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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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knackte Nüsse, zermahlte sie zwischen seinen gelblichen Zähnen und blickte angestrengt aus dem Fenster auf den Friedhof. Was wollte er, und warum war er zu ihr in die Küche gekommen?
    Als das Schweigen kaum noch auszuhalten war, raschelte er ein wenig, setzte sich sehr gerade hin und stellte mit strenger Stimme klar: »So eine Seligsprechung geht nicht von heut auf morgen.«
    Martha nickte. »Ich weiß, meinen ersten Brief hab ich ja auch schon vor fünf Monaten an den Herrn Bischof geschrieben. Das ist wirklich eine lange Zeit.« Mit gesenktem Haupt schälte sie weiter ihre Kartoffeln und wartete demütig auf seine nächsten Worte.
    Ägidius Alberti nickte bestätigend und legte sein Notizbuch auf den Küchentisch. »Verstehen Sie, bevor wir überhaupt über eine Seligsprechung nachdenken können, müssen wir uns mit dem Seligsprechungsprozess befassen. Und um den einzuleiten bin ich hier. Aber das wissen Sie ja schon.«
    Sie staunte. Drei ganze Sätze hintereinander.
    »Um es kurz zu machen, ich bin hier, um die Lebensführung dieser Agnes zu überprüfen und um zumindest eines ihrer Wunder zu beglaubigen. Der Film, den Sie mir gestern gezeigt haben, hat mich sehr beeindruckt – aber ich fürchte, er wird nicht in dem Maße anerkannt werden, wie wir beide uns das erhoffen. Wir wissen ja, dass Bilder, also auch Filmbilder, heutzutage manipuliert werden können.«
    Martha hielt im Kartoffelschälen inne, sah ihn lange an und schüttelte ungläubig den Kopf. »Wollen Sie etwa damit sagen, dass ich was mit dem Film gemacht haben könnte? Ich weiß gar nicht, wie so was geht. Glauben Sie mir, das von der Agnes hat alles gestimmt. Der Film ist ja auch schon sehr alt. Hochwürden Krafthueber hat damals extra jemanden aus Straubing kommen lassen, um das Hostienwunder der Agnes zu dokumentieren.«
    »Es waren noch keine Hostien, es handelte sich lediglich um noch ungeweihte Oblaten, wenn ich die Aufnahmen richtig interpretiere«, berichtigte Ägidius Alberti sie beiläufig und mit betont sanfter Stimme.
    »Die Agnes hat ein Wunder gewirkt«, beharrte Martha und legte ihr Kartoffelschälmesser zur Seite.
    »Kann schon sein«, gab er ihr recht, »aber Fälschungen sind möglich. Kommen wir als Nächstes zur Quelle: Hier bräuchte ich naturgemäß jemanden, dem gleich mehrere Ärzte Gicht, schweres Rheuma oder chronische Arthritis attestieren. Und unter Aufsicht genau dieser Ärzte müsste er sich dann zur Quelle begeben, um dort geheilt zu werden. Am besten direkt an Ort und Stelle. Anschließend muss dieser Heilungsprozess medizinisch beglaubigt werden. Bevorzugt mit einem Arztprotokoll. Wenn das möglich wäre, dann hätten wir’s.«
    Martha hob den Kopf und sagte kleinlaut: »Verstehe.«
    »Dann ist ja gut.« Er nickte und blätterte weiter in seinen Notizen. »Kirchenrechtlich gesehen darf ein Prozess zur Seligsprechung einer Person frühestens fünf Jahre nach deren Tod eröffnet werden.«
    »Jede Regel hat ihre Ausnahmen«, warf sie furchtlos ein. »Dann muss der Papst bei meiner Agnes eben mal spontan handeln.«
    »Der Papst muss gar nichts«, korrigierte er sie und blickte streng.
    Sie schluckte.
    »Allerdings kann der Papst unter Umständen von dieser Regel abweichen, was er in jüngster Zeit auch schon gemacht hat, ich erwähne nur Mutter Teresa und Johannes Paul II. Seiner Seligsprechung steht nichts mehr im Wege.« Die Stimme des Bruders Ägidius Alberti hatte einen triumphierenden Unterton, als er hinzufügte: »Aber hier gab es ja auch nachweisbare Wunder.«
    »Bei meiner Agnes ebenso!« In Martha erwachte der Kampfgeist. »Und außerdem: Vor Gott sind alle gleich, der schaut nicht auf Stand und Vermögen. So hab ich es gelernt, und das Gleiche sagt mein Bruder.«
    Der Abgesandte des Bischofs wippte ungeduldig auf seinem Stuhl und sah gierig auf den geputzten Rosenkohl. Sie nahm es wahr und verschwieg ihm mit Absicht den heutigen Speiseplan.
    »Dann besorgen Sie uns einen gichtkranken Probanden, damit wir die Sache vorantreiben können. Das ist mein Vorschlag.«
    Er erhob sich und verließ die Küche.
    Meinrad zog den schwarzen Parka an, stülpte sich eine dunkle Wollmütze über das glatte, braune Haar und griff nach der Hundeleine.
    »Komm, Joschi, wir gehen spazieren. Schlimmer als hier kann es woanders auch nicht sein.«
    Der Beagle sprang an ihm hoch.
    Meinrad Hiendlmayr wurde bewusst, dass er fast zwei Tage lang nicht mehr an der Luft gewesen war. Wenn der Hund raus wollte, hatte er ihm schweigend

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