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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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Vielleicht nicht am selben Ort, aber dreckige Stiefel hat er allemal.
    »Können wir uns sehen?«, sage ich, meine Stimme ist nur noch ein Flüstern. Das Potenzial für weiteren Kummer ist groß, aber ich muss den Sprung wagen.
    »Lapaine?«, schlägt er vor. »In einer Stunde?« Und mir wird leicht ums Herz.
    Das Komische ist, dass ich mich nicht hübsch mache, dass ich die Jeans anlasse, die Mum gern zu Oxfam geschickt hätte. Ich trage ein wenig Lippenstift auf, bürste mein Haar, dass ich nicht allzu verwahrlost aussehe, richte mich aber nicht her. Es ist mir ein Bedürfnis, dies so schlicht wie möglich zu halten, ohne Raffinesse. Das Lapaine ist eine kleine Oase französischer Lebensart im tiefsten Archway. Man vergisst dort die Autos, die qualmend durch den Kreisverkehr fahren, und bemerkt das traurige Bataillon der Saufbrüder nicht, das sich um den Spirituosenladen schart, und wähnt sich in der tiefsten Provence. Ich habe diesen Ort vermisst. Ich begrüße Dom mit einem Kuss auf die Wange und spüre seine Wärme, wenn auch nur für ein oder zwei Sekunden.
    »Du siehst hübsch aus«, sagt er lächelnd. Er macht einen nervösen, zappeligen Eindruck.
    »Bist du dir sicher, dass ich nicht aussehe wie er?«, sage ich und deute verstohlen auf einen Obdachlosen, der mit seinen Zähnen die Aufreißlasche einer Dose Thunderbird zu öffnen versucht.
    »Nein, er hat viel bessere Zähne.«
    »Sie sehen sehr dauerhaft aus.«
    »Und sind vielfältig einsetzbar.«
    Wir sehen einander eine Minute lang an.
    »Tut mir leid, dass ich mir mit den Papieren so lange Zeit gelassen habe.«
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, sage ich. Was ich eigentlich sagen möchte, ist, dass mir ein Stein vom Herzen fällt. Ich schnappe unwillkürlich nach Luft. »Ich habe das Gefühl, wieder atmen zu können.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich habe immer mit dem endgültigen Aus unserer Ehe gerechnet.« Dabei sehe ich ihn an in der Hoffnung, dass meine Augen genug verraten und ich mich ihm nicht vor die Füße werfen muss.
    »Aber du hast doch jetzt Oscar, ihr seid ein richtiges Paar. Als ich sah, wie freundlich du zu ihm warst, hat mich das schließlich dazu bewogen, diese elenden Dinger wegzuschicken. Du gehörst nun zu ihm und nicht mehr zu mir.« Sein Gesicht zeigt die gleiche Traurigkeit, die auch Oscar zeigte, als Lydia ging, und ich muss zugeben, dass ich mich darüber freue.
    »Ich bin … ich bin nicht freundlich gewesen. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn liebe, obwohl ich noch nicht dazu bereit war, jemanden zu lieben. Ich war einsam und geblendet und außer Kontrolle. Ich hätte mir eine Katze zulegen sollen und keinen Freund.«
    »Die bringen dich aber zum Niesen«, sagt Dom und lächelt dabei.
    »War es das, was du mir im Marquess hattest sagen wollen? Dass du sie noch nicht abgeschickt hast?«
    »Ja, aber du hast mir gleich den Kopf abgerissen!«
    »Ich dachte … nun ja, du weißt schon, was ich dachte. Warum hast du mir keine SMS geschickt?«
    »Ich dachte, ich könnte im Ghusto mit dir reden, aber da sah ich dich mit Oscar. Welches Recht hatte ich? Schließlich hatte ich dein Leben schon einmal durcheinandergebracht.«
    Ich riskiere es, nach seiner Hand zu greifen, die vertrauten Kanten und Kurven und Schwielen nachzuziehen. Es ist, als säßen wir eine Ewigkeit so da. Dann erzähle ich ihm von meiner Fahrt nach Hause, und er hört sich alles geduldig an, selbst meinen Triumph beim Boggle. Trotz drohender Armut empfinde ich es als große Erleichterung, mich nicht beeilen zu müssen, nicht das Gefühl zu haben, alles, was ich sagen möchte, in die winzige Zeitspanne zwischen zwei Schichten pressen zu müssen.
    »Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, ein zwielichtiger Hellseher aus dem Fernsehen zu sein …«
    »Du wirst doch wohl nicht Derek Acorah schlagen wollen«, sage ich.
    »Ich könnte Derek nie schlagen, aber du siehst aus, als wäre was von dir abgefallen. Du siehst jünger aus.«
    Ich fühle mich auch leichter, das stimmt. Es ist, als hätte das Raster, durch das ich die Welt sah, sich geändert, als hätte ich eine große dunkle Brille abgesetzt und sähe endlich die Sonne. Kein Wunder, dass die Starlets in den Fünfzigern sich der Reihe nach aufgehängt haben.
    »Danke schön!«, sage ich albern und kätzchenhaft. Bin ich blöd? Es mag ihm hart vorgekommen sein, die Papiere wegzuschicken, aber er hat es schließlich getan. Und er hat noch immer vor, in weniger als vierzehn Tagen zu einem entlegenen Sumpf

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