Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
hast ihn geschickt, um mich zu überfallen?«
Morgan nickt. »Jared war der Fahrer meines Vaters. Nach Daddys Tod hat Mutter ihn behalten. Er kennt mich, seit ich ein kleines Mädchen war. Er würde alles für mich tun.«
Ich blicke wieder zu dem Riesen. Seine Augen sind dunkel und hart und auf Morgans Gesicht gerichtet. Ich habe keinen Zweifel, dass sie die Wahrheit über seine Loyalität erzählt.
»Warum wolltest du den Memorystick mit dem Überwachungsband haben?«, frage ich.
»Weil es Art belastet«, sagt Morgan leise. »Nachdem Rodriguez mir erzählt hat, dass du den Stick gestohlen hattest, musste ich ihn zurückhaben, um Art zu schützen.«
»Art schützen?« Ich schüttle den Kopf. »Ich verstehe rein gar nichts, Morgan. Art ist dein Bruder . Was hast du mit unserem … unserem Baby zu tun?«
Morgan klopft mit ihren eleganten Füßen leicht auf den Boden. Sie scheint etwas zu überlegen.
»Ich wollte es dir eigentlich ersparen, Geniver«, beginnt sie. »Aber offen gesagt bin ich im Moment so wütend auf dich, dass es mir egal ist.«
»Mir was ersparen?«
Morgan deutet auf die Tür. »Hier lang«, sagt sie. »Ich werde es dir zeigen.«
Ich sehe mich nach Lorcan um. Er schaukelt noch wilder auf seinem Stuhl hin und her, will eindeutig nicht, dass ich gehe. Aber ich habe keine andere Wahl. Selbst wenn Morgan nicht bewaffnet ist, Jared hat die Pistole.
Außerdem will ich Antworten haben.
Ich gehe in die Küche und vorbei an Jared. Morgan zieht ihre Mütze aus, nimmt die blonde Perücke ab und legt beides auf die Anrichte. Sie führt mich durch die Küche, in den Gang hinaus und in ein Wohnzimmer. Es ist ein großer Raum mit denselben Möbeln aus Birnbaumholz wie fast überall im Rest des Hauses. In einer Ecke steht ein Großbildfernseher gegenüber einer Ledercouch, zu beiden Seiten der Couch ein eleganter Sessel. Dieser Raum sieht bewohnter aus als die übrigen Zimmer. Auf dem Couchtisch sind Bücher und Zeitschriften verteilt, und auf dem Fußboden vor dem Fernseher liegt ein Stapel Kinder- DVDs .
Morgan durchquert das Zimmer, schiebt die DVDs zur Seite und öffnet den Schrank unter dem Fernseher. Sie zieht eine Diskette aus ihrer Manteltasche und legt sie in den Player. Dann tritt sie zurück.
»Das ist eine Kopie«, sagt sie. »Das Original wurde auf Video aufgenommen.«
»Das Original von was ?«
»Du wirst schon sehen.« Sie wendet sich dem Bildschirm zu. »Jetzt wirst du erfahren, wer dein Ehemann wirklich ist, Geniver.«
Als der Bildschirm zum Leben erwacht, habe ich den Eindruck, dass Morgan in ihrem Element ist. Dass sie entgegen ihrer Aussage darauf brennt, mir zu zeigen, was auf dieser Diskette ist. Ein Bild erscheint. Es ist körnig … in Farbe, aber von schlechter Qualität … eine Aufnahme von einem Schlafzimmer, einem Mädchenschlafzimmer mit weißen Spitzenvorhängen um das Bett und einer Reihe von Puppen auf dem rosa gestrichenen Regal darüber. Die Nachttischlampe strahlt ein warmes rosafarbenes Licht aus.
»Was ist das?«
»Mein Schlafzimmer zu Hause in Edinburgh. Ich war vom College nach Hause gekommen – in den Osterferien. Ich war fast zwanzig.«
Mit wild klopfendem Herzen starre ich auf den Bildschirm. Was zum Teufel werde ich gleich sehen?
Eine sehr junge Morgan füllt den Bildschirm, geht rückwärts auf das Bett zu. Sie ist schlank und gebräunt und sieht in ihrem Minirock und dem rosafarbenen Top mit den schmalen Trägern einfach fantastisch aus. Sie strahlt eine Weichheit aus, die ich in all den Jahren, die ich sie kenne, noch nie an ihr gesehen habe. Sie lächelt jemandem zu, den die Kamera noch nicht eingefangen hat, und streicht sich das dunkle Haar – das länger ist als jetzt – von der Schulter.
Sie setzt sich aufs Bett und streckt die Hände aus. Art kommt ins Bild. Er trägt Jeans und ein T-Shirt und sieht unglaublich jung aus. Ich runzle die Stirn, versuche, daraus schlau zu werden. Wenn Morgan damals fast zwanzig war, dann muss Art achtzehn gewesen sein. Er gesellt sich zu ihr aufs Bett, sodass beide seitlich zur Kamera sitzen. Keiner von beiden schaut in die Kamera. Ich bin mir sicher, dass Art keine Ahnung hat, dass sie existiert. Der Gedanke, gefilmt zu werden, wäre ihm zuwider. Er streckt die Hände aus und zieht Morgan an sich. Sie küssen sich.
Ich muss würgen und schaue weg.
»Was ist das?«, frage ich. »Warum zeigst du …?«
»Sieh hin!«
Widerstrebend richte ich den Blick wieder auf den Bildschirm. Art zieht Morgans Top hoch,
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