Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
hübschesten und zartesten Füße, die Dae je gesehen hatte. Sie benutzten auch schwarze Kohle, um ihre hübschen dunklen Augen zu umranden. Sie hatte keinen Lidstrich mehr getragen, seit sie, als sie zehn war, die Kohle ihrer Mutter benutzt und sich damit ziemlich entstellt hatte.
Auf dem Schminktisch stand ein frischer Tiegel mit dem Zeug und ein kleines Bürstchen zum Auftragen, doch sie hatte Angst, dass sie es falsch machen und lächerlich aussehen könnte. Doppelt lächerlich, dachte sie grimmig, als sie die Narben und Verbrennungen an ihrem Hals berührte. Sie hatte das Gefühl, sie würden nie mehr weggehen und sie für den Rest ihres Leben daran erinnern, wo sie herkam. Sie hatte gesehen, dass ein paar Frauen Schmuck trugen, also konnte sie sie wahrscheinlich irgendwann mit etwas verdecken. Doch Schmuck kostete Geld, und sie nahm nicht an, dass Dienerinnen für ihre Arbeit bezahlt wurden. Sie bekamen alles, was sie brauchten, und diese Bedürfnisse wurden ziemlich großzügig erfüllt. Alles in ihren neuen Räumen war edel gefertigt, und auch ihre neue Garderobe war üppig, doch kein bisschen vulgär. Das einzige echte Gold, das sie bisher gesehen hatte, war in die Griffe und Waffenscheiden ihres Priesters eingearbeitet.
Ihres Priesters.
Und was für ein Priester!
Der große und ehrwürdige M’jan Magnus, geistiger Führer der Schattenwandler und, vor allem, der Kanzlerzwillinge, die jetzt regierten. Der mächtige und schreckliche Magnus, von dem sie auf ihrem Platz am Tresen Furcht einflößende Geschichten gehört hatte. Geschichten von Sündern, die nicht bußfertig waren, und von einem gläubigen, todbringenden Priester, der sie jagte und zur Strecke brachte. Die Krieger sämtlicher Klans hatten Magnus’ Zorn gefürchtet. Andere hatten seine Fähigkeiten bestaunt, als sie ihn im Kampfgeschehen erlebt hatten. Sie erinnerte sich, dass sie erstaunlich viele Dinge über ihn gehört hatte. Es war, als wäre er ein Mythos und nicht ein wirkliches Wesen.
Nun, er war ziemlich real. Sie hatte ihn auf allen erdenklichen Ebenen gleichzeitig gespürt. Er war launischer, als sie es bei jemandem, der so weise und erfahren war, erwartet hätte. Doch sie wusste auch, dass man einen schrulligen Bären nicht mit einem Stock reizt, also würde sie vorsichtig sein, bis sie alles besser verstand.
Insgesamt musste sie das Ganze als eine erhebliche Verbesserung betrachten. Sie war sich zwar noch immer nicht sicher, ob es sich dabei nicht nur um eine angenehmere Form der Sklaverei handelte, doch sie glaubte das, was er ihr über das Traumreich gesagt hatte, und die Art und Weise, wie er sich entschuldigt hatte, tröstete sie und machte seine strengen Vorschriften erträglicher. Es war nicht das Thema, das ihr Probleme bereitete, sie wollte ihn nur nicht in dem Glauben lassen, dass er einseitige Entscheidungen treffen konnte und sie sich daran halten würde wie – nun, wie eine Sklavin. Dae war sich wohl bewusst, dass sie an diesem Ort nur so viel Macht hatte, wie dieser Mann ihr zugestand. Das konnte schnell in Wut und Angst und heftige Kämpfe münden, wenn sie nicht vorsichtig miteinander umgingen. Es war unschwer zu erkennen, dass er ihr nicht mehr traute als sie ihm. Allerdings hatten sie beschlossen, einander vorerst so weit zu vertrauen, dass sie einen Testlauf wagen konnten.
Magnus räusperte sich, und sie erschrak beinahe zu Tode. Keuchend drehte sie sich um und blickte ihn an. Wie zum Licht konnte er sich nur so anschleichen? Oder besser noch, würde er es ihr beibringen? Alle Schattenbewohner hatten neben einer ganzen Reihe ausgeprägter Sinne ein hervorragendes Gehör. Einen Schattenbewohner auszutricksen, war eine erstaunliche Leistung, etwas, was sie unbedingt lernen musste.
»Du siehst hübsch aus«, lobte er sie ruhig. »Die Bluse scheint zu passen.«
»Sie ist ein bisschen eng«, meinte sie ironisch und strich sich mit einer Hand über die Brüste, um sich zu vergewissern, dass der Sari die üppige Wölbung ihres Ausschnitts bedeckte.
»Sie sollte auch eng sein. Der Körper einer Frau ist mit das Schönste, was wir auf dem Planeten haben. Weißt du, was der Sari in unserer Kultur darstellt?« Als sie stumm den Kopf schüttelte, fuhr Magnus fort. »Traditionell sollte er die zwei wichtigsten Dinge erfüllen, die einer Frau zustehen. Das Unterkleid ist durchsichtig und eng und bringt die Formen zur Geltung, die es verdienen, gezeigt zu werden. Der Sari ist dazu gedacht, diese Reize zu verbergen und
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