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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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zu können.
    Das einfache Volk und Priester behalfen sich in Sachen Lust ohne Reue gelegentlich des Verkehrs a tergo . Im poetisch verschleiernden Vokabular der Zeit ausgedrückt, suchte man nicht die Pforte der Venus, sondern die Hintertür der Dame auf. Auf diese Weise konnte man auch heiratswillige Jungfern beglücken, ohne ihr versiegeltes Brünnlein zu entweihen, was weibliche Eheaussichten minderte.
    Königin Katharina ist klug genug, dies alles zu wissen und auch zu wissen, dass ihr Gatte bald Ersatz für Bessie finden wird. Ihre blutjungen Hofdamen rascheln bereits vernehmlich mit ihren Reif- und Unterröcken, stellen ihren hübschen Busen aus, locken mit französisch angehauchtem Gekicher und schätzungsweise mit Kondomen. Sie wissen ja jetzt, dass ein Baby vom Herrscher nicht viel einbringt. Kinderlos kann man immerhin mit Schmuck und mit besseren Betten rechnen. Zwei Hofjungfern erliegen für kurze Zeit Heinrichs flüchtigem Interesse.
    Pah, Gänse! Mit derartig geschmacklosem Fastfood-Sex kann und will Katharina nicht dienen. Sie ist die Königin, basta, und außerdem die Tante des neuen Kaisers. Karl, der Sohn ihrer ältesten Schwester Johanna, ist immerhin der Global Player der Epoche. In seinem Reich geht die Sonne niemals unter, sagt man. Mit so einem Neffen und dem Papst im Rücken – denkt Katharina – kann für sie doch nichts schiefgehen.
    Heinrich, der sich nicht einmal mit Frankreich anlegen kann, wird wohl kaum den Rest der Welt, über die Karl herrscht, herausfordern, indem er sie loszuwerden versucht. Doch genau das wird Heinrich, der König ohne Kriegskasse, fünf Jahre später tun.

Heinrich der (Schein-)Heilige
    Zuvor hat der König auch ohne Bessie und ohne Feldzüge alle Hände voll zu tun; er muss seine Imagekampagne als Friedensstifter vorantreiben. 1520 setzt Heinrich VIII. mit 5000 Höflingen, Damen, der Queen und entsprechend vielen Zelten und Eseln im Gefolge nach Calais über. Das Ganze ist selbstverständlich Wolseys Idee, ein meisterlicher psychologischer Schachzug, um Heinrichs Power zu demonstrieren.
    Sein Staatsschiff ist mit Schmucksegeln aus Goldbrokat bestückt. Ein glanzvoller Auftritt von Anfang an, bei dem Wolsey selber – clever wie immer – auf einem schlichten Maultier einherreitet. Hier dreht sich alles um den König, und er ist nur ein treuer Bischof, der ordnungsgemäß nur einen bescheidenen Esel reitet. Auf einem Feld vor dem damals englischen Stützpunkt Calais lässt er den prachtvollsten Campingplatz aller Zeiten aufschlagen.
    Tausende Zelte – die meisten ebenfalls aus Goldbrokat oder aus königsblauem Damast genäht – und ein enormer Fertigbau-Palast mit zwei Etagen und einem Bankettsaal werden aufgestellt. Zwei Hügel werden abgetragen, um einen ebenerdigen Treffpunkt mit Frankreichs König Franz zu schaffen. Keiner der Monarchen soll zu dem anderen hinaufschauen müssen, während sie zwecks Freundschaftsbezeugung aufeinander zureiten.
    Nach einem saftigen Bruderkuss mitten auf den Mund – das ist damals eine üblichere Begrüßung als der Handschlag – finden eine Art Olympische Spiele statt. Die üblichen Turniergefechte und zwei Ringkämpfe zwischen den Kraftprotzen Heinrich und Franz. Den einen gewinnt vereinbarungsgemäß der englische, den anderen der französische Athlet. Nebenher übertrumpfen beide Monarchen einander mit stylishen Outifts. Keines wird mehr als einmal getragen. Eindeutiger Sieger in Sachen Prunk, Angeberei und – man glaubt es kaum – bei den Tafelfreuden ist jedoch der Tudor.
    Franz lässt bei den Festessen zwar eine neue Obsttorte servieren – aus einer Pflaumenart, die nach seiner Königin Claude als Reineclauden in die Geschichte des Obstanbaus eingeht –, aber Heinrich hat seine Campingköche bei der Gegeneinladung zu Höchstleistungen angespornt. Allein die Tafelaufsätze aus Zucker sind Meisterwerke der Ingenieurs- und Patisseriekunst. Aus Marzipanbrunnen sprudelt der Dessertwein. Eine Goldkutsche mit Uhrwerkmechanik fährt über die Mitte der aufgebockten Tafel und versprenkelt Rosenwasser.
    Keine Frage, le Dernier Cri in Sachen perfektes Dinner kommt in diesem Fall aus England. Der Rest der Festgesellschaft wird mit 30.000 Fischen, 8000 Hühnern und mehr als 5000 Litern Wein abgespeist. Eine späte Wiedergutmachung für das mittelalterliche Gerücht, englische Soldaten hätten sich bei der Belagerung französischer Städte von Amseln und Kuhscheiße ernährt und nur darum so lange durchgehalten.
    Vielleicht

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