Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)
stieg eine schmale Dienstbotentreppe hinunter, die zum Versorgungstrakt im Keller führte. Die Decke war so niedrig, dass ich mich ducken musste. Ich ging unter dem großen Saal und den Staatsgemächern hindurch, vorbei an Lagerräumen, Dienstbotenquartieren und dem verriegelten düsteren Eingang zum Hauptturm.
Ich kam zu einer Wäscherei, aus der heißer Dampf drang, aber es war offenkundig die falsche, denn von Prinzessin Glisselda war weit und breit nichts zu sehen. Ich befragte eine Wäscherin, die mich weiter den Korridor entlang schickte, dorthin, wo er besonders dunkel war.
Der Gang führte zu dem riesigen Heizkessel, von dem aus das Bad der Königin erwärmt wurde. Drei grimmig dreinschauende Männer schaufelten Kohle in das aufgerissene Kesselmaul, was in mir unangenehme Erinnerungen an Imlann weckte.
Die Männer glotzten anzüglich, stützten sich auf ihre Schaufeln und grinsten mich aus ihren zahnlosen Mündern an.
Ich blieb stehen, der Gestank der Kohle reizte meine Nase. Hatte ich die Wäscherin richtig verstanden? Niemand würde Kleider anziehen wollen, die so nahe beim Kohlenfeuer gewaschen wurden.
Ich überlegte, ob ich die Heizer nach dem Weg fragen sollte, aber in ihren Gesichtern lag etwas Unheilvolles. Stumm sah ich ihnen beim Schaufeln zu, ich konnte mich nicht von dem Anblick losreißen. Sogar aus dieser Entfernung brachte die Hitze mein Gesicht zum Glühen. Die Umrisse der Männer wirkten in dem teuflischen Widerschein wie schwarze, ausgefranste Löcher. Beißender Qualm erfüllte den Raum, meine Augen tränten und meine Lunge stach.
Hier war es wie im Inferno; ich sah die Qualen, die auf jene Seelen warteten, die das Licht des Himmels scheuten. Und doch dachten die meisten Menschen, ewige Qualen auszustehen, sei immer noch besser, als gar keine Seele zu haben. Ich fragte mich, wieso.
Ich wandte dem Abbild der Hölle den Rücken zu und wollte gehen, als eine dunkle, gehörnte Gestalt mir den Weg versperrte.
Fünfundzwanzig
Z u meiner großen Verwunderung stand ich ausgerechnet Lady Corongi gegenüber. Ich hatte die beiden Spitzen ihrer Flügelhaube mit Hörnern verwechselt.
»Bist du das, Maid Dombegh?«, fragte sie und kniff die Augen zusammen, als wäre das Licht zu grell für sie. »Du scheinst dich verlaufen zu haben, armes Ding.«
Ich lachte erleichtert auf und machte einen Knicks, zögerte jedoch zuzugeben, dass ich mich hier unten mit der Prinzessin treffen sollte. »Ich war gerade auf dem Weg, um Glisselda Musikunterricht zu geben.«
»Da hast du aber einen ungewöhnlichen Weg gewählt.« Sie warf einen Blick auf die schmutzigen Höhlenbewohner hinter mir und rümpfte angewidert die gepuderte Nase. »Komm mit, ich werde dir den Rückweg zeigen.« Sie streckte den linken Ellbogen vor wie einen Hühnerflügel. Ich nahm an, ich sollte ihren Arm nehmen.
»So«, sagte sie, als wir gemeinsam den engen Korridor entlanggingen. »Es ist schon länger her, seit wir uns unterhalten haben.«
»Ähm, ja«, erwiderte ich vage.
Sie lächelte freudlos hinter ihrem Schleier. »Wie ich höre, ist aus dir seitdem eine tapfere Abenteurerin geworden. Du scherzt mit Rittern, reizt Drachen, küsst den Verlobten der zweiten Thronfolgerin.«
Mich überlief es eiskalt. Worauf wollte sie hinaus? Hatte Viridius das gemeint, als er sagte, Gerüchte entwickelten ein Eigenleben, bis man sich ihrer nicht mehr erwehren konnte? »Mylady«, entgegnete ich unsicher, »jemand muss Euch Lügen über mich erzählt haben.«
Ihre Hand auf meinem Arm hielt mich jetzt wie eine Klaue umfangen. »Du glaubst, du wüsstest viel«, sagte sie mit falscher Freundlichkeit. »Aber man hat dich überlistet, Kleine. Weißt du, was Sankt Ogdo über die Überheblichkeit sagt? Sie ist mit Blindheit geschlagen und ihre Klugheit ist in Wahrheit Narretei. Seid geduldig, auch die hellsten Flammen verlöschen irgendwann von selbst. «
»Da hat er von Drachen gesprochen«, sagte ich. »Was habe ich getan, dass Ihr mich für überheblich haltet? Ist es, weil ich Euren Erziehungsstil kritisiert habe?«
»Dem Aufrechten wird alles offenbar werden«, sagte sie und zog mich hinter sich her. Wir wandten uns nach Westen und kamen in eine Wäscherei.
Die zweite Wäscherei.
Die Kessel waren alle umgestülpt und die Wäscherinnen essen gegangen, aber die Feuer loderten immer noch. Bettdecken hingen von Gestellen an der Decke herab, ihre Säume streiften den Fußboden, sie wehten wie Kleider in einem Geistertanz. Bizarre Schatten huschten
Weitere Kostenlose Bücher