Shadowangels (German Edition)

im
Gerichtssaal einem Herzinfarkt erliege.“
    „ Die
Gesundheit geht selbstverständlich vor“, sagte der
Sprecher der Geschworenen und seine Kollegen unterstützten mit
leisem Murmeln und heftigem Kopfnicken seine Worte.
    „ Das bedarf
keiner Entschuldigung, Euer Ehren“, sagte Lance laut.
    Richter MacFaid sah
auf und wartete auch auf die Zustimmung des Angeklagten … doch
der war nicht erschienen.
    „ Weiß
jemand etwas darüber, warum Mr. Santanos nicht erschienen ist?“,
fragte er Stirn runzelnd, als gerade ein Gerichtsdiener zu ihm eilte,
um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
    „ Nun denn“,
sagte Richter MacFaid mit einem beinahe strahlenden Ausdruck in
seinem rötlichen Gesicht und blickte in die Runde, „das
sind ja wunderbare Neuigkeiten.“
    Timothy, Lance und
die Geschworenen sahen sich verständnislos an.
    „ Mr. Santanos
geruht, nicht zu erscheinen“, erklärte Richter MacFaid
heiter, „was das bedeutet, meine Damen und Herren, dürfte
Ihnen hinreichend klar sein.“
    Lance konnte es
ebenso wenig fassen, wie die Geschworenen und seine Mandanten, die in
der ersten Reihe saßen.
    Sie hatten den
Prozess gewonnen. Einfach so. Ohne auch nur ein einziges Wort sagen
zu müssen.
    Das Fernbleiben des
Angeklagten wurde gleichgesetzt mit dessen Schuldeingeständnis.
    Richter MacFaids
Worte „Das Verfahren ist hiermit geschlossen …“
gingen unter im Jubel der betrogenen Mandanten … und Lance
wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als bereits
Flügel zu besitzen, um auf dem schnellsten Weg zurück nach
Brookemore-Castle zu kommen.

64)

    C assandra
kam zu sich und sah in die liebevoll auf sie gerichteten Augen ihres
Liebsten.
    Seit seiner Rückkehr
aus dem Gericht hatte Lance das hübsche Mädchen keine
Sekunde aus den Augen gelassen.
    Er hatte es Timothy
überlassen, gemeinsam mit ihren Mandanten den errungenen Sieg zu
feiern … ihn selbst hätte Nichts und Niemand auch nur
eine weitere Minute von Cassie fernhalten können.
    Lance hatte sich
einen Stuhl neben ihr Bett gezogen. Viel lieber hätte er sich an
ihre Seite gelegt, sie in seinen Armen gehalten, sie einfach nur
atmen gehört … ein Geräusch auf das er für
lange Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit erschienen waren, hatte
verzichten müssen.
    Ein Geräusch,
von dem er dachte, es nie wieder hören zu können …
    Diesen Wunsch hatte
er jedoch unterdrückt. Seine Angst, jede noch so winzige
Berührung könnte Cassies Heilung verzögern …
oder ihre Wiederauferstehung … wie auch immer man es nennen
wollte, übertraf alle seine anderen Gefühle.
    Er war sich nicht so
sicher, wie er den Vorgang beschreiben sollte, den Tinta und Evor,
seine Großeltern, da in Gang gesetzt hatten.
    Eigentlich sollte es
ihm egal sein. Seine Geliebte lebte und sie würde wieder gesund
werden.
    Dennoch konnte er
den Anflug von Traurigkeit nicht unterdrücken, als er an die
wenigen Sekunden dachte, in denen er die liebevollen Arme seiner
Großeltern um sich zu spüren geglaubt hatte, bevor sie auf
dieselbe Art wieder verschwunden waren, wie sie kurz vorher in
Cassies Schlafzimmer aufgetaucht waren.
    Natürlich hatte
er die Umarmung nicht wirklich gespürt, denn Tinta und Evor
waren gar nicht wirklich da gewesen. Doch Lance verfügte über
genügend Phantasie, dass er keinerlei Schwierigkeiten damit
hatte, es sich einzubilden.
    Was letztendlich
geschehen war, hätte ohnehin kein Mensch erklären können.
    Nur so viel war ihm
klar geworden: Tinta und Evor hatten einen Teil ihrer Lebensenergie
auf Cassie übertragen und ihr damit das Leben zurückgegeben.
    Cassies Leben, das
jetzt die verbliebene Lebenszeit seiner Großeltern um ein nicht
unbeträchtliches Maß verringert hatte.
    Lance war versucht,
deswegen ein schlechtes Gewissen zu haben, doch Thalon hatte ihm
diese unnützen Gedanken sofort ausgeredet.
    „ Meine Eltern
wussten ganz genau, was sie da tun“, sagte er zu seinem Sohn,
„sie haben es für uns alle getan, Lance, für uns und
den Fortbestand der Menschheit. Tinta und Evor haben sich vor langer
Zeit entschieden, alt zu werden und sterben zu dürfen. Dass sie
noch einmal die Möglichkeit hatten, etwas für uns zu tun,
haben sie selbst nicht erwartet. Nun wird ihre großherzige Tat
auf ewig an sie erinnern.“
    Thalon schluckte
heftig und war gewaltig um Fassung bemüht.
Doch als sein Sohn
ihn umarmte, tropfte eine Träne auf dessen Schultern.

    ***
    „ Lance?“
    Cassies kratzige
Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
    „ Cassie,