Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
oder?«
»Es ist die Wahrheit. Wir täten alle gut daran, das in Erinnerung zu behalten und nicht zu erwarten, dass jemand anderer unser Herz in seinen Händen hält.«
Seine Worte schnüren mir die Kehle zu. »Ich war nicht reizend, Dad, wirklich nicht. Ich bin ein ganz schrecklicher, pflichtvergessener Ballast als Tochter. Aber ich werde das ändern.«
»Natürlich würden wir dich gern öfter sehen, aber ändern brauchst du dich nicht.« Als er innehält, denkt er vermutlich an Mum und mich. »Natürlich wäre es ganz schön, wenn sich einige Dinge ändern würden.«
»Das werden sie, das werden sie«, sage ich emphatisch.
»Okay, Püppchen«, sagt er, ohne die Sache zu vertiefen. »Du wirst wie ein Maestro kochen und setzt dich dann in den ersten Zug Richtung Norden. Wir erwarten dich mit Spannung.«
»Danke, Dad«, sage ich und drücke meine vor Kälte steifen Finger fester ums Telefon. »Wir sehen uns.«
Ich hatte immer vorgehabt, in der Nacht vor dem Wettbewerb zu Hause zu schlafen – ich bin entschlossen, mich nicht einfach davonzustehlen und Milly das Gefühl zu geben, dass mir Sex wichtiger ist als meine Freunde –, und zu meiner Überraschung erhebt Oscar keine Einwände. Vielleicht braucht auch er seinen Freiraum, Zeit, um seine Wunden zu lecken und über Zeiten nachzudenken, als wir beide uns noch nicht kannten. In mir wirbelt alles herum wie ein Kaleidoskop: sein schmerzverzerrtes Gesicht, als Lydia wegging, bevor ihn die kalte Wut packte; jenes Mal, wo er mich bei ihrem Namen genannt hatte. Sollte doch noch ein Gefühl zurückgeblieben sein, wird ihr Abgang ihn dann aufrütteln, sodass er es unmöglich länger leugnen kann? Jetzt kommt mir meine Überzeugung, in ihm wie in einem Buch lesen zu können, naiv vor. Man kann unmöglich wissen, was in einem Menschen genau vorgeht.
Natürlich verschlafe ich, aber Milly ist bereits im Badezimmer und lauscht dem Today Programme , während sie sich einseift.
»Was macht der Dow Jones?«, frage ich, als sie nass herausgetapst kommt.
»Keine Frotzeleien!«, sagt sie. »Ich setze Kaffee auf.«
Sie macht noch mehr als das, bereitet mir mehrere Scheiben Toast vor und streicht auch noch Marmelade darauf, als wäre ich Paddington Bear.
»Du brauchst heute deine ganze Kraft«, sagt sie. »Der große Tag. O, ich wollte es dir schon immer sagen, Marsha hat mir eine E-Mail geschrieben und mich eingeladen.«
»Tatsächlich!?«, staune ich. »Ich meine, im Ernst?«, füge ich hinzu und versuche den Schock aus meiner Stimme rauszuhalten.
»Ich weiß, mich hat es auch überrascht. Wie hat sie sich gleich noch mal ausgedrückt?«, sagt Milly und klickt sich unbeholfen durch ihr noch ganz neues BlackBerry. »›Da du jetzt Teil der Ghusto-Familie und ein großer Teil von Ambers Freundesfamilie bist, hielt ich es für nachlässig, dich nicht auf meine Liste gesetzt zu haben.‹« Mit schief gehaltenem Kopf liest Milly es noch mal. »Es ist ja lieb von ihr, aber warum klingt es bei ihr immer, als würde sie eine Aktennotiz schreiben?«
»So tickt sie eben. Aber es freut mich, dass du kommst.« Und ich finde es auch toll, solange sie nicht damit anfängt, mir mitten im Wettbewerb Notizen zu überreichen, wie ihrer Meinung nach das Restaurant geführt werden sollte. »Und du bist nicht der einzige Überraschungsgast.« Milly will es nicht glauben, als ich ihr erzähle, dass Oscar großmütig genug ist, Dom in sein Reich zu lassen.
»Muss ich mir Sorgen machen?«, frage ich, weil meine Paranoia wieder voll zuschlägt. »Was denkst du, liegt ihm vielleicht doch nicht genug an mir?«
»Ich glaube nicht, dass es das ist«, meint Milly. »Er weiß einfach, dass die Show weitergehen muss, deshalb ist er auch so brillant.« Sie bekommt einen ganz verklärten Blick, als sie über seine Brillanz nachdenkt, und es ist nur allzu offensichtlich, wie sehr sie sich in ihn verknallt hat. Komischerweise macht mir das nicht wirklich was aus: Sie wird ihre Gefühle genauso wenig in die Tat umsetzen wie bei ihrer Obsession für Cary Grant (und der ist mausetot).
»Dir gefällt sein Tatendrang, nicht wahr?«, ergänzt sie.
»J-ja«, sage ich und bin mir mehr denn je bewusst, dass dies ein sehr komplizierter Segen sein kann.
»Aber dennoch, zwei von ihnen unter einem Dach …«
»Nicht doch«, sage ich und schlucke den Bodensatz meines Kaffees hinunter. »Was habe ich nur getan?«
»Du bist eine Heilige, Amber Price. Ein Habit würde dir sehr gut zu Gesicht stehen.«
»Den
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