Sein Wille geschehe (German Edition)
sich versah, packte er sie und zerrte sie grob Richtung Burg tor . Obwohl sie von neuerlicher Furcht ergriffen wurde, wagte Lena nicht zu protestieren und stolperte ungelenk neben ihm her . Im schattigen Burghof, der mit über und über vermoosten Steinen gepflastert worden war, trafen sie auf Henry. Er verneigte sich unterwürfig vor Jamie und machte ihm eilig Platz, als er dessen schlechte Laune bemerkte. Lena blieb keine Zeit, sich über die Anwesenheit des Butlers zu wundern, da sie fieberhaft darum bemüht war, sich Jamies Tempo anzupassen.
»Sind die Verliese einsatzbereit?«, hörte sie Jamie fragen, konnte sich aber keinen Reim auf die Bedeutung seiner Worte machen. Henry, der sich sogleich an Jamies Fersen heftete , schien aufgrund dieser offenbar unerwarteten Frage merklich zu schrumpfen.
»Ich … ich war noch nicht unten«, gestand er kleinlaut. » Eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass du sie unmittelbar nach deiner Ankunft nutzen würdest . «
» Dann hast du wenig gelernt, seit du bei mir bist «, knurrte Jamie grimmig. »Geh und zünde die Fackeln an.«
Flink wie ein Wiesel huschte Henry an ihnen vorbei und verschwand in einem schmalen Gang, der in die Tiefe der Burg hinabzuführen schien. Jamie, der Lena nach wie vor mit festem Griff gepackt hielt, nahm den gleichen Weg . Er drosselte sein Tempo jedoch deutlich, um sie nicht der Gefahr auszusetzen, auf den unwegsamen Stufen umzuknicken und sich zu verletzen.
Die schier endlose Treppe führten sie immer tiefer in die Eingeweide der Burg. Die schaurige Stille, die sie umgab, wurde allein durch den Klang ihrer Absätze auf dem harten Steinboden unterbrochen, die hohl durch den Gang hallten . Der unruhig flackernde Schein der Fackeln, die Henry voller Hast entzündet hatte , warf die Umrisse ihrer Körper als gespenstische Schatten an die br öckeligen Wände des unterirdischen Gewölbes. Sie passierten mehrere geschlossene Türen aus schwerem Eichenholz, die sowohl rechts als auch links von ihnen lagen und in deren oberer Mitte sich eine vergitterte Öffnung befand, die gerade so groß war, dass man ein Gesicht darin hätte erkennen können. Krampfhaft bemüht, sich ihre mit jedem Schritt wachsende Furcht nicht anmerken zu lassen, hämmerte während des gesamten Weges nur ein Wort durch Lenas Gedanken : Verliese.
Zu ihrem großen Entsetzen bestätigte ihre düstere Ahnung sich , als Jamie nach einer Weile vor einer der massiven Türen stehenblieb und sie unsanft in die dahinter liegen de Zelle schob. Bebend schaute sie sich darin um. Bis auf ein behelfsmäßiges Lager aus Stroh, das sich in einer kleinen Nische links neben der Tür befand, wies nichts auf eine Nutzung des Verlieses hin. Sie kniff die Augen zusammen, um sic h im spärlichen Dämmerlicht der brennenden Fackeln besser orientieren zu können. Es machte den Eindruck , als habe man den Kerker einst direkt in den schroffen Fels geschlagen. Ihr Blick tastete das Innere der Zelle ab. Aus einigen Stellen der grauen Wän de ragten dicke Metallringe, an denen vereinzelt vergessene und zur Unbrauchbarkeit verrostete Handschellen zu erkennen waren. Auch von der Decke hingen diverse Ketten herab, an deren Enden ebenfalls breite, schmied e eiserne Handei sen baumelten. Sie wirkten jedoch weitaus moderne r . N icht der geringste Schimmer von Tageslicht drang zu ihnen in die Tiefe hinunter. Ein Ort für all jene, die man im Laufe der vergangenen Jahrhunderte nur aus einem Grund hierher gebracht hatte: Um sie rasch zu vergessen.
Lenas Angstpegel stieg von einer Sekunde zur nächsten sprunghaft an, als Jamie ihr einen derben Stoß versetzte und sie unbeholfen in die Mitte der Z elle taumelte . Einem Instinkt folgend drehte sie sich zu ihm um und bereute es prompt . Breitbeinig und bedrohlich wie ein mittelalterlicher Inquisit or stand er vor ihr im Türsturz. Von Furcht ergriffen senkte sie den Kopf und kam nicht umhin, sich ihm gegenüber wie eine Sünderin zu füh len.
» Bitte , Jamie, hör mir zu !« , flehte sie. »I ch hatte nicht vor, ihm den Kaffee über die Hose zu schütten, ehrlich. A ber dieser wi derliche Typ hat mich befummelt , als wäre ich Freiwild !«
Er strafte sie mit vernichtendem Blick, und s ie sah, dass seine Kiefermuskeln verärgert zuckten . Nur zu deutlich spürte sie, wie sich t ief in ihm der Wunsch regte , sie umgehend windelweich zu prügeln. Es fiel ihm sichtlich schwer, sich in Gelassenheit zu üben . Lena wusste , dass das, was sie sich heute
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