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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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zu verblassen begannen und von Gedanken überlagert wurden, wie sein Leben nun weitergehen würde - ohne sie. Allein die Vorstellung war so unerträglich, dass er einen markerschütternden Schrei ausstieß, der über den ganzen See in den Wald hinein hallte. Er konnte nicht mehr. Tränen liefen aus seinen Augen. Er schlug mit der Faust immer wieder auf das Holz des Stegs bis die Haut zu bluten begann. Plötzlich stand Paulsen neben ihm. Er war eilig dem kleinen Pfad gefolgt, den Benthin genommen hatte, um zum See zu gelangen. Der Schrei hatte ihn zutiefst beunruhigt. Angesichts Benthins Verfassung traute er ihm alles zu. Erleichtert sah er ihn - lebendig - auf dem Steg sitzen, wenn auch völlig aufgelöst und am Ende seiner Kräfte.
    „Se tun Ihnen doch nüscht an, Chef?“ Benthin schüttelte den Kopf. Mit einem Anflug von Ironie, der Paulsen wieder etwas beruhigte, murmelte er:
    „Nein, Paulsen, so weit ist es noch nicht.“
    „Dit musste wohl ma‘ ‘raus. Kommen‘se mit zur Kutsche?“ So ganz wohl war ihm noch immer nicht bei dem Gedanken, ihn hier wieder alleine zu lassen. Als Benthin sich zum Gehen erhob, atmete Paulsen auf.

Kapitel 24
    In der Tat hatte Benthin sich im See so verausgabt, dass er zum ersten Mal, seit Elli gegangen war, wieder halbwegs schlafen konnte. Da sein Schlafdefizit inzwischen so groß war, kam er am Morgen nicht aus dem Bett, sondern schlief noch einmal fest ein. Irgendwann im Laufe des Vormittags erschien Gerlach, um ihn zu fragen, ob er heute endlich einmal wieder mit in den Klub zum Mittagessen käme. Frau Roth ging nach oben, um zaghaft an Benthins Schlafzimmertür zu klopfen. Sie war froh, dass er offenbar endlich wieder einmal schlafen konnte. Sein übernächtigtes Gesicht in der letzten Zeit ließ auf einen erheblichen Schlafmangel schließen. Noch im Halbschlaf glaubte Benthin, es sei Elli, die anklopfe. Er schnellte hoch. Sein Herz raste.
    „Elli?“
    „Herr von Benthin, ich bin’s, Frau Roth. Herr Gerlach ist unten und will Sie sprechen.“ Ernüchtert antwortete er:
    „Sagen Sie ihm bitte, ich bin gleich da.“ Er erledigte das Notwendigste an Morgentoilette und zog sich nur ein Hemd und seine Hose an. Dann ging er nach unten, um Gerlach mit brummiger Stimme zu begrüßen:
    „Morgen, Gerlach.“
    „Mensch Benthin - wie siehst Du denn aus? Nicht mal rasiert und nur halb angezogen. So kann das nicht mit Dir weitergehen! Kannst Du mir vielleicht endlich mal sagen, was los ist? Du stehst ja vollkommen neben Dir!“
    „Es ist nichts.“
    „Und ob etwas ist! Hast du mal in den Spiegel gesehen? Du bist nur noch ein Schatten Deiner selbst! Vor Gericht schwimmen Dir die Felle davon, und Deine Gegner im Magistrat reiben sich die Hände, weil Du angeschlagen bist. Die halbe Stadt zerreißt sich schon das Maul über Dich und Elli, und Du sagst mir: Es ist nichts ! Ich sehe mir das nicht länger mit an. Du sagst jetzt sofort was los ist, oder ich kündige Dir die Freundschaft!“ Benthin gab auf: 
    „Komm‘ mit nach oben.“
    Im Wohnzimmer bot er dem Freund einen Sessel an und nahm ihm gegenüber Platz. Es war nicht seine Art, seinem Herzen in irgendjemandes Gegenwart Luft zu machen. Nun, da er sich mehr oder weniger dazu genötigt sah, merkte er, wie sehr es ihn belastete, bislang mit niemandem darüber gesprochen zu haben. Nachdem er zunächst stockend begonnen hatte, flossen die Worte nur so aus ihm heraus. Gerlach unterbrach ihn selten und stellte nur ab und an ein paar Zwischenfragen. Als Benthin schließlich geendet hatte, atmete Gerlach zunächst hörbar tief durch, um dann zu einem Kommentar anzusetzen:
    „Na, das nenne ich mal starken Tobak! Nimm‘ es mir bitte nicht übel, wenn ich mich wieder einmal bestätigt sehe, das Junggesellendasein zu bevorzugen. Aber dieser überflüssige Kommentar hilft Dir natürlich nicht weiter…“
    „Nicht wirklich. Du kannst mir glauben, dass ich mich schon unzählige Male verflucht habe, nicht alles so zu belassen wie es war.“
    „Denkst Du nicht, Ihr wäret Euch bei einer anderen Gelegenheit ohnehin begegnet? Immerhin bist Du schon ewig mit ihrem Vater befreundet. Wenn ich das richtig sehe, war es doch nur eine Frage der Zeit, bis Ihr Euch über den Wege gelaufen wäret und Dich diese Gefühlsanwandlungen heimsuchen würden.“
    „Vermutlich hast Du Recht. Es hat mich aus heiterem Himmel getroffen - ich war vollkommen machtlos dagegen.“ Gerlach sah sich abermals in seinem Junggesellendasein bestätigt:
    „Tja, wen die

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