Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
Lebens aufsammle – oder ihn verlasse und neu anfange, allein oder mit Lorcan.
»Wie kann Art nur annehmen, dass ich weggehen werde?«, frage ich.
»Nach dem, was du erzählst, scheint er verzweifelt zu sein, so als würde er von etwas in die Enge getrieben.«
»Oder von jemandem.«
Ich schließe die Augen. Warum hat diese Frau, der Art unser Kind gegeben hat, so viel Macht über ihn? Was meinte er damit, als er sagte, es wäre eine Wiedergutmachung?
Lorcan und ich reden noch eine Weile. Ich habe keine Ahnung, was wir als Nächstes tun sollen. Ein Teil von mir möchte in dieses Haus einbrechen und Ed mitnehmen. Jetzt. Sofort.
Und doch weiß ich, dass das nicht richtig wäre. Wenn wir versuchen, Ed mit Gewalt aus diesem Haus wegzuholen, werden wir ihm unweigerlich Angst einjagen. Und wenn nur die Hälfte dessen, wovor Art mich gewarnt hat, der Wahrheit entspricht, werde ich dadurch mich selbst – und Ed und Lorcan – in große Gefahr bringen.
»Wir könnten einfach die 999 wählen«, schlägt Lorcan vor. »Du könntest einfach den Fund von Bernard O’Donnells Leiche melden … der Polizei erzählen, was Art dir gesagt hat …«
»Dann wird die Polizei sich über die Garage hermachen, und Art wird wissen, dass ich dort gewesen bin. Er wird Ed wegbringen, und sie wird dafür sorgen, ›dass man sich um mich kümmert‹, bevor ich eine Aussage machen kann.«
Ich schaue die Straße hinab, zu Arts Haus hinüber. Ihrem Haus.
»Wer zum Teufel ist sie, Lorcan?«
Er schüttelt den Kopf. »Hat Bernard erzählt, wie sie aussieht?«
»Er hat gesagt, sie sei schlank und blond. Das klingt nach Charlotte West, aber Art hat abgestritten, dass sie was mit der Sache zu tun hat.«
»Natürlich hat er das abgestritten«, meint Lorcan.
Ich hole tief Luft. »Okay«, sage ich. »Du hast recht, es ist Zeit, zur Polizei zu gehen. Wir müssen ihr alles erzählen, und wir müssen sicherstellen, dass Art glaubt, ich sei vernünftig und würde tun, worum er mich gebeten hat.«
»Wie sollen wir denn beides zugleich hinkriegen?«, fragt Lorcan.
Als Antwort greife ich nach meinem Handy und scrolle zu Arts Handynummer. Beim ersten Klingeln geht er ran.
»Gen, alles in Ordnung mit dir?« Er flüstert. Ich bin mir plötzlich sicher, dass er wieder mit ihr zusammen ist. Ich lausche angestrengt, um den Klang ihrer Stimme zu hören, doch es gibt überhaupt keine Hintergrundgeräusche, so als spreche Art in einem Vakuum. Dann höre ich, wie sich in der Ferne eine Tür schließt.
Wut packt mich. Eine Faust in meinen Eingeweiden.
»Ich möchte dich noch mal treffen, Art«, sage ich und versuche, sanft zu klingen. Ich schiele zu Lorcan hinüber. Er runzelt die Stirn. »Komm in dieses Pub an der Straße … das Dog & Duck. Lass uns uns dort treffen und die Sache besprechen. Ich werde nicht wieder nach ihr fragen. Es ist nur … es ist nur, dass ich das Ganze nicht verstehe, Art. Ich weiß, dass du möchtest, dass ich weggehe, aber ich kann nicht gehen, ohne es besser zu verstehen.«
Eine lange Pause.
»Okay«, sagt Art endlich. »Ich bin in zehn Minuten da.«
»Sagen wir fünfzehn«, erwidere ich. »Ich brauche Zeit, um von Lorcan wegzukommen. Er soll nicht wissen, dass ich dich treffe.«
Die nächste lange Pause. »Okay«, willigt Art schließlich ein. »Aber beeil dich.«
Wir beenden das Gespräch, und ich wende mich Lorcan zu. Draußen überzieht sich der Himmel wieder mit Wolken. Das Tageslicht wird schwächer.
»Das ist eine verdammt schlechte Idee.« Lorcan klingt skeptisch. »Du kannst nicht …«
»Ich habe nicht vor, ihn zu treffen. Ich wollte nur sicherstellen, dass er denkt, es gäbe eine Chance, dass ich verschwinde … Ich will nicht, dass er in Panik gerät und … dass man Ed wegbringt.«
Lorcan sieht zum Haus hinüber. »Er denkt also, du tust, was er dir gesagt hat, während wir in Wirklichkeit zur Polizei gehen? Was willst du Art sagen, wenn er anruft und fragt, wo du bleibst?«
»Das wird er nicht«, sage ich. »Weil wir die Polizei dazu bringen werden, mit mir zu kommen. Und sie werden ihn festnehmen und zum Reden bringen, bevor er die Chance hat, noch einmal mit mir zu sprechen.«
»Gut«, sagt Lorcan. »Dann sollten wir uns beeilen.« Er lässt den Motor aufheulen.
Es fällt mir schwer, von dem Haus wegzufahren, in dem sich mein Sohn befindet, doch ich muss darauf vertrauen, dass die Polizei mir helfen wird. Die Fahrt zur nächstgelegenen Polizeistation dauert nur etwa zehn Minuten, doch als wir dort
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