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Selbstmord der Engel

Selbstmord der Engel

Titel: Selbstmord der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hatten.
    Von oben her fiel ein Schatten auf Carlotta nieder. Die Engel schauten hoch, in den grauen Gesichtern zuckte es, und Carlotta wusste Bescheid, wer da gekommen war. Belial würde sich seine große Stunde nicht nehmen lassen.
    Sie hörte ihn lachen. Dieses böse Geräusch widerte sie an. Trotzdem blickte das Vogelmädchen in die Höhe.
    Der Engel der Lügen hockte auf dem Dach in der Nähe des Rands. Er schaute von dort nach unten und hatte sein Maul zu einem breiten Grinsen verzogen. Zu sprechen brauchte er nicht. Carlotta sah in seinen Augen, dass sie verloren hatte. In dieser Welt besaß sie keine Chance, nicht die geringste, und deshalb dachte sie auch nicht mehr an Widerstand. Eine unendliche Traurigkeit überkam sie. Es ging nicht direkt um ihr Ableben, um das endgültige Verschwinden aus dem Kosmos, es ging ihr viel mehr darum, dass sie nicht in der Lage sein würde, ihre Ziehmutter Maxine zu sehen. Das war vorbei. Wen der Lügen-Engel einmal in seinen Klauen hatte, den würde er nicht mehr loslassen.
    Zunächst musste er sie haben. Er rollte sich noch ein Stück der Dachkante entgegen und streckte einen Arm nach unten. Auch die Finger hielt er gestreckt. Deren zuckende Bewegungen machten den Engeln klar, was er wollte.
    Seine Helfer verstanden.
    Ihre Hände lösten sich von Carlotta’s Flügeln, und doch war das Vogelmädchen nicht in der Lage, sie zu bewegen, denn die anderen stürzten sich auf sie. Sie hielten sie fest und stemmten sie in die Höhe.
    Belial hockte griffbereit am Dachrand. Er lachte wieder. Er freute sich. Er sabberte vor sich hin, und Carlotta war nicht in der Lage, etwas zu verstehen.
    Er nahm sie an sich wie ein Vater seine Tochter.
    Der Geruch ekelte sie an. Er war undefinierbar, und auch was beim Sprechen aus seinem Mund drang, ließ Widerwillen in ihr hochsteigen. Sie schüttelte den Kopf, was Belial falsch verstand.
    »Ob du es nun willst oder nicht«, flüsterte er, »du wirst bei mir bleiben. Ich habe dich ausgesucht, und wir werden schon ein besonderes Paar bilden.«
    »Nein, du gehörst in die Hölle!«
    »Das bestimmst nicht du!«
    Er hatte Recht, und Carlotta wusste nicht, was sie machen sollte. Seine Augen leuchteten. »Junges Blut«, flüsterte er, »junges Blut für einen alten Engel. So muss das sein. So habe ich es mir immer vorgestellt. Engel und Mensch, nicht schlecht, und du wirst die Schönheiten meines Reiches erleben. Wir werden uns wunderbar verstehen...«
    »Lüge!«
    Belial stutzte. »Ich lüge nie!«
    »Doch, du lügst!«
    »Ich kann nicht lügen. Mich haben die Menschen schon vor langer, langer Zeit verehrt. Und auch du wirst mich verehren, das kannst du mir glauben.«
    Carlotta sah ein, dass es keinen Sinn hatte, dagegen sprechen zu wollen. Sie machte sich nur steif, doch das brachte ihr nichts ein, denn Belial war stärker.
    Diesmal breitete er seine Flügel aus. Schnell, fast hektisch, und Carlotta spürte den Windzug, der ihr Gesicht streifte. Sie duckte sich noch, aber Belial machte mit ihr, was er wollte.
    Er flog in die Höhe, und eine Hand krallte sich dabei in den Nacken des Vogelmädchens. Carlotta war seine Beute. Er ließ sie an einem Arm hängen, und so schaukelte sie wie ein lebendiges Pendel, als er mit ihr los flog...
    ***
    Zugleich wirbelten auch die anderen Engel in die Höhe. Das sah ich zwar, aber es interessierte mich nicht. Für mich zählte einzig und allein Carlotta, die zu einer Beute des Lügen-Engels geworden war und wehrlos in seinem Griff hing.
    Ich hatte viele grausame Szenen und Bilder erlebt.
    Auch weitaus schlimmere als dieses hier, aber das Bild ging mir unter die Haut, weil ich einfach mit der Hilflosigkeit konfrontiert wurde, die Carlotta überfallen hatte. Sie konnte sich nicht gegen dieses verdammte Monstrum wehren. Sie hing dort wie ein toter Gegenstand, und ich dachte daran, aus welch einer Lage wir sie gerettet hatten. Damals war sie einer menschlichen Bestie in die Hände gefallen, diesem Professor Elax. Danach hatte sie Glück gehabt, und jeder wünschte ihr ein langes Dasein bei Maxine Wells.
    Alles wies darauf hin, als sollte dies schon nach kurzer Zeit beendet werden.
    Meine Hand zuckte zur Waffe. Noch auf dem Weg dahin zog ich sie wieder zurück. Es hatte keinen Sinn, auf Belial zu schießen. Durch die anderen Engel herrschte eine zu große Unruhe, und ich hätte auch zu leicht Carlotta treffen können.
    Er war mit ihr in die Höhe geflogen, aber noch nicht weiter. Er schwebte über den Dächern wie jemand,

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