Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
Beweise deuten auf Art hin. Warum fällt es mir so schwer, laut seine Schuld zuzugeben?
»Das beweist nur, dass noch jemand in die Sache verwickelt ist«, sagt Lorcan. »Es beweist nicht, dass Art nicht darin verwickelt ist.«
»Richtig«, stimmt Bernard ihm zu.
»Ich weiß«, flüstere ich. Ich empfinde es als Demütigung, dies zuzugeben. Ein dumpfer Schmerz breitet sich in meiner Brust aus, und ich blicke nach unten. Lorcans Teppich verschwimmt zu meinen Füßen.
Lorcan streicht mir mit dem Daumen über die Wange – eine intime Geste, voller Besorgnis und Zuneigung. Etwas in mir regt sich – eine Mischung aus Verlangen und Erleichterung. Ich bin nicht allein.
Lorcan lässt die Hand fallen, und ich folge seinem Blick hin zu Bernard. Ich frage mich, was Bernard von uns denkt.
»Sie wollten doch Gen etwas erzählen«, nimmt Lorcan das Gespräch wieder auf. »Etwas, von dem Sie hoffen, dass Gen es erklären kann?«
»Ja.« Bernard schluckt nervös. »Ich habe mich gefragt, ob Sie wissen, was Ihr Mann macht, wenn er zu diesem kleinen Hotel fährt in der Nähe von … wo war das noch?« Er tastet in seiner Hosentasche herum.
»Ich weiß nichts von einem Hotel«, sage ich und presse die Fingerspitzen fest gegeneinander. Ich bin mir nicht sicher, wie viele Neuigkeiten ich noch verkraften kann.
Bernard fischt eine Visitenkarte aus der Hosentasche. Sie enthält ein Bild von einem Pub mit angeschlossenem Hotel, auf dem vorne »Wardingham Arms, Andover« steht.
»Es liegt in Hampshire. Ich bin Ihrem Mann vor zwei Tagen dorthin gefolgt. Er hat dort für den Nachmittag eingecheckt.«
»Und?« Lorcan furcht die Stirn. »Wusstest du, dass Art dort war?«, fragt er mich.
Ich rufe mir den Montag ins Gedächtnis. »Art hat gesagt, er sei den ganzen Tag bei einem Außentermin gewesen. Er kam kurz nach acht nach Hause.«
Bernard streicht sich mit einer fleischigen Hand über das blonde Haar. »Offensichtlich besucht Ihr Mann dieses Hotel regelmäßig. Dieses Mal kam er dort um 13 Uhr an«, berichtet er und sieht mich gespannt an. »Um 18 Uhr ist er wieder zurück nach London gefahren.«
»Das kommt hin«, sagt Lorcan. »Die Fahrt zurück nach London dauert etwa zwei Stunden.«
»Was also hat er in diesem Hotel getan?«, frage ich. »Vielleicht war es ein Geschäftstermin.«
»Dazu ist das nicht der geeignete Ort«, erklärt Bernard.
»Woher wissen Sie, dass er die ganze Zeit in seinem Zimmer geblieben ist?«, fügt Lorcan hinzu.
»Ich war den ganzen Nachmittag entweder im Foyer des Hotels oder im Restaurant. Und beide liegen nach vorne raus, sodass ich auch den Parkplatz im Auge behalten konnte. Das Hotel liegt mitten in der Walachei. Wenn Mr. Loxley irgendwohin gegangen wäre, hätte er den Wagen genommen, und das hätte ich gesehen.«
»Er hätte ein Taxi nehmen können«, wende ich ein.
»An dem Nachmittag sind keine Taxis von dort weggefahren«, sagt Bernard. »Sie führen Buch darüber, und ich habe sie unter irgendeinem Vorwand dazu gebracht nachzusehen. Aber ich bin mir sicher, dass ich es sowieso mitbekommen hätte, wenn Mr. Loxley das Gebäude verlassen hätte.«
»Vielleicht ist ja jemand zu ihm gekommen.« Ich werde rot bei dem Gedanken daran, was das, was ich gerade gesagt habe, bedeuten könnte. Normalerweise gibt es nur einen Grund, warum Männer heimlich Nachmittage in abgelegenen Hotelzimmern verbringen. Und doch: Art ist mir bestimmt nicht untreu, oder? Wenn er es wäre, würde ich es doch sicherlich wissen.
Bernard wird ebenfalls rot. »Es ist schon möglich, dass jemand zu ihm nach oben geschlüpft ist, während ich im Restaurant war, aber ich halte es für unwahrscheinlich. Es ist ein kleines Hotel, und in der Zeit, in der ich dort war, hat sonst niemand eingecheckt.«
Er steht auf, um zur Toilette zu gehen, und ich lehne mich auf Lorcans Sofa zurück. Ich kann mich nicht länger vor der Wahrheit drücken. Art war in einem Hotel statt in einem Meeting. Ich presse die Finger gegen die Stirn und schließe die Augen. Wie kann ich ihm jetzt noch vertrauen? Das hier erklärt so einiges … sein verdächtiges Verhalten: die Tatsache, dass jemand ihn zwölfmal an einem Tag angerufen und er es nicht einmal erwähnt hat; dass er alle Papiere, die mit Beth zu tun hatten, geschreddert und nach ihrer Geburt Geld an ein Kreditunternehmen gezahlt hat – was Art mir verschwiegen hat, wovon Hen aber aus irgendeinem Grund weiß. Es erklärt in der Tat alle Unterhaltungen mit Hen. Und das Schrecklichste: Es
Weitere Kostenlose Bücher