Sex and Crime auf Königsthronen
Juliane Marie von Braunschweig-Wolfenbüttel, ab 1752 weiterhin der ehelichen Pflicht nachkommen muss. Ein Jahr nachdem er seinem vierjährigen Stammhalter Christian eine Stiefmutter beschert hat, beschert der König ihm noch einen Halbbruder.
Bereits früh zeichnet sich ab, dass Königin Juliane Marie ihren leiblichen Sohn lieber auf dem Thron sähe als Christian, der als überempfindlich und reizbar gilt.
Was damit zu tun haben könnte, dass seine Stiefmama das Regiment über seine Kinderstube mit dem energischen Rauswurf seiner Ammen begonnen hat, um später einen Prinzenerzieher zu engagieren, der in der Geschichte der schwarzen Pädagogik einen Ehrenplatz verdient.
Graf von Reventlow erzieht den als empfindsam geschilderten Christian mit sadistischen Prügelexzessen und sperrt ihn oft stundenlang und unter Todesdrohungen in eine dunkle Kammer ein. Hinter Reventlows Erziehung durch Grausamkeit dürfte ein didaktisches Programm gesteckt haben. Lernziel: »Spinner, Zimperlinge und Sensibelchen kann man auf dem Thron nicht gebrauchen.«
Sattsam bekannt ist, dass auch der spätere Preußenkönig Friedrich der II. (1712–1786) – genannt der Große – von seinem Vater systematisch durchgeprügelt wurde. Es galt, dem Juniorprinzen Flausen wie Flötenspiel, Gedichtlektüre oder das Liebäugeln mit der Aufklärungsphilosophie aus dem Kopf zu schlagen.
Höhepunkt der väterlichen Strafübungen war die Hinrichtung des Leutnants Hans Hermann von Katte vor den Augen des 18-jährigen Kronprinzen im November 1730. Thronfolger Friedrich hatte mit dem Musen- und Jugendfreund die Flucht nach Frankreich geplant, um dort ein kulturell geprägtes Leben zu führen, statt über Kasernenhöfe zu marschieren und zu gebieten.
Auch vom dänischen Christian heißt es, er sei als Knabe durchaus intelligent und wissbegierig gewesen. In unterrichts- und prügelfreien Stunden neigt der Prinz nach seinem zehnten Lebensjahr jedoch zu den oben schon erwähnten sonderbaren Streichen und Stimmungsschwankungen. Er krabbelt unter die königliche Tafel, um Hofdamen in die Waden zu beißen, zerschlägt Gläser und Mobiliar und schlägt sich gelegentlich den Kopf blutig, um hernach in düstere Stimmung und in körperliche Erstarrung zu verfallen. Weitere Prügelstrafen sind die Folge.
Einige Minister plädieren zugunsten des Kronprinzen beim König für andere Erziehungsmethoden, doch dem Papa Frederik V. fehlt der Antrieb, sich mit den Prinzendepressionen zu befassen. Er hat selber welche. Der Mittdreißiger zieht sich bevorzugt in Jagdschlösser zurück, überlässt das Regieren seinem fähigen Großmarschall Adam Gottlob von Moltke und widmet sich einer tödlichen Trinkerkarriere.
Im Vollrausch tritt der Monarch gelegentlich um sich, ohrfeigt selbst den treuen Adam Gottlob, schreibt in nüchternen Momenten reuige Entschuldigungsbriefe. Bei anderen Trinkgelagen verschenkt er das eine oder andere königliche Schloss an seinen Großmarschall oder an seine Saufkumpane. Was gelegentlich nur unter Mühen rückgängig gemacht werden kann.
Der Kronprinz und Halbwaise Christian wächst also mit einem väterlichen Vorbild und in einem Erziehungsklima heran, das Jugendämter heute als bedenklich einstufen würden.
Womit sein königlicher Papa Frederik sich den Beinamen »der Gute« verdient hat, ist unklar. Volksnähe wird zu seinen Talenten gerechnet, was an seinen Hobbys gelegen haben könnte.
Hauptsächlich verdankt er seinen guten Ruf wohl der weisen Entscheidung, die Staatsgeschäfte seinem »Gottlob« Moltke zu überlassen. Regieren kann Christian sich beim Papa also kaum abschauen, was ganz im Sinne der Hofkamarilla zu sein scheint. Es regiert sich recht flüssig, wenn ein absolutistischer König nur dem Namen nach die Geschäfte führt.
Großmarschall Moltke verhilft dem verarmten Dänemark mit der Gründung von Pulver- und Kanonenfabriken zu einem kurzfristigen Wirtschaftsaufschwung. Die anziehende Konjunktur kommt bürgerlichen Schichten zugute, verführt allerdings bei Hof zu Verschwendungsorgien und geht an den leibeigenen Bauern und Stadtarmen spurlos vorbei. Die besitzlose Klasse – an dieser Stelle ist Revolutionsvokabular angebracht – muss teuer für importiertes Brot bezahlen, weil der Landadel sein Korn lieber steuerfrei und mit hohem Gewinn ins Ausland exportiert.
Am Ende von Papa Frederiks Regentschaft sind die Taschen des Adels voll, die Staatskasse ist wieder leer und Dänemark mit 26 Millionen Talern verschuldet. Der
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