Sevenheart (1) - Gefährliche Zeiten (German Edition)
war es, den ich nachts in meinem Zimmer gehört hatte. Vielleicht spielte mein Verstand nicht mehr mit, vielleicht verwirrte er mich zu sehr. Ich wusste es nicht. Doch ich verdrängte den Gedanken daran und sah ihn mir noch einmal an.
Er hatte einen bodenlangen, schwarzen Umhang über den breiten Schultern hängen, unter welchem er eine schwarze, eng anliegende Lederhose trug. Seine rechte Hand versteckte er unter einem schwarzen Fingerhandschuh, der bis zum Ellebogen ging. Keine normale Erscheinung für einen Typen aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert.
„Anscheinend glaubst du, mich ziemlich gut zu kennen“, bemerkte ich mit unerwartetem Mut.
„Nicht dich, sondern Clodagh“
„Ach ja?“
Ich rappelte mich auf. Meine Hand glitt unauffällig zu meinem Shirt. Nur, zu Vergewisserung, dass das Messer von Seth noch da war. Langsam bekam ich wirklich Angst.
„Sie wird dich sowieso umbringen“
Der Ernst, mit dem er das sagte, erschreckte mich. Für einen winzigen Moment, begann ich tatsächlich, seinen Sätzen Glauben zu schenken.
Clodagh wird mich nicht umbringen. Ich vertraue ihr.
„Das ist absurd“
Für mich war das Gespräch beendet. Mit einem flinken Schritt versuchte ich, an ihm vorbeizukommen. Er packte mich am Handgelenk. Ich schnappte erschrocken nach Luft. Seine Berührung ließ mich zusammenzucken, sein Griff war fest. Er tat mir weh.
„Lass mich los!“
Meine Gedanken überschlugen sich. Ich musste weg von hier.
Neben der Koppel, gut fünf Meter von uns entfernt, stand meine Putzkiste. Da er schätzungsweise um einiges stärker als ich war, schien mir die Magie als einzige Hoffnung.
Mit einem gewaltigen Ruck flog die Kiste von hinten auf ihn zu. Als ich mich blitzschnell duckte, drehte er sich um und ließ mich los.
Diese Gelegenheit nutzte ich und rannte um mein Leben.
Ich rannte den Schotterweg entlang, die Kieselsteine knirschten unter meinen Sohlen. Die Stille des Waldes ließ mich jeden seiner Schritte, jeden seiner geschmeidigen Atemzüge hören.
Er bewegte sich mit einer Leichtigkeit und Anmut durchs Unterholz, die ich noch nie bei einem Menschen gesehen hatte.
Das Adrenalin strömte wie ein willkommener Aufschub von Energie durch meine Adern und ließ mich meine Geschwindigkeit beschleunigen.
Ich rannte zu der Koppel, auf der ich Seth vermutete. Versehentlich streifte ich einen Ast mit dem Arm und merkte erschrocken, dass er sich wie eine Hand um meinen Arm schlang. Ich versuchte, ihn wegzuzerren oder abzubrechen, doch es ging nicht. In dem Moment hatte ich keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, seit wann Äste zupacken konnten. Mein Verfolger lief auf mich zu. Die zunehmende Dunkelheit schien ihn zu verschlingen, eins mit ihm zu werden. Das einzige, was noch gut von ihm zu sehen war, waren ein graues Tuch, seine milchweiße Haut und die Augen. Diese verfluchten Augen.
Noch einmal zerrte ich an dem Ast. Er wurde nicht lockerer. Ich zog das Messer aus meinem Shirt, schnitt den Ast ab und rannte in letzter Sekunde wieder los. Er kam mir näher. Ich beschleunigte mit meiner letzten Kraft.
„SETH!“, schrie ich.
Er musste mich einfach hören. Ich dachte nicht daran, dass es schon dunkel war. Wie immer würden sie jetzt im Haus sein.
Schließlich drehte ich mich zu dem Dämon um.
„Bleib da, wo du bist“, warnte ich ihn aus ein paar Meter Sicherheitsabstand.
„Sonst was, kleine Hexe?“
Ich sah mich schnell nach einer Fluchtmöglichkeit um, denn auch ein Zauber würde mir nicht viel bringen. Meine Kräfte waren noch nicht gut genug entwickelt. Ich war noch nicht breit dazu.
Mit beschränktem Urteilungsvermögen wählte ich die mir akzeptabel erscheinende Ersatzlösung. Im Messerwerfen war ich zwar immer noch nicht besonders gut, aber das interessierte mich wenig.
Ich zog mein Messer heraus und warf es auf ihn zu. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich niemanden umbringen konnte. Es war lediglich die einzige Methode, um mich vor diesem Mann zu verteidigen. Ich wollte, dass er mich vom Leib blieb.
Doch mein Messer flog mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zu, streifte seinen langen Umhang und blieb in einem Baum stecken. Dem starren Blick meines Verfolgers wich Verwirrung, als er die Waffe ansah. Sie flog durch einen Aufrufezauber in meine Hand.
Ich warf dem jungen Mann einen flüchtigen Blick zu und verschwand im Wald. Die Bäume würden mir bessere Möglichkeiten geben, ihn abzuhängen.
Nach ein paar Minuten hatte ich ihn aus den Augen verloren. Panisch
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