Septemberblut
eigenen Armbrust. Er hatte beides erfolgreich entfernen können.
Steven war schrecklich bleich und sein Oberkörper weiß wie ein Laken. Die Eintrittsstelle des Pflocks klaffte tief, die Haut darum war schwärzlich verfärbt.
Ich spürte, wie Curtis Magie heraufbeschwor und mit einer Leichtigkeit bündelte, dass es mir den Atem raubte. Von seiner Meisterschaft war ich noch Jahrhunderte entfernt.
Robert reichte seinem Herrn ein kleines, schlichtes Skalpell. Curtis schnitt sich in den Daumenballen, trat an den Tisch und ließ etwas von seinem mächtigen Blut in die Wunde tropfen.
Als öffnete sich die Schleuse eines Staudamms, stürzte die Magie in den jungen Körper. Stevens Leib zitterte wie von heftigen Schlägen. Curtis rief seine Seele zurück, und sie kam, sie kam! Stevens Körper wurde wieder weich. Tränen rannen aus seinen geschlossenen Augen.
Liliana Mereley hielt seinen Kopf umfasst, erleichterte ihm die Schmerzen und wirkte wie eine Statue. Eine blasse keltische Gottheit, die Haut geziert mit blauen Linien und heiligen Mustern. Das lange schwarze Haar hing ihr bis über die Hüften.
Ich hatte genug gesehen. Steven würde durchkommen. Die Vampire halfen ihm, alle. Manche freiwillig, andere, weil Curtis es verlangte, doch sie halfen.
Erleichtert kehrte ich zurück in meinen Körper.
Wohlig gewärmt von Amber und der Nähe des Kaminfeuers, schlief auch ich ein, mit dem guten Gefühl, sicher und behütet zu sein.
Kapitel 25
Es war früh am Morgen, als jemand an die Tür klopfte. Ich schrak auf.
Auch Amber war mit einem Schlag wach. Ich erhob mich steifbeinig, hinkte zur Tür und schloss auf. Es waren Robert und ein anderer Diener. Sie trugen einen wunderschönen Sarg herein, den ich nie zuvor gesehen hatte. Er war schwarz lackiert, bemalt mit Efeuranken und blassen Nachtblumen aus Perlmutt.
»Curtis hat gesagt, dass du den Tag hier verbringen darfst«, erklärte Robert.
»Das ehrt mich«, entgegnete ich.
Amber war auf dem Sofa sitzen geblieben, verschränkte fröstelnd die Arme und beobachtete die Szene. Ich ließ den Sarg neben Curtis’ steinernem abstellen.
Der andere Diener verließ die Kammer, aber Robert blieb und hob den Deckel. »Es ist eine Spezialanfertigung, aber das ahnst du sicher.«
Neugierig besah ich mein neues Quartier für den Tag. Die Innenseite war mit Seide ausgeschlagen und rot wie ein aufgerissener Rachen. Es gab auch seidene Kissen und Decken. Ich fuhr mit der Hand über den feinen Stoff.
Draußen verblasste die Nacht mit jeder Minute ein wenig mehr, ich konnte es spüren. Bald wurde es Zeit.
Ich richtete mich auf und sah in Ambers Gesicht. Sie wusste nicht, was sie denken sollte, das konnte ich ihr ansehen.
»Komm, Julius, ich zeige dir, was es damit auf sich hat.« Robert bückte sich neben den Sarg. »Eisenverstärkt, in den Wänden sind schwere Bolzen, du kannst ihn von innen verriegeln.« Er wies auf eine unauffällige Mechanik, die sich hinter den Polstern verbarg.
»Danke«,entgegnete ich knapp. Es war mir schrecklich unangenehm, vor Amber über die Vorzüge von Särgen zu sprechen wie sterbliche Männer über Wasserbetten oder Sportwagen.
»Du musst jetzt gehen, Mädchen«, sagte Robert dann. »Ich schließe die Tür ab, bis Curtis kommt.«
»Lass sie noch hierbleiben. Sie bringt die Schlüssel hoch, wenn sie geht.«
Robert nickte. Er wandte sich an Amber. »Wenn du hochkommst, rufe im Entree nach mir. Öffne keine Türen.«
Sie nickte und gähnte hinter vorgehaltener Hand.
Robert verließ uns, und ich setzte mich wieder neben meine Geliebte auf das Sofa. Eine halbe Stunde blieb uns noch.
»Wer oder was genau ist dieser Robert eigentlich?«
Ich zog Amber in meine Arme. »Robert ist ein netter Kerl, der Oberste der Diener«, begann ich. »Während des Tages hat er im Lafayette das Sagen. Er ist menschliches Auge und Ohr des Clanherren und eine Art Vater für die anderen Sterblichen. Später, wenn wir Abschied genommen haben, wird er dir Küche und Bad zeigen.«
»Ist er schon lange Curtis’ Diener?«
»Seit über siebzig Jahren, ja.«
»Er hat also alle fünf Siegel? Und hat er es je bereut?«
»Das weiß ich nicht, das musst du ihn fragen.«
»Und was bin ich jetzt für dich, Julius? Eine Dienerin?«
»Ich weiß, dass dir das Wort nicht gefällt. Du bist meine Freundin, meine Geliebte, ein Teil von mir.«
Ambers Blick blieb an den Särgen haften. Sie schien wie hypnotisiert von dem lackschwarzen Sarg. »Müsst ihr denn unbedingt in diesen
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