SGK276 - Dr X - Das Gift des Vergessens
'Beach' ?« Der
Anrufer stutzte plötzlich.
»Ja, hier ist das 'Beach'«, beruhigte
Kunaritschew ihn.
»Und
wer ist am Apparat ?«
Der Anrufer war misstrauisch geworden.
Tim«,
entgegnete Iwan schnell.
»Was
für' n Tim denn?«
»Tim Sladon - ich
vertrete die Leute gerade. Da hat ein Gast die Fenster offen gelassen. Die
Scheiben sind bei dem Sturm zerschmettert worden. Es ist niemand an der
Rezeption! Kann ich etwas ausrichten ?«
»Ja, wenn das so ist.. . klar, kannst du mir
'nen Gefallen tun, Tim ?. Richte dem Boss aus, dass es mit der
zusätzlichen Lieferung wahrscheinlich heute nichts mehr wird! Vielleicht gleich
morgen früh, ich will versuchen, diesen Termin zu halten. Wir sind verdammt
knapp mit den Getränken. Dass wir mit dem Nachschub
Schwierigkeiten bekommen würden, war an allen zehn Fingern abzuzählen . . .
aber dass es schon jetzt geschieht, konnte niemand
ahnen . . . sag' ihnen das, Tim! Sollte wider Erwarten doch noch 'ne Sendung
hier eingehen, wird das 'Beach' umgehend beliefert, versteht sich von selbst.
So long ...«
»So long «, murmelte
Iwan. Mit schwerer Hand legte er auf. Er hatte es nicht fertig gebracht, dem
Anrufer zu sagen, was hier in Waitu wirklich vorgefallen
war.
Welche Worte hätte er wählen sollen? Die ganze
Siedlung war in einen unheimlichen Dornröschenschlaf gefallen, aber man konnte
die Schläfer nirgends sehen! Der Anrufer hätte ihn für verrückt erklärt und die
Geschichte möglicherweise breitgetreten. Vorerst aber war wichtig, dass sie hier in Ruhe die Dinge untersuchen konnten, ohne dass Neugierige ihre Arbeit erschwerten und dabei
möglicherweise selbst noch zu Schaden kamen.
Solange niemand wusste ,
was hier geschehen war - war auch niemand sicher davor, dass sich das gleiche nicht nochmal wiederholte.
In dem Fall waren auch sie - Tankou und Kunaritschew - gefährdet.
Es gab keine Garantie dafür, dass sie nicht in der nächsten Sekunde genauso spurlos
verschwanden wie die Einwohner von Waitu . ..
*
»Es ist eine verdammte, gespenstische
Situation«, fluchte Tankou ungehalten und machte aus
seiner Wut, seinem Ärger und seiner Ratlosigkeit keinen Hehl. »Wir befinden uns
in einem Ort, der vor Stunden noch belebt und intakt war... in diesem Hotel
gingen Menschen ein und aus .. . und jetzt? Eine tote
Stadt... Ich habe immer noch die Hoffnung, dass das
alles nur ein Traum ist, dass ich Sie, Mister
Kunaritschew, nur im Traum kennengelernt habe und die Ereignisse am Waikiki - Strand ebenfalls. Die sind sowieso zu verrückt,
als dass ein vernunftbegabter Mensch sie ernst nehmen
könnte . . .«
Er zwickte sich in den Arm, und das so heftig, dass der Abdruck seines Fingernagels eine Zeitlang zu
sehen war.
Spätestens in dieser Minute zweifelte auch Tankou nicht mehr daran, dass er
mit Phänomenen zu tun hatte, die nicht in das herkömmliche Schema passten .
Ihre Hoffnung, einen Gast oder Angestellten
des 'Beach-Hotel' zu entdecken, erfüllte sich nicht.
Das
Gebäude war ausgestorben.
Tankou zündete sich eine Zigarette an. Er wirkte blass und nervös, setzte sich noch mal mit seiner
Dienststelle in Verbindung und forderte Verstärkung für den Fall an, dass sie es mit einer Gefahr zu tun hatten, die sie beide
nicht beherrschten, wenn es hart auf hart ging.
»Ja, was ist denn nun los in Waitu ?« wollte sein Kollege am
Telefon wissen.
»Eigentlich überhaupt nichts. Es ist alles wunderschön
still. Beinahe paradiesisch«, entgegnete Tankou sarkastisch. »Der richtige Ort, um Urlaub zu machen. Man hört kein Auto, keine
Stimmen, nicht mal die Vögel zwitschern . . . alles ist unnatürlich und tot.
Nichts bewegt sich. Außer den Blättern im Wind, und das ist einfach zu wenig.
Die Leute, die sich auf den Weg machen, sollen außerhalb des Ortsrandes auf
weitere Anweisungen warten. Wir wissen nicht, was hier los ist und was noch
geschehen wird. Vielleicht können wir rechtzeitig einen Tip geben, was rund
vierhundert Einwohnern und etwa sechzig auswärtigen Gästen - laut Eintragung im
Gästebuch des 'Beach-Hotels' - möglicherweise das Leben gekostet hat. Um
Näheres mitzuteilen, müssen wir selbst aber erst mehr wissen .«
Tankou sprach außerdem mit seiner obersten
Dienstbehörde.
Dort war bereits nach seiner ersten
Kontaktaufnahme alles in die Wege geleitet worden, um eine möglicherweise noch
größere Gefahr von vornherein auszuschalten.
In oder um Waitu musste es etwas geben, das bisher in anderen hawaiianischen
Städten und Dörfern nicht in
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