Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
Vom Netzwerk:
Liebe erst einmal erwischt, den hat sie am Wickel…“
    „Freu‘ Dich nicht zu früh. Dir kann das genauso passieren wie mir, auch wenn Du Dich momentan noch in Sicherheit wähnst“, zog er den Freund auf. Gerlach registrierte zufrieden, dass Benthin seinen hintergründigen Humor immerhin noch nicht vollständig verloren hatte:
    „Wenn Du noch zu derartigen Scherzen aufgelegt bist - ich und Heiraten! - besteht ja noch Hoffnung…“ 
    „Ich mache mir ehrlich gesagt jeden Tag weniger Hoffnung. Die ganze Lage erscheint ziemlich aussichtslos.“
    „Ja, weil hier zwei Dickschädel erster Güte aneinander geraten sind.“
    „Also, ich muss Dich doch sehr bitten, Gerlach! Meine Frau hat eine Affäre begonnen - das kann ich wohl kaum tolerieren!“
    „Da ich nicht verheiratet bin, kann ich wohl nicht ernsthaft mitreden, aber Du liebst sie doch immer noch, wenn ich das richtig sehe?“
    „Mehr als ich ertragen kann.“
    „Mal ganz von ihrem unverzeihlichen Fehltritt abgesehen, hat sie Dir nicht zu verstehen gegeben, dass sie sich von Dir vernachlässigt fühlte und dieser Kabus ihr im Grunde gar nichts bedeutet?“ 
    „Willst Du damit andeuten, ich solle ihr das Fremdgehen verzeihen?“
    „Du könntest in Erwägung ziehen, wenigstens zu versuchen , ihre Gründe dafür zu verstehen. Die meisten Männer gehen schließlich auch alle Nase lang fremd, wenn sie verheiratet sind.“ 
    „Das macht es nicht besser. So habe ich mir meine Ehe mit Elli jedenfalls nicht vorgestellt.“ Kleinlaut fügte er hinzu: „Ich habe mir bis zur Hochzeit so allerhand anders vorgestellt…“ Über die intimen Details hatte er sich ausgeschwiegen - diese wollte er nicht auch noch vor Gerlach ausbreiten, selbst wenn er sein engster Freund war. Gerlach musste lachen:
    „Benthin, ich sehe, ich kenne Dich gar nicht richtig! Deine sachliche und nüchterne Analysefähigkeit ist weithin geschätzt, von manchen sogar gefürchtet. Dabei bist Du tief in Deinem Inneren ein hoffnungsloser Romantiker! Keine Sorge, ich verrate es niemandem!“ Er schlug ihm kameradschaftlich auf die Schulter.
    „Nimm‘ Dich vor der Liebe in Acht, Gerlach. Wenn sie Dich einmal erwischt hat, bist Du hoffnungslos verloren.“ Gerlach lachte erneut:
    „Geht es noch etwas pathetischer, Benthin? Ich habe verstanden, was Du durchmachst, aber Du musst wieder zur Normalität zurückfinden. Entweder Du versuchst, Dich auf ein Leben ohne sie einzurichten, oder Du springst über Deinen Schatten, dem Du ohnehin gerade schon sehr ähnlich siehst, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.“
    „Hältst Du es für ausgeschlossen, dass sie zu mir kommt? Als Frau Roth vorhin an meine Tür klopfte, dachte ich zuerst, es sei Elli.“ 
    „Da ist Dir wohl das Herz stehen geblieben, wie?“, neckte Gerlach ihn. Benthin gab nachdenklich zu:
    „Ehrlich gesagt - ja. Da war gar kein Gedanke mehr an das, was gewesen ist, sondern nur noch der Wunsch…“
    „Verschone mich bloß mit sentimentalen Details! Das ist ja nicht zum Aushalten! Du rasierst Dich jetzt und ziehst Dich vernünftig an, und dann gehen wir in den Klub zum Mittagessen! Zum Grübeln hast Du später noch genug Zeit - Du musst endlich mal wieder unter Leute.“ Gerlach erwies sich einmal mehr als wahrer Freund, indem er Benthin wenigstens ein wenig aufheitern und bewegen konnte, das Haus etwas häufiger zu verlassen. Benthin war weit davon entfernt, wieder der Alte zu sein - seine Sehnsucht nach ihr ließ nicht nach. Mit etwas besserer Nachtruhe, die er sich durch völlige Verausgabung beim Schwimmen im See erkämpfte und Gerlachs Unternehmungsgeist konnte er zumindest etwas souveräner mit der Situation umgehen.
     
    Und dann kam der Tag, an dem er Elli zufällig in der Stadt begegnete. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es dazu kommen würde, und doch traf ihn die Begegnung wie ein heftiger Schlag in die Magengrube. Er kam gerade mit Gerlach aus dem Klub, als er sie - außerhalb seiner Rufweite - auf der gegenüberliegenden Seite der belebten Straße sah. Sie schien es eilig zu haben, als sei sie zu spät dran. Da bog um die Straßenecke eine Pferdebahn und hielt an einer Haltestelle, an der dicht gedrängt wartende Menschen standen. Elli lief auf die Menge zu. Offenbar wollte sie ebenfalls mitfahren. Als die letzten Wartenden in die Bahn einstiegen, hatte sie die Haltestelle erreicht und sprang ebenfalls hinten auf. Sie bezahlte. Während der Schaffner nach Wechselgeld suchte, blickte sie für einen

Weitere Kostenlose Bücher