Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)
Bereichen einzusetzen, und zwar »zur Aufladung von menschlichem Antigen auf die Oberfläche der Fetttröpfchen der Milch«.
Die Prokop-Bundschuh-Reaktion
Die Labor-Tüfteleien Prokops führten dazu, dass später in Osteuropa ein Testverfahren nach ihm benannt wurde:
die »Prokop-Bundschuh-Reaktion«. Sowohl Prokop als auch Gerhard Bundschuh hatten die Genehmigung, Ostdeutschland zu verlassen. So konnten sie Werbung für ihr Verfahren machen, beispielsweise bei einem Vortrag an der Universität Heidelberg am 6. Februar 1963.
Bundschuh hatte 1960 bei Prokop seine Doktorarbeit verfasst. Dabei entwickelte er eine Methode, um die Bindungsfähigkeit des Transportstoffes für den roten Blutbestandteil Hämoglobin – das Haptoglobin und seine verschiedenen Formen – zu messen. Auch dieses Verfahren wurde für den forensischen Einsatz getestet, beispielsweise mit alten Blutflecken. Tests dieser Art führen wir in der Praxis bis heute in unserem Labor spielerisch durch. Manchmal kommt etwas heraus, das sich als neue Kriminaltechnik einsetzen lässt. Man kann es aber nicht vorhersagen – ohne spielerische Neugier geht eben nichts.
Prokop wird Professor
Am 23. Mai 1953 heiratete Otto Prokop. Sein Einkommen als wissenschaftlicher Assistent am Institut für gerichtliche Medizin in Bonn verbesserte sich erst auf 570 und dann auf 625 Mark. Die Universität hatte Anfang Juni 1953 gehofft, Prokop trotz einiger Einbürgerungsprobleme als »außerplanmäßigen Beamten auf Widerruf« führen zu können. Das gelang aber zunächst nicht .
Die Probevorlesung Prokops fand am 12. Juni 1953 um 17 Uhr »pünktlich« – also ohne die akademisch übliche Verspätung »c. t.« ( cum tempora , »mit zusätzlicher Zeit«) – im Hörsaal des Physiologischen und Physiologisch-Chemischen Institutes der Universität Bonn statt. Mit einer solchen »Probe«-Vorlesung müssen bis heute habilitierte Akademiker – egal, wie viele Vorlesungen sie schon gehalten haben, und egal, wie gut diese waren – ein letztes Mal beweisen, dass sie verständlich und inhaltlich richtig sprechen können.
Wie eilig die Fakultät darum bemüht war, Prokop zu habilitieren, ergibt sich daraus, dass seine Habilitationsunterlagen erst am 25. April 1953 »in Umlauf« gebracht wurden und danach »beschleunigt weitergereicht« werden mussten. Die Habilitationsschrift handelte von Prokops Versuchen zu Blutgruppen-Antigenen.
Prokops Arbeit zeigt, dass nicht nur die Fakultät, sondern auch er aufs Gaspedal drückte: Die Prüfer seiner Habilitationsarbeit erkannten einen »etwas lockeren Zusammenhang der einzelnen Kapitel« und einen »stichwortartigen Stil, der auch bei dem fachkundigen Leser viel voraussetzt.«
Doch das machte nichts. »Was an Vorsicht der Formulierungen und an Übersichtlichkeit fehlen mag«, so die Prüfer, »wird durch den Schwung und die wissenschaftliche Begeisterung wettgemacht, die aus der kleinen Monografie sprechen. Herr Prokop hat [zudem] eine ausgesprochene Begabung und Lust zum Unterricht, wird also nicht nur als Forscher, sondern auch als Lehrer eine Bereicherung für die Fakultät sein.« Erwartungsgemäß ging alles glatt. Am Tag seiner Probevorlesung erhielt Prokop die Lehrberechtigung für das »Gebiet der Gerichtlichen Medizin«.
»Die Lektüre der Arbeiten des Herrn Dr. Prokop hinterlässt einen höchst erfreulichen Eindruck«, hatte einer der Habilitationsgutachter schon vorab gemeldet und sich über die »keineswegs alltäglichen Literaturkenntnisse« Prokops gefreut. Selbst die bis an Prokops Lebensende bestehende Neigung zu »manchmal sehr scharf polemischen Artikeln« gegen Parawissenschaften – in diesem Falle gegen Erdstrahlen – fiel dem Gutachter bereits auf.
Zudem hoben die Prüfer die fotografische »besondere Begabung« Prokops hervor. Dass er beispielsweise eins der verfütterten Tierhaare fotografiert hatte, das den Darm des für das Experiment verwendeten Kaninchens aus seiner Doktorarbeit durchdrungen hatte , machte einen guten Eindruck. Prokops »findige experimentelle Arbeitsweise« und die Tatsache, dass er Einzelfälle nicht überbewertete, sondern »stets nur als Anregung« für Versuchsreihen auffasste , setzten dem Ganzen die wissenschaftliche Krone auf. Dieses Lob hat auch heute noch in jeder wissenschaftlichen Beurteilung Wert und Bestand.
Drei Wochen später lud Prokops Chef Herbert Elbel, der damals Dekan der medizinischen Fakultät war, zu einer weiteren Vorlesung Prokops »zur Vollziehung seiner
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