Sex and Crime auf Königsthronen
Gesellschafterinnen und dem Beichtvater, hat sie still ihrer Niederkunft entgegenzuharren. Und das oft wochenlang, weil das Ausrechnen von Geburtsterminen damals noch ungenauer war als heute.
Der König erlaubt sich derweil begehrliche Seitenblicke auf Katharinas Hofdamen. Auch das hat Tradition, mit der Heinrich allerdings in einem entscheidenden Punkt bricht.
Er begnügt sich sexuell nicht mit einer bedeutungslosen Ehrendame vom Lande, er holt sich die vornehmste von Katharinas acht Hofdamen ins Bett. Diese Anne Hastings ist keine unbedarfte Unschuld vom Land, sondern eine Klatschbase, und leider mit hochadligen Verwandten gesegnet. Ihr Bruder ist ein Herzog von Buckingham, der mindestens so gute Thronansprüche hat wie Heinrich VIII.
Dass ein Tudor ihm nicht nur die Krone, sondern auch eine Schwester wegschnappt und zum Bettschatz erniedrigt, führt zu einem Krach, der die Palastwände wackeln lässt. Buckingham entfernt Anne Hastings aus dem Königsbett und verfrachtet sie in ein Kloster.
Das verärgert Heinrich, zumal seine Königin so von dem Seitensprung erfährt. Katharina verliert mit einem Schlag eine Hofdame, ihre vermeintliche Busenfreundin und den Respekt vor ihrem Gatten. Noch tragischer: Die Königin verliert im Zuge all der Aufregungen ihr Honeymoon-Baby. Ein Mädchen, das im Sommer 1510 zu früh und tot zur Welt kommt.
Katharina ist tief verletzt und so aufgebracht, dass sie ihrem Heinrich, genau wie der Herzog von Buckingham, eine öffentliche Szene macht. Beide verhalten sich äußerst unklug. Heinrich, der Superstar, der PR -König, der Aufsteigersohn, kann es sein Leben lang nicht vertragen, vor aller Welt abgekanzelt zu werden. Und er hat ein Gedächtnis wie ein Elefant. Der Herzog von Buckingham kommt auf seine schwarze Liste.
1520 wird er in einem anonymen Brief beschuldigt, er behaupte, Englands wahrer König zu sein, und er sei bereit, den Tudor-Monarchen zu töten. Obwohl für diese Behauptung jeder Beweis fehlt, wirft Heinrich VIII. den standesstolzen Konkurrenten in den Tower und lässt ihn in einem Hochverratsprozess zum Tod verurteilen.
Die kurze Liaison mit Anne Hastings wird von Historikern meist übergangen. Erst kürzlich hat sich die britische Forscherin Philippa Jones die Mühe gemacht, diese und sämtliche weitere außerehelichen Liebeleien des zweiten Tudorkönigs aufzulisten und farbig zu schildern.
Sie kommt auf insgesamt acht halbwegs gesicherte Seitensprünge; in der Mehrzahl sind es flüchtige Affären und geradezu erbärmlich wenige für einen kraftstrotzenden König der Renaissance. Ebenfalls ungewöhnlich: Alle acht Sexabenteuer sucht Heinrich bei Damen von Stand und meist im direkten Umfeld seiner Königinnen. Eine offiziell deklarierte Mätresse, wie es in Frankreich zu dieser Zeit üblich wird, nimmt er sich nie.
Zum Vergleich: Sein drei Jahre jüngerer französischer Kollege Franz I. liebt neben zwei maîtresses en titre weit demokratischer. Nämlich so ziemlich alles, was einen Rock anhat und was nicht schnell genug auf die Bäume kommt. Der Throninhaber aus dem Haus Valois gehört zu den aktivsten Casanovas seiner Epoche. Zeitweise wechselt er die Bettpartnerinnen täglich.
Seine One-Night-Stands und Kurzaffären mit Milchmägden, Bürgerstöchtern, Soldatenfrauen, Marketenderinnen, Schankmädchen und Huren sind Legende. Während er seine mit einem Klumpfuß geschlagene erste Königin Claude recht galant behandelt – immerhin bringt sie ihm die Bretagne ein –, ist er außerhalb des Palastes ein zeittypischer Lüst- und Wüstling. Und ein Grobian. Vor allem während seiner ausgedehnten Feldzüge.
Man munkelt, dass sein derber Frauenverschleiß damit zu tun hat, dass er daheim unter der Fuchtel einer machthungrigen Mama leidet, der er nicht zu widersprechen wagt. Wie auch immer, seine Form des Liebeswerbens grenzt nicht selten an Vergewaltigung.
Die schöne Tochter eines französischen Bürgermeisters verunstaltet sich mit Kupfervitriol, um Franzens rohen Avancen und einer Ansteckung mit der Syphilis zu entgehen, die Franz sich schon in jungen Jahren zuzieht.
Der junge Heinrich ist völlig anders. Ein geradezu feinfühliger, schüchterner Liebhaber, der die Damen seiner Wahl, auch wenn es nur um Bettgeschichten geht, verehren möchte. Das beweist seine erste Affäre mit der hochadligen Anne Hastings.
Heinrich möchte hohe Minne und Sex, schiere Lust gepaart mit filigraner Ritterromantik, er liebt das Spiel der Eroberung, und darum muss das Ziel
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