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Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Streifenwagen lalüte sich den Åkerbergvein hinunter, gefolgt von einem Auto.
    »Viel zu tun bei diesem Wetter«, erklärte Hanne. »Wo arbeiten Sie noch gleich?«
    »Bei der Ausländerbehörde.«
    »Und was machen Sie da?«
    »Ich bin Sachbearbeiter. Normaler Sachbearbeiter.«
    »Aha. Und was macht ein normaler Sachbearbeiter?«
    »Fälle bearbeiten.«
    Der Mann wollte offenbar nicht frech sein, denn nach einer kleinen Pause fügte er rasch hinzu: »Ich bekomme die Anträge auf Aufenthaltsgenehmigung, mit denen die Polizei fertig ist. Wir sind die erste Entscheidungsinstanz.«
    »Asylfälle?
    »Die auch. Familienzusammenführung. Aufenthalt zum Studium. Ich habe nur Fälle aus Asien.«
    »Mögen Sie Ihre Arbeit?«
    »Ob ich sie mag?«
    »Ja, finden Sie sie angenehm?«
    »Was heißt schon angenehm.« Er überlegte. »Es ist wohl ein Job wie alle anderen. Ich habe letztes Jahr mein Examen als Jurist gemacht. Und man kann sich die Stellen nicht immer aussuchen. Der Job ist schon okay.«
    »Es macht Ihnen also nichts aus, all die armen Teufel aus dem Land zu werfen?«
    Jetzt wirkte er ehrlich überrascht. Von der Polizei hatte er diese Frage wohl am allerwenigsten erwartet.
    »Na ja, ausmachen«, murmelte er. »Schließlich entscheidet das Parlament. Wir führen nur deren Befehle aus. Und es werden ja nicht alle hinausgeworfen.«
    »Aber doch die meisten, nicht wahr?«
    »Ja, das ist wohl so.«
    »Und wie denken Sie so über Ausländer?«
    »Ehrlich gesagt«, setzte er an und machte Anstalten, sich zu erheben, »ich möchte jetzt wirklich erst mal erfahren, worum es hier geht.«
    Hanne und Billy T. tauschten einen Blick, und Billy T. nickte leicht. Das konnte sogar Iversen sehen.
    »Wir mühen uns derzeit mit einem ziemlich ernsten Fall ab«, erzählte Hanne Wilhelmsen. »Mit den Samstagsmassakern. Sie haben vielleicht darüber gelesen?«
    Das hatte er. Er nickte und fing wieder an, sich zu kratzen.
    »In jeder Blutlache haben wir eine Nummer gefunden. Eine FK -Nummer. Am Sonntag haben wir eine Leiche entdeckt. Von einer Frau, die vermutlich aus Asien stammte. Und wissen Sie was?« Sie klang fast begeistert, als sie zwei Bögen aus dem vor ihr liegenden Stapel zog. »Zwei dieser FK -Nummern stammen aus Ihrem Ressort!«
    Der Mann wurde wieder unruhig, und diesmal hatte das vielleicht auch eine Bedeutung.
    »Bei uns haben nicht sehr viele mit Asien zu tun«, sagte er eilig. »Also ist das wohl kein Wunder.«
    »Na gut.«
    »Ich meine, wenn Sie wüßten, wie viele Fälle wir pro Jahr bearbeiten. Jeder von uns hat Hunderte. Vielleicht sogar Tausende«, fügte er rasch hinzu, vermutlich in dem Versuch, sein Argument zu untermauern.
    »Ja, wenn Sie so große Erfahrung haben, können Sie mir vielleicht helfen. Wie gehen Sie diese Sachen eigentlich an? Ich meine, so rein bürotechnisch. Haben Sie alles im Computer?«
    »Ja, alles. Aber wir haben auch Ordner. Mit Papieren, meine ich. Verhöre und Briefe und so.«
    »Und darin sammeln Sie alle Informationen über alle Asylbewerber?«
    »Ja. Jedenfalls alles, was wir wissen müssen.«
    »Zum Beispiel, mit wem die Leute zusammen gekommen sind, ihre Familienverhältnisse, ob sie hier Bekannte haben, warum sie ausgerechnet nach Norwegen wollten, so was alles. Steht das auch in Ihren Ordnern?«
    Der Mann schien zu zögern und nachzudenken.
    »Ja. Das steht alles in den Verhörprotokollen.«
    Das wußte Hanne Wilhelmsen sehr gut. Sie hatte soeben eine Stunde damit zugebracht, die Verhöre der vier Frauen durchzulesen.
    »Kommen viele ganz allein?«
    »Einige. Andere bringen ihre Familie mit. Manche haben auch schon Verwandte hier.«
    »Einige von ihnen verschwinden, habe ich gehört?«
    »Verschwinden?«
    »Ja, sie verschwinden aus dem System, ohne daß irgend jemand weiß, wo sie geblieben sind.«
    »Ach so meinen Sie das … ja, das kommt vor.«
    »Was machen Sie denn in solchen Fällen?«
    »Nichts.«
    Jetzt erhob Billy T. seinen riesigen Körper von der Fensterbank. Sein Hintern war kalt, weil er zwanzig Minuten lang auf der klapprigen Klimaanlage gesessen hatte. Langsam ging er um Hanne Wilhelmsen herum, stützte sich mit den Armen auf ein Bücherregal aus Stahl und musterte den Zeugen.
    »Jetzt kommen wir mal zur Sache, Iversen«, sagte er. »Was machen Sie denn so am Wochenende?«
    Der Mann gab keine Antwort und kratzte sich noch ärger als zuvor.
    »Schluß damit«, befahl Hanne Wilhelmsen irritiert.
    Cato Iversen war der Verzweiflung ziemlich nahe, was ihm jedoch nicht

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