SGK324 - Phantomjagd auf Morna U
verborgenen
Mechanismus, noch ein Räderwerk, noch sonst einen Anhaltspunkt dafür, daß mit
der Statue teuflischer Schabernack getrieben werden konnte.
Und doch durfte man nicht vergessen, was Fuñé in diesem Haus passiert war.
Iwan Kunaritschew hatte kein Licht
eingeschaltet. Die Beleuchtungskörper in der großen Holzschale der Figur waren
automatisch angegangen, und der Agent fragte sich, ob der Zusammenhang zwischen
Beleuchtung und Signalwirkung für jenes mysteriöse Ereignis nicht vielleicht
dasselbe bedeutete.
X-RAY-7 bewegte sich durch das menschenleere,
dunkle Haus. Er hielt dabei die entsicherte Smith & Wesson Laser in der
Hand, um allen Eventualitäten vorzubeugen.
Nichts geschah.
Dann - seit seiner Ankunft war eine knappe
Stunde vergangen - hörte er das Geräusch.
Ein leises Ächzen. Ein einziges Mal.
Iwan hob den Kopf und lauschte mit
angehaltenem Atem in die Dunkelheit.
Dielen knarrten - in der Etage über ihm!
Das Licht in der großen Halle war längst
wieder ausgegangen, es flammte auch nicht wieder auf, als der Russe die Halle
durchquerte. Er ging dabei geschickt vor, indem er sich gebückt hinter der
Holz-Figur vorbeimogelte und dann langsam die Treppe nach oben stieg. Betont
langsam, um selbst kein Geräusch zu verursachen.
Die Wohnung eine Etage höher glich der
unteren aufs Haar in Größe und Einteilung. Aber die Einrichtung war eine
andere.
Kunaritschew war auf einen Zusammenstoß
vorbereitet. Doch nichts geschah.
X-RAY-7 durcheilte sämtliche Zimmer. Jean
Ludeux war eingerichtet wie ein Fürst. Er hatte sogar ein eigenes Musikzimmer,
wie es wohl in dieser Art kein zweites in ganz Paris und Umgebung gab. Kostbare
alte Instrumente wurden in gläsernen Vitrinen aufbewahrt. Von jedem Instrument,
das Menschen jemals spielen gelernt hatten, gab es ein Exemplar.
Ein Flügel und ein Tafelklavier standen
jeweils in zwei Nischen, sich genau gegenüber und große Kandelaber flankierten
sie. Es sah so aus, als würde hier manchmal noch musiziert. Dieser Raum war
mehr als ein Museum.
Ludeux liebte die schönen Dinge des Lebens.
Kostbarkeiten aus aller Welt hatte er zusammengetragen und sich damit umgeben.
Iwans Augen hatten sich an die Dunkelheit
gewöhnt. Die Feinheiten der Möbel und Teppiche entgingen ihm, aber darauf kam
es schließlich nicht an. Das Halbdunkel der Räume kam ihm sehr gelegen. Die
Atmosphäre bot ihm Schutz. Aber sie war auch die Tarnung jenes anderen, den er
sich ständig gegenwärtig vorstellen mußte.
Er ging eine Etage höher. Die letzte in
diesem Haus. Unter dem Dach befand sich noch mal eine vollwertige Wohnung.
Ludeux hatte einen Einrichtungsfimmel gehabt. Aus der Villa hätte man ein
exklusives Hotel machen können.
Hier oben herrschte ein seltsamer Geruch.
Fremdartige Kräuter?
Iwan näherte sich dem Duft.
In der hintersten Ecke neben der Dachschräge
war er am stärksten. Er schien durch die Ritzen der Holzverkleidung zu dringen.
Iwan vernahm leises, monotones Murmeln. Es
hörte sich an, als würde jemand geheimnisvolle Formeln sprechen.
Auch das geschah hinter der Holzwand!
Aber - da konnte doch niemand sein! Es gab
keine Tür.
Kunaritschews Neugier, einmal geweckt, ruhte
nicht eher.
Er tastete die Holzwand ab. Und da entdeckte
er die kaum fühlbare Kerbe, in die gerade ein Finger paßte.
Die Wand wich nach rechts.
Im gleichen Augenblick hatte Kunaritschew das
Gefühl, in eine andere Welt zu sehen.
Der Raum vor ihm war fensterlos, ein
gerichtet wie eine Hütte. Durch die spitz zulaufende, wie ein Dach aussehende
Holzdecke, zogen feine Dämpfe, die von einem Kräutersud stammten, der auf einer
Feuerstelle brannte. Das Feuer war noch nicht lange angezündet Der Rauch zog
durch einen Kamin ab.
Blitzschnell nahm X-RAY-7 die
unwahrscheinliche Szene in sich auf, und hätte er nicht gewußt, daß er sich auf
seine Sinne verlassen konnte, hätte er alles für einen Traum gehalten.
An den Wänden hingen schaurig anzusehende
Masken, Fetische und getrocknete Kräuter, deren Namen er nicht kannte.
Vor der Feuersteile - ihm den Rücken
zuwendend - saß ein riesiger Neger.
Der Feuerschein spielte auf seinem ölig
glänzenden, muskulösen Oberkörper. Der Neger hatte eine türkisfarbene
Pluderhose an, saß im Schneidersitz vor dem Feuer und dem dampfenden
Kupfergefäß, atmete tief die Dämpfe ein und sprach unaufhörlich in einer
fremden Sprache offenbar die gleichen Worte.
Der Neger, der vor X-RAY-7 hock glich der
Holzfigur unten wie ein E: dem anderen.
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