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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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sagte: »Kanada.« Die anderen schlossen sich an. Bei ihnen klang es, als wäre es die neutrale Schweiz. Fantasialand. Aber es war bestenfalls ein Aufschub.
    Die Straße schien ins Nirgendwo zu führen. Die Bäume standen da wie stumme Wächter. Es gab keine Zuflucht in Kanada und auch nirgendwo sonst. Sie würden uns finden.
    Bring Kim nach Kanada. Kehre allein zu Naturetech zurück.
    Es gibt Zeiten, da muss die Realität das Bewusstsein erst einholen. Wenn man die Grenzen überschreitet, die einen mit der Welt verbinden. Der Rand des Himmels verfärbte sich feuerrot. Die Schwärze der Nacht verblasste. In der Morgendämmerung passierten wir ein paar kleine Ortschaften. Einige Pick-ups waren schon unterwegs. Außerhalb von Isaacville begann mein Herz zu rasen, als ein Streifenwagen sich hinter einer Scheune hervorschob. Ein einzelner Trooper saß am Steuer. Entweder hatte er auf Geschwindigkeitssünder gewartet, ein Schläfchen gehalten oder Kaffee getrunken.
    Der Wagen schwenkte hinter uns ein.
    Fünf Minuten später ließ er sich zurückfallen. Wahrscheinlich hatte der Trooper unser Nummernschild überprüft und alles in Ordnung befunden.
    Eisner und ich blickten uns an. Vielleicht wussten unsere Verfolger nichts von dem Ford. Oder folgen uns heimlich. Sie wollen keine Publicity. Sie wollen nicht einmal jemanden verhaften.
    Auf der I-95 reihten wir uns in den Strom der frühen Pendler und Lastwagen Richtung Washington ein. Wir kamen an der Ausfahrt Quantico vorbei, wo ich die FBI-Akademie besucht hatte. Der Verkehr wurde dichter. Wir krochen mit der anonymen Masse dahin, vorbei an Vorstädten voll schlafender Menschen, die keine Ahnung hatten, dass die Regierung mit Hilfe einer Droge gestürzt worden war. Sie hätten es wahrscheinlich auch gar nicht geglaubt. Lärmschutzwälle säumten die Straße wie Scheuklappen. Ich war erschöpft, ließ meine Freunde aber schlafen. Im Radio hörte ich, dass eine spezielle Antiterroreinheit der Armee eine Bombenwerkstatt in einem Landhaus in Virginia gestürmt hatte. Dabei waren die »Bomben« explodiert und hatten das Haus und die Terroristen vernichtet.
    Die Kaltfront hatte Washington nicht erreicht. Hier war es plötzlich warm. Meine Freunde dösten weiter, bis ich um zehn Uhr morgens zu müde zum Weiterfahren war und einen Rastplatz nördlich von Baltimore ansteuerte. Fahrerwechsel. Automatenkaffee. Ich würde auf dem Rücksitz ein wenig schlafen.
    Gabrielle stieg aus und reckte die Glieder. Hoot verschwand zur Toilette. Danny schüttelte sich, massierte seine Hüfte und beugte sich zu Kim, um sie wach zu rütteln.
    »Kim?«
    Ihr Kopf rollte nach links. Jetzt, da sie nicht mehr Gabrielle als Stütze hatte, glitt sie tiefer in den Sitz.
    »Kim?« Danny klang alarmiert. Das kannte ich nicht an ihm.
    Auf dem Rastplatz standen nur ein halbes Dutzend Fahrzeuge, da es hier weder eine Tankstelle noch warmes Essen gab. Die Leute gingen zur Toilette und bedienten sich an den Automaten, als wenn nichts geschehen wäre, während Danny im Ford versuchte, Kim wiederzubeleben. Voller Entsetzen stieß ich ihn beiseite. Sie war kalt und reglos, und ihre Lippen waren schon lange blau angelaufen.
    Innerlich schrie ich nur: Wach auf!
    Ich prüfte mit dem Finger, ob ihre Atemwege frei waren, erinnerte mich daran, wie sie sich im Tunnel den Kopf angeschlagen hatte, an ihren benommenen Ausdruck danach und wie sie sich nach Hoots Geständnis einfach in den Schnee hatte fallen lassen.
    Und ich fuhr einfach weiter, während sie weniger als einen Meter entfernt das Bewusstsein verlor.
    Es zerriss mich innerlich. Es musste doch einen Weg geben, sie zu retten, wieder ins Leben zu rufen. Wir mussten sie ins Krankenhaus bringen. Nur weil sie ohnmächtig war, nur weil Danny keinen Atem spüren konnte, hieß das noch lange nicht …
    »Kein Krankenhaus«, sagte Eisner.
    Ich griff nach dem Zündschlüssel, doch Eisner und Danny entwanden ihn mir. Ich rang mit ihnen in unserer abgelegenen Ecke des Rastplatzes. Sie überwältigten mich. Der Ford schützte uns vor neugierigen Blicken. Als ich meinen Widerstand aufgab, prüfte Eisner Kims Körpertemperatur und sagte mir, dass sie schon seit Stunden tot sein musste.
    »Weißt du, Mike, wenn es auch nur die geringste Chance gäbe …«, sagte Danny.
    Aber das Blut begann bereits, in ihre Beine abzusacken, das war offensichtlich, als wir ihr die Hose auszogen. Unterhalb der Gürtellinie war alles blau. Kalt wie Marmor.
    »Sie ist im Schlaf gestorben«, meinte

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