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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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Festen, Polit-Galas und Audienzen keinen Vortritt vor der York-Mutter haben soll.
    Selbst hinter ihrer Schwiegertochter, der eigentlichen Königin Englands, bleibt sie allerhöchstens einen halben Schritt zurück, und einen Hofknicks spart sie sich ganz. Außerdem schnappt sie Elisabeth das erste Kind – Söhnchen Arthur – gleichsam vor der Nase weg. Die ehrgeizige Großmutter kassiert den Thronerben unmittelbar nach der Geburt ein und stürzt sich auf seine Erziehung. Rumpelstilzchen hätte viel lernen können von der gnomengroßen Tudor-Oma.
    Der fünf Jahre später geborene Heinrich ist in ihren Augen dagegen unwichtig. Einen Beweis für Lady Beauforts anfängliches Desinteresse am Zweitgeborenen entdeckten Historiker in ihrem kostbaren Gebetbuch. Im angehängten Kalendarium notiert Margarete die Geburts-, Hochzeits- und Sterbedaten der Tudors. Bei Baby Henrys Ankunft unterläuft ihr ein Flüchtigkeitsfehler; sie korrigiert die falsche Jahreszahl erst viel später.
    Omas anfängliches Desinteresse ist Heinrichs Gewinn. In seiner Kinderstube ist er bis zu seinem elften Lebensjahr unumschränkter König unter lauter Schwestern, Wiegenschauklerinnen, Ammen und Hofdamen. Der Prinz wird verwöhnt und verhätschelt. Er lernt weibliche Aufmerksamkeit kennen und schätzen und darf Kontrolle ausüben über alles, was einen Rock anhat. Wofür er nichts als Liebe und Bewunderung erntet – außer von machtlüsternen Damen wie Oma Beaufort.
    Hingebungsvolle Hofdamen, vornehmlich weibliches Personal und Mama Elisabeth prägen also Jung Heinrichs kindlichen Frauengeschmack. Gottes- und Gattenfürchtige und – das ist ungewöhnlich in dieser Zeit – liebende Ehefrauen werden sein lebenslanger Traum. Da Liebe aber bekanntlich blind macht, wird er in der Realität manchmal zum exakten Gegenmodell des Typs Oma Beaufort greifen, er wird auf raffinierte Luder hereinfallen und diese dummerweise heiraten. Nun, das kriegen wir später.
    Noch ist Heinrich ein properer Steppke und sein Weiberhof genau wie Mama Elisabeth ein Lichtstrahl seiner frühen Kindheit. Die ist ansonsten überschattet von den Nachwirkungen der Rosenkriege.
    Sechs Jahre nach den letzten Kampfhandlungen ist in seiner Familie das Bewusstsein noch hellwach, dass Throne ein wackliges Sitzmöbel sind und dass Könige und Prinzen per Mord in Schlachten und im Tower beseitigt werden können. Zudem stirbt es sich auch in der königlichen Kinderstube – zeittypisch – sehr schnell. Der kleine Ersatzprinz ist vier Jahre alt, als er seine jüngere Schwester und Spielkameradin Elisabeth verliert; zwei weitere Geschwister sterben in späteren Jahren.
    Mit anderen Worten, schon Klein Heinrich weiß und erlebt hautnah, dass das Leben eines Königskindes ausgesprochen fragil ist – und damit auch die eben gegründete Dynastie. Genau darum lässt Heinrich VII. seinen Nachwuchs fern vom eigentlichen Hof im Palast Eltham aufziehen und den kostbaren Thronerben Arthur in Wales. Der gesunden Luft wegen und weil der damals übliche Reisezirkus des Königs von Residenz zu Residenz zu gefährlich wäre. Auf der Wanderschaft von Schloss zu Schloss drohten einer Königsfamilie Attentate, Ansteckung mit Pocken oder Pest oder Kindesentführung.
    Heinrich VII. fürchtet nichts so sehr, wie dass seine frische Dynastie mit ihm aussterben könnte. Aus gutem Grund.

Kleider machen Leute – von falschen und von echten Staatsschauspielern
    Der erste Tudor-König hegt lebenslang Ängste vor feindlichen Thronanwärtern. Alle Yorkisten und deren Anhänger kann und will er nach den Rosenkriegen nicht beseitigen. Er braucht diese Mitglieder der herrschenden Klasse bei Hof, in der Regierung, bei der Verwaltung des Landes und als mögliche Heerführer. Zunächst sichert er sich die Loyalität ehemaliger Feinde durch erhebliche Geldzuwendungen und einige Begnadigungen.
    Aber gerade mal zwei Jahre sitzt der Sieger der Rosenkriege auf dem Thron, da behaupten einige nach Irland geflüchtete Yorkisten, in ihrer Obhut befinde sich der wahre und einzige Erbe des verstorbenen York-Königs Edward IV. Nämlich dessen Neffe, ein Herzog von Warwick.
    Die York-Verschwörer lassen diesen angeblichen Königsverwandten in Dublin sogar krönen und drohen mit der Wiederaufnahme der Kampfhandlungen in seinem Namen. Dumm nur, dass der waschechte Warwick derweil höchstselbst im Tower einsitzt. Heinrich Tudor hat ihn längst eingesperrt und lässt ihn jetzt durch Londons Straßen paradieren. So kann er zweifelsfrei

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