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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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Kämmen. Ihre Vorbilder sind große heilige Frauen, die auf diese Weise über Jahrhunderte hinweg der verderbten Welt entsagt haben.
    Königin Maria I. ist sichtlich unfähig, ihren Hof, dem sich 15.000 Personen angehörig fühlen, zu beherrschen. Geschweige denn ein Land. 1807 muss Maria, die nur noch dem Namen nach Königin ist, samt Sohn und blaublütigem Anhang vor Napoleons Truppen nach Brasilien fliehen. Ein adliger Massenexodus.
    Ein Enkel zerrt die entmündigte Monarchin zu einer Kutsche, dieweil Maria – in Verkennung der Lage – schreit: »Nicht so schnell, sonst glauben die Leute noch, wir fliehen!«
    Immerhin wird sie 1815 noch offiziell zur Königin von Brasilien erklärt, wovon die 81-Jährige nichts mehr mitbekommen haben soll. Der fast tausendjährigen Monarchie Portugals verbleiben nach Maria noch knapp hundert wechselvolle Lebensjahre.

Spanien
    In Spanien geht von 1788 bis 1808 König Karl IV. lieber seiner Jagdleidenschaft nach als Regierungsgeschäften, die er seiner Frau und deren Geliebtem überlässt. Karl IV. gilt als geistig langsam und extrem manipulierbar. Seinen älteren Bruder Philipp hat man erst gar nicht auf den Thron vorgelassen, weil er als völlig unzurechnungsfähig gilt. Die Monarchie ist in Iberien eindeutig im Abstiegskampf begriffen. 1873 rufen die Cortes – das adlig-bürgerliche Ständeparlament – erstmals die Republik aus.

Österreich
    In Wien macht sich ab 1793 der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Franz II. aus dem Haus Habsburg, ernste Sorgen wegen seines Stammhalters. Ferdinand, geboren im Jahr 1793, leidet an ererbter Epilepsie und an einem Hydrocephalus (»Wasserkopf«). Das Baby mit dem extrem vergrößerten Kopf ist ein weiteres Opfer der über Jahrhunderte üblichen Habsburger Verwandtschaftsehen. Ferdinand wird vier Jahre in Wechselschicht von Ammen gestillt und ungewöhnlich lange neun Jahre seinen Kindermädchen überlassen. Er lernt spät gehen und sprechen; über ein Jahr dauert es, bis ein Erzieher dem Neunjährigen antrainiert hat, ein Glas zu halten.
    Noch als Teenager soll es zu seinen liebsten Vergnügungen gezählt haben, sich in einen Papierkorb zu zwängen und darin durch die Säle der Wiener Hofburg zu kugeln. Immerhin: Derlei Belustigungen sind kein Verbrechen und eine allemal sinnvollere Beschäftigung, als Kriege vom Zaun zu brechen. Und: Schwachsinnig ist Ferdinand nicht. Nur, einen geborenen Herrscher nennt ihn nicht mal der eigene Vater. Immerhin soll der kränkliche, klein geratene Knabe einmal einen gewaltigen Titel erben:
    Der Vater, Seine Kaiserlich-königliche Apostolische Majestät, Ferdinand I., von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, König von Ungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs, König von Dalmatien, Kroatien und so weiter. Jerusalem und verschiedene Herzog-, Grafen und Markgrafentitel kommen auch noch vor.
    Der genetisch schwer benachteiligte Kronprinz bemüht sich ab 1835, Titel und Amt gerecht zu werden. Seines sanftmütigen Auftretens wegen geht er als Kaiser Ferdinand der Gütige in die Geschichte ein. Wiens Volk – bekannt für seine Freude an Schwänken und am Schmäh – kennt ihn allerdings als »Gütinand den Fertigen« und amüsiert sich königlich über gut erfundene Anekdoten wie die folgende:
    Bei einem Jagdausflug wird ein Kaiseradler vom Himmel geschossen, woraufhin Ferdinand sich wundert, dass der Greifvogel nur einen Kopf besitzt, er kenne dieses Tier mit zweien. Aus dem Wappen der Habsburger.
    Politisch gehaltvolle Bemerkungen oder Anregungen von Ferdinand sind tatsächlich nicht überliefert, dafür soll der sonst so Schweigsame bei einem Staatsbankett das Essen kritisiert und empört befohlen haben: »Ich bin der Kaiser, ich will Knödel.«
    Als 1848 die bürgerliche Märzrevolution ausbricht und vor der Wiener Hofburg Schüsse ertönen, soll Kaiser Ferdinand seinen Minister Fürst Metternich gefragt haben: »Was mach’n denn all die viel’n Leut da? Di san so laut.« Metternichs Antwort: »Die machen Revolution, Majestät.« Woraufhin Ferdinand verwundert das große Haupt schüttelt: »Ja, dürfen’s das denn?«
    Am 2. Dezember 1848 dankt Ferdinand zugunsten seines Neffen Franz Josef I., dem berühmten Sisi-Gatten, ab. Nur sechzig Jahre später, nach dem ersten Weltkrieg, ist es mit der Donaumonarchie genau wie mit dem zweiten Deutschen Kaiserreich unter Wilhelm II. vorbei.
    Ferdinand den Gütigen trifft daran nicht die geringste Schuld, und vielleicht wäre

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