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Shakran

Shakran

Titel: Shakran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Winter
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die Hände gebunden.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Tom, der Ann aufmerksam ansah. »Wenn du dein Gedächtnis zurück hast, dann kannst du doch Kontakt aufnehmen zu deinen früheren Auftraggebern, oder?«
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte Ann.
    »Warum nicht?«
    »Weil wir um Null-Sechshundert abgeholt werden. Und direkt nach Washington fliegen. Ich denke, ich hoffe, dass ich weiß, wer uns da erwartet.«
    »Und wer ist das?«
    »So ziemlich der einzige Mensch auf der Welt, dem ich uneingeschränkt vertraue.«

60
 
    L ieutenant Beck kam in die Kantine, salutierte vor Ann und informierte sie, dass in wenigen Minuten eine Maschine aus Washington landen würde.
    »Was ist mit meiner Frau?«, fragte Tom.
    Der Lieutenant sah kurz auf sein Schreibbrett. »Ein Admiral Norman hat die Leitung der Operation. Er lässt Ihnen mitteilen, dass sich eine vollständig ausgerüstete Notfallstation an Bord befindet, dazu kompetentes medizinisches Personal. Der behandelnde Arzt hält unter den gegebenen Umständen eine Verlegung für unproblematisch. Ihre Frau wird gerade für den Krankentransport vorbereitet. Sie können den Transport begleiten.«
    Tom stand auf, sah in die Runde und nickte den anderen zu. »Können Sie mich bitte hinbringen?«
    Der Lieutenant nickte.
 
    Der frühe Morgen löste in Ann ein seltsames Gefühl aus. Die weichende Nacht, der rote Streifen des nahenden Morgens, die Scheinwerfer, die Landebahnbefeuerung, das Geräusch startender Flugzeugmotoren, der Geruch von Kerosin und Gummi in der Luft, all das gab diesem Morgen einen unwirklichen Anschein. Neben dem Humvee, der sie zum Flieger bringen würde, stand eine Militärambulanz, die Blaulichter kreisten langsam, der Fahrer lehnte an seinem Wagen und rauchte eine Zigarette. Das war gegen die Vorschrift, aber während Juliet ihn früher darauf aufmerksam gemacht hätte, hatte Ann kein Interesse daran.
    Trotz der Wärme des gestrigen Tages war es kühl hier, und sie fror. Sie wusste, es war nicht nur die kühle Luft. Ann hatte ihr Gedächtnis zurück, aber nichts war so, wie sie es erwartet hatte. Sie hatte recht behalten, es tat weh, sich wieder zu erinnern. Sie hatte immer gedacht, alle Fragen würden sich nahtlos klären. Trotzdem hatte sich nichts verändert für sie. Sie war Ann. In irgendeiner Weise hatte Juliet doch nicht überlebt, sie konnte sich mit der Person, die sie einmal gewesen war, nicht mehr identifizieren.
    Sie warf einen Blick auf Mark und Samson, die mit ihr neben dem Humvee warteten. Mark Bridges, der mit seinen Ecken und Kanten irgendetwas in ihr ansprach, Samson, mit dem sie eine gemeinsame Vergangenheit teilte, der vielleicht wirklich ein Freund war.
    Hier, an diesem Morgen, auf diesem Flugfeld, kam alles zu einem Ende, was auf der Herrentoilette am Washingtoner Flughafen begonnen hatte. Aber war es wirklich schon zu Ende?
    Positionslichter bewegten sich über die Landebahn auf sie zu, Scheinwerfer zeichneten aus dem Dunkel erst die Konturen, dann den schimmernden Rumpf des Learjets, der wenig später vor ihnen hielt und einmal kurz wippte, als ob er sich vor ihnen verbeugte. Das Singen der Triebwerke ebbte ab. Das Bodenpersonal brachte die Bremsklötze vor dem Fahrwerk an, dann öffnete sich langsam die Tür der Maschine.
    Ihr altes Leben wartete auf sie, es holte sie in diesem Augenblick ein. Sie wusste nur nicht, ob sie das wollte. Eine hochgewachsene Gestalt mit eisgrauen Haaren sah zu ihr herüber und kam nach einem kurzen Zögern die Treppe herunter. Als der Mann vor ihr stand, sah er sie und die anderen prüfend an. Dann lächelte er.
    »Willst du nicht guten Tag sagen?«
    »Onkel Chester.«
    Sekunden später lag sie in seinen Armen. Sie roch das vertraute Aftershave, hörte seine Stimme, auch wenn sie nicht verstand, was er sagte.
    Der Mann löste sich von ihr, dann hielt er ihr ein Taschentuch hin. Blütenweiß und gebügelt.
    »Danke.« Sie schneuzte sich die Nase und sah ihn lange an. Es war acht Jahre her, aber er wirkte viel älter. »Was ist mit deinen Haaren passiert?«
    Er lachte leise. »Sieh mich nicht so an, Juliet Kilo. Hättest du dich früher gemeldet, dann hätte ich noch meine schwarze Haarpracht. Es hat mich fast umgebracht, als du verschwunden bist.«
    »Was ist mit Nasreen? Geht es ihr gut?«
    Er nickte langsam. »Sie hat die Hoffnung nie aufgegeben ...« Er sah ihren Blick und nickte leicht. »Ja, anders als ich. Ich habe geglaubt ... Gott sei Dank habe ich mich getäuscht.«
    »Du hast dir Vorwürfe

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