Sex and Crime auf Königsthronen
der Mord an einer Königin Hochverrat sei. Um alle Zweifel daran zu zerstreuen, ob er seine Geliebte tatsächlich zu seiner Ehefrau gemacht hat, kommt es zu einer makabren Wiedererweckung der Toten.
Nach der Bestrafung ihrer Mörder soll er Inés’ sterbliche Überreste aus einem Kloster in eine Kathedrale nahe des gemeinsamen Landhauses überführt und in einem gespenstisch anmutenden Akt nachträglich inthronisiert haben. Inés’ Körper, so heißt es, sei wieder mit dem Kopf verbunden worden, um als zusammengenähte und verdrahtete Leiche, in Staatsrobe gekleidet und gekrönt zu werden.
Pedros gesamter Hof, der den Meuchelmord an der Konkubine mitverfolgt hat, muss der Toten huldigen und die verweste Hand küssen. Die schauerliche Übung verfolgt wieder einmal auch einen politischen Zweck. Inés und Pedros Bastardkinder müssen als offizielle Thronerben, sprich Infanten, anerkannt werden.
Dass es sich bei der Liaison von Pedro und Inés wohl tatsächlich um eine große, tragische Liebe gehandelt hat, beweisen die Anweisungen für die Bestattung, die der König für seine Geliebte und sich gibt. Er lässt zwei Prunksärge in der Klosterkirche von Alcobaca errichten und im Querschiff so aufstellen, dass er und Inés einander am Tag des Jüngsten Gerichts bei ihrer Auferstehung sofort in die Augen blicken können. Noch heute stehen die Sarkophage in entsprechender Position.
Bei dem zerfallenen Landhaus, dem Liebesnest des Paares, findet sich noch der Brunnen, vor dem Inés ihr Leben verlor. Er heißt heute »Quelle der Tränen« und ist ein romantischer Treffpunkt für Paare, die einander ewige Liebe schwören wollen. Frisch verheiratete Brautleute aus der Umgebung treten am Tag ihrer Hochzeit vor die Sarkophage von König und Konkubine, um ihr Treueversprechen zu wiederholen. Da kann man nur hoffen, dass die Schwiegerväter der Bräute nichts dagegen einzuwenden und keinen Thron zu vererben haben.
Eine unsterblich schöne Leiche
Auch Frankreich kann bereits im ausgehenden Mittelalter mit einer berühmten, berüchtigten und verleumdeten Konkubine aufwarten.
Agnès Sorel (1422–1450) bezaubert mit 15 Jahren den vierzigjährigen König Charles VII. (1403–1461). Der Teenager gilt als schönste Frau seines Reiches. »Dame de Beauté« (»Herrin der Schönheit«) ist einer der ersten Titel und zugleich der Name einer Provinz, die der König der Geliebten schenkt. Wir können uns von Agnès dank eines Porträts aus dem Jahr 1449 ein Bild machen. Da ist sie ungefähr 25. Ihr Antlitz schmückt – ausgerechnet – ein Altarbild.
Im 15. Jahrhundert wird es üblich, Heilige mit den Gesichtern royaler und reicher Stifter zu versehen. König Charles lässt seine Agnès auf einem zweiteiligen Altarschmuck gar als Jungfrau Maria abbilden, samt Krone und Hermelinmantel. Diese Art der Verherrlichung ist eigentlich nur keuschen, verheirateten Königinnen vorbehalten.
Das Gesicht der Maria/Konkubine ist tatsächlich engelsgleich schön, die Haare sind weizenblond, die Augen tiefblau. Verstörend wirken auf heutige Betrachter Agnès’ modisch rasierte Augenbrauen und der ausrasierte Haaransatz. Das damalige Schönheitsideal hat etwas leicht Punkiges, ist aber gängig.
Skandalös für Agnès’ fromme politische Feinde bei Hof ist die völlig entblößte linke Brust. Prall wie ein Apfel entspringt sie dem gelösten Mieder der Madonna. Das auf Agnès’ Schoß thronende Jesuskind zeigt daran nur wenig Interesse und hat den Blick geradeaus gerichtet.
Anders der Ritter Etienne Chevalier, einer ihrer Gönner, der auf der anderen Seite des Doppelbildes in demütiger Verehrung kniet und begeistert hinschaut. So freizügig, und das auch noch in einem religiösen Kontext, ist die Schönheit und Erotik einer Konkubine nie zuvor zur Schau gestellt worden.
Und freizügig zeigt sich König Charles VII. auch in der finanziellen Ausstattung seiner Herzdame. Er überschüttet Agnès, die aus niederem Adel stammt, mit Gunstbeweisen und Geschenken. »Sie trug längere Schleppen, prachtvollere Aufmachungen, teurere Kleider als je eine Frau in diesem Königreich«, heißt es in zeitnahen Chroniken. Und: »Sie besaß Gemächer, besser ausgestattet als die der Königin.«
Agnès erweckt Neid, weil sie »die besten Wandteppiche, die besten, schönsten Bettverkleidungen, die beste Küche« besitzt. Auch sonst ist alles nur vom Feinsten.
Der Gipfel des Skandals ist jedoch, dass Agnès Sorel nach eigenem Gutdünken ein großes Gefolge auf
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