentragen kann, um die Polizei zu veranlassen, die weiteren Nachforschungen zu übernehmen. Dann werden Ihnen natürlich keine weiteren Kosten entstehen.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich habe gehört, Lady Ravensbrook habe das Schlimmste überstanden und werde sich gewiß wieder erholen?« fuhr er fort.
    Sie lächelte, und Titus Niven schien sich ebenfalls zu entspannen, obwohl er ihr noch immer nicht von der Seite wich.
    »Ja, so ist es, Gott sei gedankt. Sie war schrecklich krank, und es wird lange dauern, bis sie wieder ganz die alte ist, aber zumindest lebt sie noch, und das ist mehr, als ich vor zwei Tagen zu hoffen gewagt hätte.«
    »Und Sie haben das Haus Ravensbrook wieder

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