Sex oder Schokolade
Mund weich und sinnlich. Sie trug kein Make-up, und Kit entdeckte ein paar Sommersprossen und eine kleine helle Narbe am Kinn. Die kleinen Fältchen am Mund machten sie in Kits Augen noch schöner. Dieser Frau war es egal, ob der Wind ihr Haar zerzauste. Sie hatte lieber einen schönen Tag in der Sonne und nahm dafür ein paar Fältchen in Kauf.
Der einsame junge in Kit sehnte sich nach ihr als Freundin. Der Mann in ihm begehrte sie.
„Du kannst auch kommen", sagte er. „Zum Biertrinken."
„Ich habe den ganzen Tag lang frei." Sie lächelte noch strahlender. „Den brauche ich für meinen Umzug. Vielleicht habe ich Dominique und Curt gegenüber etwas übertrieben."
„Immerhin musst du doch auf den Mann vom Kabelanschluss warten. Das könnte den ganzen Tag dauern."
„Nicht am Sonntag. Außerdem habe ich gar keinen Fernseher. Vielleicht kann ich noch einen freien Tag herausschlagen wegen des Telefons."
Ich könnte eine Affäre mit ihr anfangen, dachte Kit. Nur weil ich sesshaft werden will, heißt das ja nicht, dass ich nur ernsthafte Beziehungen anfangen darf. Ein oder zwei Monate mit Sabrina, das ist sicher in Ordnung. Anscheinend hielt sie es nirgends lange aus. Sie würde weiterziehen, bevor er ihr gegenüber ernste Gefühle bekam. Dann gingen sie wieder getrennte Wege, und niemandem wurde geschadet.
„Dann hast du also einen freien Tag, aber so gut wie nichts zu tun?" Kit blickte ihr eindringlich in die Augen.
Sie wandte sich ab, aber er konnte ihr verführerisches und sehr weibliches Lächeln sehen. „Ich frage mich, was ich nur mit der ganzen Zeit anfangen soll. Hast du einen Vorschlag?"
„Du vergisst das Putzen", mischte Marjorie sich ein. Sie musste fast schreien, um den Verkehrslärm von draußen zu übertönen.
„Das haben wir in einer Stunde erledigt." Sabrina blickte wieder zu Kit. „Mein Apartment ist wirklich winzig."
„Willkommen in New Yorks Arbeiterklasse." Er strich ihr über das Bein und spürte durch die Hose hindurch die Wärme ihrer Haut. Der Sitz des Taxis kam ihm jetzt sehr kratzig vor. „Was sollen wir denn mit dem restlichen Tag anfangen?"
„Wir?"
„Ich arbeite erst zur Abendschicht."
„So, so." Sabrina ließ ihr Bein wippen, und Kit hob die Finger kurz an, bevor er die Hand flach auf ihren Schenkel legte. Es fühlte sich wie ein elektrischer Strom an. Kit hörte, wie Sabrina kurz Luft holte und dann wohlig aufseufzte. „Ich schätze, wir müssen uns etwas überlegen, wie wir uns amüsieren können."
Beim tiefen samtigen Klang ihrer Stimme dachte Kit keine Sekunde mehr an Frauen, mit denen zusammen er ein schönes Zuhause gründen konnte. Parker hatte Recht, das hier war der beste Umzug, den er je erlebt hatte.
„Stopp!" schrie Marjorie plötzlich von vorn. „Genau hier, vor dem Süßwarenladen."
„Miss, ich kann hier nicht parken", beschwerte sich der Taxifahrer, als seine Beifahrerin aus dem Taxi sprang.
Kit blickte auf das Schaufenster, in dem zahllose Tafeln Schokolade und Pralinenschachteln zu sehen waren. Sabrina warf nur einen Blick in die Richtung und stieß dann einen leisen Fluch aus.
Marjorie knallte die Tür zu. „Bin sofort zurück. Ich muss meiner Schwester ein Geschenk zum Einzug machen." Streng und tadelnd blickte sie durch das Rückfenster. Kit verstand gar nicht, was auf einmal los war. „Sie bekommt von mir eine schöne große Packung Blockschokolade."
„Nein, das ist nicht der Schrank." Stolz öffnete Sabrina die Tür zu ihrem Apartment im dritten Stock. Den Schlüssel hatte sie sich vom Hausmeister holen müssen, den sie nach langem Suchen im feuchten dunklen Keller gefunden hatten. „Das ist mein neues Apartment."
Die Wohnungstür stieß fast an die gegenüberliegende Wand. Kit drängte sich mit dem Futon hinein. Es dauerte etwas, bis er begriff, dass er nicht im Flur, sondern schon im Wohnzimmer stand. Nach rechts hin wurde es etwas breiter, und links befand sich eine winzige Kochnische mit Herd und Spülbecken. Die abgenutzten Türen dazwischen führten sicher auch nicht zu einem riesigen Ballsaal, sondern eher in einen Schrank und in ein Badezimmer im Briefmarkenformat. Die Decke war zwar recht hoch, aber sie neigte sich stark zu einer Seite, wodurch das ganze Zimmer schief wirkte.
Es gab nur einen möglichen Platz, um den Futon auszurollen. Kit ließ ihn unter dem Fenster fallen. Die Fensterscheibe war so schmutzig, dass nicht nur das Sonnenlicht, sondern auch jedes Geräusch von
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